Gedankenloses und erfolgsorientiertes Unterhaltungstheater
1609 erschien in London ein Gedichtband mit 154 Sonetten von Shakespeare, in denen von Liebesleid und Glück erzählt wird und sowohl eine "Dark Lady" wie ein "Fair Boy" auftreten. Ob es um Homosexualität geht, ist immer eine offene Streitfrage geblieben. Doch wie hier von den glänzenden wie den schwarzen Seiten von Liebe, Lust und Leidenschaften gesungen wird, hat die Sonette in aller Welt bekannt gemacht.
Sie wurden unzählige Male ins Deutsche übersetzt, aber auch immer wieder auf die Bühne gebracht. Jetzt hat Robert Wilson mit dem amerikanischen Popsänger Rufus Wainwright am Berliner Ensemble seine eigene Bühnenshow mit 25 der 154 Sonette eingerichtet.
Die Gesellschaft existiert in Shakespeares Sonetten nicht, es geht nur um menschliche Gefühle und Leidenschaften. Als Wolfgang Engel die Sonette 1985 in Dresden auf eine Leere Bühne brachte, inszenierte er sie als eine Geschichte, in der ein Mann mit seinen Gefühlen zwischen einem Mann und einer Frau irrlichtert. Robert Wilson inszeniert nun einen androgynen Reigen, ein buntes Puppenspiel, eine Parade skurriler Figuren, die mit exaltiert exakten Bewegungen, mit abgespreizten Gliedmaßen, mit genauer Geräusch- und bunter Lichtregie, vor allem eines sein soll: effektvoll und unterhaltsam. Männer spielen hier Frauen-, Frauen die Männerrollen, doch viel zu bedeuten hat das nicht. Mit turmhohen oder eng angegelten Frisuren, mit weit aufgerissenen Mündern und kugelrunden Augen in den weißen Gesichtern, mit abgespreizten Gliedmaßen in ausgestopften bunten, stilisiert elisabethanischen Kostümen hopsen, springen und tänzeln hier alle als Kunstfiguren im Sound ihrer Bewegungen umher. Um Geschlechterverwirrungen und Liebesirrungen geht es Wilson wenig, denn die ratlose Verzweiflung, die auch aus Shakespeares Sonetten spricht, hat hier keinen Platz: Wilson geht es nur um Publikumsverzauberung und pure Unterhaltung. Alle seine ästhetischen Mittel, die früher auch einem inhaltlichen Zweck dienten, sind hier nur noch Material eines sich selbst genügenden, das Publikum mit ihrer bunten Oberfläche bedienenden Bildertheaters.
Ungemein amüsant sind immerhin Jürgen Holtz als die Königinnen Elisabeth I. und II. und Inge Keller, die einen Shakespeare mit aufgemaltem Bärtchen spielt. Als traute Wilson seinem völlig in sich selbst ruhendem Abend nicht, schickt er während der Umbauten die Diseuse Georgette Dee vor den Vorhang, die als Mann im Frauenkleid souverän einen selbstironischen Pausenclown spielt, wenn sie zum Beispiel einen jungen Mann auf den Schoß nimmt und ihn an ihrem nicht vorhandenen Busen stillt. Gegen das Spieldosentheater von Robert Wilson setzt sie Ironie und routiniertes Understatement, während Rufus Wainwrights sich durch alle Stile schrammelnde und rockende, von einem achtköpfigen Orchester gespielte Musik nur dann mehr als Klangteppich ist, wenn sie sich deutlich an Kurt Weill orientiert.
Das Ganze: gedankenloses, erfolgsorientiertes Unterhaltungstheater, das man nur mögen kann, wenn man Shakespeares tiefgründige Sonette nicht kennt.
Die Gesellschaft existiert in Shakespeares Sonetten nicht, es geht nur um menschliche Gefühle und Leidenschaften. Als Wolfgang Engel die Sonette 1985 in Dresden auf eine Leere Bühne brachte, inszenierte er sie als eine Geschichte, in der ein Mann mit seinen Gefühlen zwischen einem Mann und einer Frau irrlichtert. Robert Wilson inszeniert nun einen androgynen Reigen, ein buntes Puppenspiel, eine Parade skurriler Figuren, die mit exaltiert exakten Bewegungen, mit abgespreizten Gliedmaßen, mit genauer Geräusch- und bunter Lichtregie, vor allem eines sein soll: effektvoll und unterhaltsam. Männer spielen hier Frauen-, Frauen die Männerrollen, doch viel zu bedeuten hat das nicht. Mit turmhohen oder eng angegelten Frisuren, mit weit aufgerissenen Mündern und kugelrunden Augen in den weißen Gesichtern, mit abgespreizten Gliedmaßen in ausgestopften bunten, stilisiert elisabethanischen Kostümen hopsen, springen und tänzeln hier alle als Kunstfiguren im Sound ihrer Bewegungen umher. Um Geschlechterverwirrungen und Liebesirrungen geht es Wilson wenig, denn die ratlose Verzweiflung, die auch aus Shakespeares Sonetten spricht, hat hier keinen Platz: Wilson geht es nur um Publikumsverzauberung und pure Unterhaltung. Alle seine ästhetischen Mittel, die früher auch einem inhaltlichen Zweck dienten, sind hier nur noch Material eines sich selbst genügenden, das Publikum mit ihrer bunten Oberfläche bedienenden Bildertheaters.
Ungemein amüsant sind immerhin Jürgen Holtz als die Königinnen Elisabeth I. und II. und Inge Keller, die einen Shakespeare mit aufgemaltem Bärtchen spielt. Als traute Wilson seinem völlig in sich selbst ruhendem Abend nicht, schickt er während der Umbauten die Diseuse Georgette Dee vor den Vorhang, die als Mann im Frauenkleid souverän einen selbstironischen Pausenclown spielt, wenn sie zum Beispiel einen jungen Mann auf den Schoß nimmt und ihn an ihrem nicht vorhandenen Busen stillt. Gegen das Spieldosentheater von Robert Wilson setzt sie Ironie und routiniertes Understatement, während Rufus Wainwrights sich durch alle Stile schrammelnde und rockende, von einem achtköpfigen Orchester gespielte Musik nur dann mehr als Klangteppich ist, wenn sie sich deutlich an Kurt Weill orientiert.
Das Ganze: gedankenloses, erfolgsorientiertes Unterhaltungstheater, das man nur mögen kann, wenn man Shakespeares tiefgründige Sonette nicht kennt.