Gedenken an Armenier

Gauck spricht von Völkermord

Bundespräsident Joachim Gauck im Berliner Dom
Bundespräsident Joachim Gauck spricht im Berliner Dom zum 100. Jahrestag des Beginns der Massaker an den Armeniern im Osmanischen Reich. © picture alliance / dpa / Foto: Britta Pedersen
Von Christiane Habermalz |
Bei seiner Rede im Berliner Dom warteten viele darauf, dass das Wort Völkermord für das Massaker an den Armeniern vor 100 Jahren fallen würde. Bundespräsident Gauck enttäuschte die Erwartungen nicht – sprach aber auch von der deutschen Mitschuld.
Der Berliner Dom war bis auf den letzten Platz besetzt, 1100 Menschen sind laut Angaben der Evangelischen Kirche zum Ökumenischen Gedenkgottesdienst gekommen, darunter viele deutsche und ausländische Journalisten. Und, hatte man das Gefühl, alle warteten nur darauf, dass es fallen würde, das eine Wort: Genozid, Völkermord, für das Massaker an den Armeniern das vor 100 Jahren, am 24. April 1915, im Osmanischen Reich seinen Anfang nahm. Bundespräsident Joachim Gauck enttäuschte die Erwartungen nicht. In seiner Gedenkrede im Anschluss an den Gottesdienst sagte er:
"Mit unserem heutigen Wissen und vor dem Hintergrund politischer und humanitärer Schrecknisse der vergangenen Jahrzehnte steht uns heute klar vor Augen: Das Schicksal der Armenier steht beispielhaft für die Geschichte der Massenvernichtungen, der ethnischen Säuberungen, der Vertreibungen, ja, der Völkermorde, von der das 20. Jahrhundert auf so schreckliche Weise gezeichnet ist."
Damit benutzte der Bundespräsident exakt die gleiche Formulierung, auf die sich auch die Bundestagsfraktionen geeinigt haben, und die im Bundestag in einer Resolution verabschiedet werden soll, und hinter die sich nun auch die Bundesregierung gestellt hat. Lange hatten Bundesregierung und Bundestag in den letzten Tagen darum gerungen, ob sie sich diesen Begriff zu eigen machen sollten oder nicht. Es war nicht zuletzt Gauck gewesen, der sich für eine klare Benennung der Verbrechen durch den Bundestag eingesetzt hatte. Offenbar habe es im Hinblick auf die Formulierung "Impulse aus dem Präsidialamt" gegeben, hatte das Außenministerium bestätigt.
Bundespräsident Joachim Gauck und seine Lebensgefährtin Daniela Schadt (l.) und Irmgard Schwaetzer, Präses der EKD-Synode bei dem Gottestdienst im Berliner Dom
Bundespräsident Joachim Gauck bei dem Gottestdienst im Berliner Dom© picture alliance / dpa / Britta Pedersen
Bislang hatte die Bundesregierung aus Rücksicht auf die Beziehungen zur Türkei auf die Verwendung des Begriffs "Völkermord" verzichtet. Gauck verwendete es jetzt gleich mehrfach, unter anderem in einer Passage, in der er auf die deutsche Mitverantwortung an den Gräueltaten hinwies:
"Meine Anwesenheit hier bezeugt, dass in diesem Deutschland der Staat und die politisch Verantwortlichen sich immerwährend verpflichtete fühlen, die Vergangenheit ehrlich, angemessen und auch selbstkritisch aufzuarbeiten."
Bislang hatte die Bundesregierung aus Rücksicht auf die Beziehungen zur Türkei auf die Verwendung des Begriffs Völkermord verzichtet. Gauck verwendetet es jetzt gleich mehrfach unter anderem in einer Passage, in der auf die deutsche Mitverantwortung an den Gräueltaten hinwies. Es habe daher seinen tiefen Sinn und seine klare Berechtigung an den Mord an dem armenischen Volk auch hier in Deutschland zu erinnern, sagte er .
"In diesem Fall müssen auch wir Deutsche insgesamt uns noch einmal der Aufarbeitung stellen. Wenn es nämlich um eine Mitverantwortung, unter Umständen gar um eine Mitschuld am Völkermord an den Armeniern geht. Es waren deutsche Militärs, die an der Planung, zum Teil auch an der Durchführung der Deportationen beteiligt waren."
Und auch der Ratsvorsitzende der EKD, Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, prangerte eine deutsche Mitschuld, Zynismus und Gleichgültigkeit gegenüber dem Völkermord an den Armeniern an. Nicht nur von der Reichsregierung, sondern auch von der Evangelischen Kirche selbst.
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