Leipziger Einheitsdenkmal vor dem Aus
Eigentlich sollte in Leipzig ein Denkmal an die Geschichte der Montagsdemonstrationen erinnern, die zum Ende der DDR beigetragen haben. Doch um die Entwürfe gab es monatelang Streit, der Stadtrat will jetzt die Notbremse ziehen.
Man kann den Wilhelm-Leuschner-Platz getrost als die bekannteste Brache Leipzigs bezeichnen: Eine große Fläche am Rande der Innenstadt, eigentlich in bester Lage, die zum einen Teil als Parkplatz genutzt wird und zum anderen Teil einfach nur da ist.
Hier sollte am 9. Oktober 2014 eingeweiht werde, das Leipziger Freiheits- und Einheitsdenkmal, eigentlich. Doch anders als die Nikolaikirche, der Ring oder der Augustusplatz lag hier kein Schwerpunkt der Demonstrationen am 9. Oktober. Das muss auch Stadtsprecher Matthias Hasberg einräumen, bei einem pragmatischen Erklärungsversuch:
"Der Leuschnerplatz liegt am Ring. Von daher ist auch eine natürliche Verbindung zum Herbst 1989 da. Aber er war nie Zentrum der Demonstrationen. Das wissen aber auch alle. Auf der anderen Seite ist halt Platz dort, das darf man nicht vergessen."
Der Wilhelm-Leuschner-Platz hat beste Chancen, um als Platz des ungebauten Denkmals in die Geschichte einzugehen. Denn am Nachmittag wird der Leipziger Stadtrat darüber abstimmen, das laufende Vergabeverfahren einzustellen. Da dieser Antrag von einem breiten Bündnis aus SPD, CDU und den Grünen unterstützt wird, gilt es als wahrscheinlich, dass er auch angenommen wird.
Der Fraktionsvorsitzende der SPD-Stadtratsfraktion, Axel Dyck.
"Das Verfahren ist gescheitert und wird aller Voraussicht nach eingestellt."
Auch die Linkspartei, die bereits häufiger grundsätzliche Kritik am Denkmal geübt hatte, wird einen eigenen Antrag zur Beendigung des Verfahrens einbringen. Die Gründe erläutert die kulturpolitische Sprecherin Skadi Jennnicke:
"Viele haben Angst, dass ihr subjektives Empfinden in diesem Denkmal nicht abgebildet wird. Diese Erfahrung haben viele Leipziger in den vergangenen 25 Jahren gemacht."
Es geht ihrer Ansicht nach um die Deutungshoheit der Ereignisse, die das Leben der Menschen in der Stadt grundlegend verändert hat.
"Und der Übergang vom individuellen Gedächtnis ins kulturelle Gedächtnis, der hat offenkundig noch nicht stattgefunden."
Leipziger sehen Aus für das Denkmal gelassen
Oberbürgermeister Burkhard Jung, SPD, bislang ein großer Befürworter des Denkmals, sprach von einer Atempause. Am Ziel eines Denkmals will er jedoch festhalten. Einen neuen Eröffnungstermin gibt es noch nicht.
Die Vorgeschichte: 2007 hatte die Bundesregierung beschlossen, zwei Denkmäler zu bauen, eines in Berlin und eines in Leipzig. Doch der Siegerentwurf eines künstlerischen Wettbewerbs, ein geometrisches Farbenfeld, blieb in der Öffentlichkeit ungeliebt. Es wurde später durch den Entwurf "Herbstgarten" ersetzt, der aber auch Kritik erntete. Das Denkmal beschäftigte deshalb auch schon die Justiz: Die Architektengruppe M+M aus München, die den ursprünglichen ersten Platz belegt hatte, war vors Oberlandesgericht gezogen, um die Idee zu retten.
Die Leipziger selbst reagieren größtenteils gelassen auf das Aus des Denkmals:
"Ganz spontan: Ich finde es gut, dass das Verfahren unterbrochen worden ist."
"Ich denke, dass jetzt endlich mal schluss sein muss, und ein Neuanfang, dafür muss man sich Zeit lassen, die Bevölkerung ist noch zu sehr aufgewühlt."
Auch in Berlin läuft die Errichtung des Denkmals schleppend und hinkt dem Zeitplan hinterher. Die Hoffnung in der Hauptstadt Berlin ist jedoch, das Denkmal 2015 zum Anlass 25 Jahre Deutsche Einheit einweihen zu können.