"Wir brauchen kein Kombinat der Aufarbeitung"
Die Gedenkstätte Hohenschönhausen kommt seit der Absetzung ihres Leiters nicht zur Ruhe. Dem zuständigen Senator wird sogar eine Verschwörung gegen das Stasi-Gedenken vorgeworfen. Markus Meckel verteidigt ihn und regt neue Formen des DDR-Gedenkens an.
Er hoffe, dass die Gedenkstätte nicht durch den aktuellen Streit beschädigt werde, sagt Markus Meckel, Chef der Stiftung Aufarbeitung der SED‐Diktatur und letzter DDR-Außenminister. Jetzt sei es wichtig, in eine normale Nachfolgeregelung zu kommen und möglicherweise auch über strukturelle Fragen nachzudenken.
Knabes Entlassung nicht politisch motiviert
"Wir hatten eine Gedenkstätte mit hohem Ansehen, die viel besucht worden ist. Die Unterstellung, dass die Entlassung des Direktors aus politischen Gründen erfolgt sei, weise ich zurück." Der zuständige Berliner Senator Klaus Lederer habe in enger Abstimmung mit der Kulturstaatsministerin gehandelt.
"Er hat das sehr professionell gemacht. Er hat mit den Mitarbeitern gesprochen und eine Übergangsregelung geschaffen."
Meckel sagt, dass er sich wünsche, dass der ehemalige Leiter Hubertus Knabe keinen weiteren Streit mit der Gedenkstätte führe.
"Das würde der Gedenkstätte guttun und damit dem Anliegen, dem er sich die ganze Zeit gewidmet hat."
Eine "Topographie der Repression" entwickeln
Er wünsche sich nun, dass man in Zukunft grundsätzlicher nachdenke:
"Es gibt ja den Vorschlag, die Gedenkstätte in Hohenschönhausen mit der Forschungs- und Gedenkstätte Normannenstraße zusammenzulegen. Das hieße dann, dass man die beiden zentralen 'Stasi-Orte' in Berlin, unter ein Dach, eine Bund-Länder-Stiftung, bringt, um einen Ort der 'Topographie der Repression' zu haben. Also die Strukturen der Unterdrückung zu untersuchen und bildlich zu machen, von der Täterseite und von der Opferseite."
Die gesamte Aufarbeitung der DDR-Geschichte würde er dort aber nicht hinlegen wollen, denn diese Aufarbeitung sei mehr als das Beschäftigen mit der Rolle der Stasi. Ein Zusammengehen mit der Stiftung Berliner Mauer lehne er ab:
"Man darf den Repressionsapparat nicht unmittelbar mit Fragen der Teilung zusammenbringen. Aufarbeitung muss dezentral und plural ablaufen. Wir brauchen kein 'Kombinat der Aufarbeitung'."
Die mögliche Zusammenlegung von Hohenschönhausen und Normannenstraße sei aber davon unberührt:
"Man hätte keine Opfer, wenn man keine Täter hätte."
Vor dem 30-jährigen Jubiläum des Mauerfalls würde er sich wünschen, sagt Meckel, dass die Menschen bedenken, dass die 30 Jahre Mauerfall zuerst 30 Jahre friedliche Revolution bedeuteten.
"Im Rahmen dessen fiel ja erst die Mauer und dadurch wurde die Einheit möglich. Der Prozess der Einheit war außerdem ein Verhandlungsprozess." Am 9. November sei mitnichten alles schon geregelt gewesen.
Die Ostdeutschen waren Subjekt des Einheits-Prozesses
"Wir haben keinen klaren, differenzierten Blick auf dieses Jahr. Viele DDR-Bürger fühlen sich überrannt und kolonisiert. Denen setzte ich entgegen: Der Prozess in die deutsche Einheit war der aufrechte Gang der Ostdeutschen in die Einheit. Wir hatten eine freie Regierung, die die Verhandlungen für die Vereinigung geführt hat."
Dass die damalige Bundesregierung in den Verhandlungen manchmal übermächtig etwas vom Tisch gewischt habe, streite er aber nicht ab.
"Die Ostdeutschen waren aber keine Schicksalsgemeinschaft im Sinne eines Objekts, sondern ein Subjekt des Einheitsprozesses."