Geert Wilders Partei feiert Geburtstag

Zehn Jahre Angst und Hass

Der niederländische Politiker Geert Wilders vor einem Verkehrsschild
Populist und Hardliner: Der niederländische Politiker Geert Wilders. © picture-alliance / dpa / Robin Utrecht
Von Malte Pieper |
Geert Wilders dominiert den politischen Diskurs in den Niederlanden. Immer öfter treibt der Rechtspopulist die Regierung in Den Haag regelrecht vor sich her. Nun wird seine "Partei für die Freiheit" zehn Jahre alt.
Es war einer dieser typischen Auftritte von Geert Wilders. Neulich, in einem Vorort von Rotterdam. Wenige Wochen nach den Übergriffen von Köln verteilt Wilders mit einem Großaufgebot an Journalisten im Schlepptau Farbspray an Frauen - Pfefferspray zur Selbstverteidigung ist nämlich nicht erlaubt in den Niederlanden.
"Das Beste wäre natürlich, die Grenzen sofort zu schließen und keinen mehr reinzulassen. Aber solange das nicht so ist - eine legale Alternative: Wenn Frauen von so einem Testosteronbomber angefallen werden, dann können sie sich wenigstens ein bisschen wehren."
Sagt's und verschwindet auch schon wieder. Ausführliche Berichterstattung ist ihm sicher. Denn Wilders ist Medienprofi. Er weiß genau, wie Journalisten funktionieren. Diese Bilder produziert er dann. Lange Diskussionen gibt es mit dem 52-Jährigen ohnehin nicht:
"Er ist kein Mann aus dem Volk ..."
... stellt Koen Vossen fest, Politikwissenschaftler an der Universität Nimwegen. Einer der besten Wilders-Kenner des Landes:
"Er kann nicht wirklich mit normalen Leuten reden, über normale Sachen. Er hat wenige Interessen oder Hobbys. Er ist nur an Politik interessiert."
Seit 1989, seit er 26 ist, arbeitet Wilders im niederländischen Politikbetrieb von Den Haag. Erst als Referent bei einem Abgeordneten, dann selbst als Parlamentsmitglied für die Rechtsliberalen des heutigen Ministerpräsidenten Mark Rutte. 2004 kommt es zum Bruch, 2006 gründet er seine "Partei für die Freiheit", die eigentlich "Partei gegen den Islam" heißen müsste. Denn das ist das eigentliche Programm von Wilders, wie er auch jetzt wieder zum zehnjährigen Geburtstag der PVV betont:
"Wenn der Islam erst einmal in Westeuropa richtig Fuß fasst, dann gibt es keine Freiheit mehr, dann gibt es nichts mehr zu wählen, dann zählen nur noch der Islam und die Scharia. Und alle Menschen, die nicht dazugehören, das sind die Dummen."

Geert Wilders ist die Partei

Wilders hat seine Partei fest im Griff. Wilders ist die Partei. Er ist das einzige Mitglied. Um zu verhindern, dass sie "von falschen Leute übernommen werden könnte", wie er einmal sagte. Der Preis dafür ist hoch: Als Ein-Mann-Gruppierung bekommt die PVV nach niederländischem Recht keine staatlichen Zuschüsse. Wie er sich also finanziert, liegt weitgehend im Verborgenen.
Umso mehr ist Wilders darauf angewiesen, immer wieder wahrgenommen zu werden. Und er beherrscht dieses Spiel perfekt, seufzt auch Ton Nijhuis von der Universität Amsterdam:
"Wenn ich noch einen drauflege, dann bin ich immer attraktiver als die anderen Parteien. Das heißt: Es gibt eigentlich mehr oder weniger einen Wettkampf, wer am Extremsten sein kann - und den gewinnt Wilders immer!"
"Anders als in Deutschland sind die Parteien bei uns äußerst schwach", betont der Politikwissenschaftler. Auch die vermeintlichen Volksparteien. Keine großen Apparate, bei weitem nicht so viel Geld. Newcomern werde es in den Medien leicht gemacht, wenn sie entsprechend auftreten.

Verheerende Langzeitwirkungen

Und Wilders schaffe es eben auch nach zehn Jahren noch immer wieder, neue Superlative zu produzieren. Mit verheerenden Langzeitwirkungen für die niederländische Gesellschaft, analysiert Professor Nijhuis. Noch vor 20 Jahren war es so, sagt er ...
"... dass wir stolz waren, dass wir alle Menschen mit Migrationshintergrund auch integrieren konnten. Nur: Diese Vorstellung, diese Idee, dass wir das schaffen, die ist vollkommen verschwunden."
Eine These, die auch Wilders-Experte Koen Vossen in Nimwegen unterschreibt. Aber sagt er, es geht ja noch weiter. Zehn Jahre PVV, zehn Jahre Geert Wilders haben noch etwas anderes gemacht, auch mit den Niederländern. Man fange automatisch an, einen neuen Bekannten zu scannen:
"Es ist tatsächlich so, dass Leute versuchen, bei anderen ein wenig einzuschätzen: Ist das ein Wilders-Fan oder nicht? Es kann dann auch sein, dass Leute dann sagen: Jemand, der Wilders unterstützt, der kann niemals mein Freund sein!"
... und sein Umfragehoch hält weiter an. Würde jetzt gewählt, wäre die "Partei für die Freiheit" stärkste Partei in den Niederlanden. Während die amtierende Regierung aus Rechtsliberalen und Sozialdemokraten rund die Hälfte ihrer Sitze verlieren würde, könnte sich Wilders PVV mehr als verdoppeln.
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