Gefälschte Autotests

ADAC bleibt nur Schadensbegrenzung

Christoph Wünsche im Gespräch mit Nana Brink |
Der Schaden für den ADAC durch den Skandal um gefälschte Testergebnisse lasse sich nicht in Euro ausdrücken, meint Markenberater Christoph Wünsche. Das Einzige, was der Verein machen könne, sei nun absolut ehrlich mit seinen Fehlern umzugehen.
Nana Brink: Millionen ADAC-Mitglieder sind empört über die Gelben Engel. Beim ADAC-Autopreis wurde offenkundig bereits länger manipuliert, als bisher bekannt. Über Jahre hinweg sind die Teilnehmerzahlen der Umfrage zum Lieblingsauto der Deutschen nach oben frisiert worden. Auch die Autokonzerne sind stink sauer. Für den ADAC ist die Affäre eine Image-Katastrophe. Überlegen Sie mal selbst: wie oft haben Sie schon beim ADAC nachgeguckt, wenn es um ein neues Auto ging, oder ein Zubehör? Der Verein lebt ja ganz wesentlich von dem Vertrauen der Mitglieder und der Öffentlichkeit in seine Tests und Empfehlungen. Christopher Wünsche ist Geschäftsführer von Truffel Bay, das ist eine Management-Beratung. Schönen guten Morgen, Herr Wünsche.
Christopher Wünsche: Schönen guten Tag, Frau Brink. Hallo!
Brink: Ist denn der Ruf erst ruiniert, lebt’s sich gänzlich ungeniert. Kann sich der ADAC so etwas leisten?
Wünsche: Der ADAC kann sich das wohl kaum leisten, denn für den ADAC ist Glaubwürdigkeit und Vertrauenswürdigkeit ein Teil seiner Existenzberechtigung. Mit fast 19 Millionen Mitgliedern, glaube ich, vertritt der ADAC natürlich eine große Gruppe in der deutschen Gesellschaft, und hier nicht mehr glaubwürdig zu sein, ist ein Kommunikationsgau.
Brink: Kann man denn diesen Image-Schaden beziffern? Wie groß ist der?
Wünsche: Beziffern, glaube ich, kann man das in Mark und Pfennigen oder in Euro und Cent wohl kaum. Aber schlimmer, als das Vertrauen in einer so prominenten Frage zu verlieren, glaube ich, kann es nicht kommen, denn der ADAC ist zum einen ein Verein und wir alle kennen den ADAC von den Gelben Engeln und wir sind froh, wenn der Gelbe Engel kommt. Auf der anderen Seite ist der ADAC natürlich ein riesiges Wirtschaftsunternehmen, und das kann dann schon auch monetären Schaden verursachen.
Brink: Was ist denn da schief gelaufen? Haben Sie da Einblick oder können Sie sich das vorstellen?
Wünsche: Na ja, ich kann das auch nur aus den Medien jetzt begutachten. Das erste ist, dass erst mal diese Fälschungen vorgenommen wurden, und einige Medien haben ja von Mogelei gesprochen. Ich finde, das ist maßlos untertrieben. Das ist gezielter Betrug. Und das ist ja nicht das erste Mal, dass der ADAC dabei erwischt wurde. Da wurden ja auch Autotests manipuliert.
Das zweite ist, dass man die Medien beschimpft hat, zu allererst die „Süddeutsche“, die das ja aufgedeckt hat, und dass man gesagt hat, hier wird massiv übertrieben, oder das sei völlig aus der Luft gegriffen. Herr Obermair hat sich ja bei der Verleihung des Gelben Engels noch hingestellt und hat …
Brink: Der Chef des ADAC?
Wünsche: Ganz genau. Der Chef des ADAC hat noch die Medien bespottet. Da hat er den zweiten großen Fehler gemacht, und ich glaube, er macht gerade einen dritten, indem er sagt, das ist das Werk eines einzelnen und das sei überhaupt nicht möglich gewesen, dass man sich das hat vorstellen können. Wenn das tatsächlich so ist, dass Herr Ramstetter, der Pressesprecher des ADAC, das ohne Kontrolle hat so machen können, dann hat er sich zumindest den Fehler zu schulden kommen lassen, dass sein Kollege, sein Mitarbeiter überhaupt nicht kontrolliert wurde.
ADAC muss Transparenz herstellen
Brink: Aber ist das nicht geschickt zu sagen, hört mal zu, Leute, wir sind gar nicht Schuld als ADAC, sondern das ist eigentlich ein einzelner, also glaubt uns weiter?
Wünsche: Nun ja, in manchen Fällen mag das eine gute Strategie sein. Ich glaube, hier ist der ADAC nicht gut beraten, das so zu tun, denn eine so große Organisation mit so viel Einfluss muss sich einfach den Gesetzmäßigkeiten von Öffentlichkeit unterwerfen, das heißt eben auch Transparenz herstellen. Und wenn eine so mächtige Organisation solche Themen einem einzelnen Mitarbeiter ohne Kontrolle überlässt, dann stimmen die internen Abläufe nicht.
Brink: Stellen Sie sich vor, Sie würden den ADAC als Kunden in die Finger bekommen, was würden Sie denn als erstes tun? Welche Maßnahmen würden Sie denn einleiten, um den Image-Schaden zu beheben? Geht das überhaupt?
Wünsche: Nun ja, für den Moment kann man eigentlich nur dafür sorgen, dass man den Schaden begrenzt. Das Kind ist in den Brunnen gefallen. Man kann jetzt eigentlich nur dafür sorgen, dass er sich nicht weiter ausdehnt, dieser Schaden. Insofern kann man eigentlich nur dazu raten, jetzt davon abzusehen, zu leugnen, umzudeuten, Verantwortung abzulehnen oder die Folgen zu relativieren, die Kritik abzuwehren. Das sind alles keine probaten Mittel. Viel mehr würde ich dem ADAC raten, sich wirklich zum Anwalt der Aufklärung zu machen und diesbezüglich auch wirklich Wort zu halten, in Zukunft keinerlei Informationen mehr zurückzuhalten und wirklich auch alle Fragen, die von den Medien gestellt werden, bestmöglich zu beantworten. Die Wahrheit zu sagen, ist jetzt kein lapidarer Spruch, sondern das Gebot der Stunde. Insofern kann man für den Moment eigentlich nur dafür sorgen, dass sich die Krise nicht weiter ausdehnt, und mittel- bis langfristig, glaube ich, muss der ADAC seine internen Organisationsstrukturen überprüfen, muss Abläufe überprüfen und letztendlich auch solche Testergebnisse mit viel mehr Transparenz und Öffentlichkeit versorgen. Auch die Lottozahlen werden ja unter notarieller Aufsicht gezogen.
Brink: Christopher Wünsche, Geschäftsführer der Management-Beratung Truffel Bay. Schönen Dank, dass Sie mit uns gesprochen haben.
Wünsche: Ich danke Ihnen, Frau Brink. Auf Wiederhören!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
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