Gefahr erkannt - Gefahr noch lange nicht gebannt

Von Annette Riedel |
Gefahr erkannt - Gefahr noch lange nicht gebannt. In den Köpfen auch der letzten politischen Lenker hat sich mittlerweile die Erkenntnis durchgesetzt, dass der Klimawandel eine echte, eine existentielle Gefahr ist. Dass sie allesamt darüber reden, die Hu Jintaos, die Barack Obamas, die Angela Merkels dieser Welt und ihre fast 100 Kolleginnen und Kollegen, das ist gut.
Wenn es aber ans Eingemachte geht, an die Frage nämlich, wer die Zeche bezahlen soll für den CO2-armen oder CO2-freien Umbau der Volkswirtschaften, dann hapert es nach wie vor gewaltig. Dann hapert es so sehr, dass die wichtige Kopenhagener Klimakonferenz im Dezember, bei der ein Nachfolgeabkommen für das 2012 auslaufende Kyoto-Vertragswerk zustande kommen soll, scheitern könnte.

Die Europäer sind sicher eine wichtige Größe in den Verhandlungen, können mit Geld motivieren, können mit technologischem und gesetzgeberischem Vorbild Richtungen weisen. Aber alles - fast alles - steht und fällt letztlich mit dem Verhalten derjenigen beiden Länder, auf deren Konto knapp die Hälfte aller weltweiten CO2-Emissionen geht: China und die USA.

Die USA haben sich bis dato selbst unter Klimafreund Obama nicht auf eigene verbindliche, ehrgeizige Reduktionsziele festlegen wollen, solange nicht China, als der mittlerweile in Bezug auf die Gesamtmenge weltgrößte CO2-Verschmutzer, Nämliches tut. Und perspektivisch auch Indien. Und weitere große Schwellenländer.

Die Chinesen und die Anderen ihrerseits wollen sich ohne weitgehende Zugeständnisse der USA und der übrigen reichen Länder auf nichts festlegen lassen. Klarer und lähmender Fall von "Hannemann, geh Du voran".

Bleibt die Hoffnung, dass sich einer findet, der voran geht, weil man in der einen oder der anderen Hauptstadt begriffen hat, dass die Begrenzung der Erderwärmung und die Anpassung an den sich schon vollziehenden Klimawandel nicht nur kostet, sondern auch eine lohnende Investition bedeutet. Dass mit neuen Technologien ein riesiges Reservoir an Arbeitsplätzen entstehen und eine Menge Profit gemacht werden kann.

Wenn Peking das begreift, könnte es sogar dazu kommen, dass China aus schierem geldwerten Eigeninteresse schneller handelt als die USA, wo die Umsetzung von Obamas Plänen, erstmals überhaupt zaghaft dem CO2-Ausstoß Grenzen zu setzen, im US-Kongress verzögert wird.

Die hoch technologisierten Länder, auf deren Konto der Klimawandel zu einem Gutteil schließlich geht, werden den Entwicklungsländern vorzuleben haben, dass Wachstum CO2-arm möglich ist, bevor sie diese darauf verpflichten können. Und sie werden vor allem die armen und ärmsten Länder der Welt - noch dazu ungerechterweise diejenigen, die am schnellsten und am heftigsten vom Klimawandel betroffen sind - mit vielen Milliarden unterstützen müssen. In aller Interesse.

Selbst wenn es in diesem Sinne diese Woche ein klares politisches Mandat der wichtigsten Akteure für Kopenhagen gäbe, hätte man dort mit der Zuteilung von nationalen Emissionsobergrenzen und der Höhe der Summe, mit der die Entwicklungsländer bei ihren Bemühungen zu unterstützen sind, noch genug zu ringen. Bleibt es heute in New York und dann beim G20-Treffen in Pittsburgh wieder nur bei wagen Absichtserklärungen, ist die Kopenhagener Klima-Konferenz im Dezember zum Scheitern verurteilt.