Gefühle im Licht der Wirklichkeit
Die Neufundländerin Lisa Moore - 1964 geboren - ist eine der talentiertesten Schriftstellerinnen ihrer Generation. Ihr Debütroman "Im Rachen des Alligators" ist ein Bestseller, der jetzt auch auf Deutsch vorliegt: eine Geschichte über die Liebe und das Verlassen - voller Tiefe und Humor.
Schon vor zwei Jahren hat die Neufundländerin Lisa Moore mit ihrem Roman "Und wieder Februar" einige Aufmerksamkeit bei uns erzielt. Jetzt liegt der zweite Roman "Im Rachen des Alligators" vor, der eigentlich Moores Debut ist.
Fast beiläufig wird darin die Geschichte eines Mannes erzählt, dessen Beruf es war, zum Amüsement von Touristen seinen Kopf in aufgesperrte Krokodilmäuler zu stecken bis eines Tages eines der Viecher zubeißt und versucht, ihm den Kopf vom Rumpf zu reißen. Im Rachen des Alligators, mitten im Maul des gefährlichen Lebens, stecken, bildlich gesehen, viele der Figuren in diesem berstenden Roman. Der beschreibt, wie leicht man in Bedrängnis geraten kann, wie fragil die eigene Existenz ist.
Die 17-jährige Colleen, eher behütet aufgewachsen, kifft und trinkt, seitdem sie 13 ist und testet Grenzen der schamlosen Dreistigkeit. Deshalb beklaut sie sogar den liebenswürdigen Frank. Nimmt sein mühsam Erspartes aus der Zuckerdose und verschwindet. Ausgerechnet Frank, der immer noch denkt, man könne das Böse besänftigen. Obgleich er doch erlebt hat, wie man seiner Mutter zwei Brüste abnahm und sie dennoch an dem Krebs starb. Und nun wird er selbst fast von einem rohen Gangster bei lebendigem Leibe verbrannt.
Fast beiläufig wird darin die Geschichte eines Mannes erzählt, dessen Beruf es war, zum Amüsement von Touristen seinen Kopf in aufgesperrte Krokodilmäuler zu stecken bis eines Tages eines der Viecher zubeißt und versucht, ihm den Kopf vom Rumpf zu reißen. Im Rachen des Alligators, mitten im Maul des gefährlichen Lebens, stecken, bildlich gesehen, viele der Figuren in diesem berstenden Roman. Der beschreibt, wie leicht man in Bedrängnis geraten kann, wie fragil die eigene Existenz ist.
Die 17-jährige Colleen, eher behütet aufgewachsen, kifft und trinkt, seitdem sie 13 ist und testet Grenzen der schamlosen Dreistigkeit. Deshalb beklaut sie sogar den liebenswürdigen Frank. Nimmt sein mühsam Erspartes aus der Zuckerdose und verschwindet. Ausgerechnet Frank, der immer noch denkt, man könne das Böse besänftigen. Obgleich er doch erlebt hat, wie man seiner Mutter zwei Brüste abnahm und sie dennoch an dem Krebs starb. Und nun wird er selbst fast von einem rohen Gangster bei lebendigem Leibe verbrannt.
Gefühlsschwärme einfangen
Ein Gangster, den die Schauspielerin Isobel begehrt und fürchtet. Hätte sie ahnen können, dass der Russe Valentin ein brutaler Mörder ist? Sie spürt nur die schöne Gewalttätigkeit des Mannes beim Sex. Und akzeptiert seine Rücksichtslosigkeit, die sich immer wieder als Fürsorge tarnt. Gefühle sind meist komplizierter als man sie haben möchte. Und Lisa Moore ist eine Autorin, die es liebt, ihre Netze auszuwerfen, um Gefühlsschwärme einzufangen. Um jedes einzelne Fischlein im grellen Licht der Wirklichkeitssuche eindringlich zu betrachten.
Frank, Isobel, Colleen, Madeleine, Beverly. Wir lernen sie alle sehr genau kennen. In kleinen dichten Szenen und Porträts. Alle Kapitel sind mit einem Namen überschrieben. Und wie die Kapitel, so sind auch die Menschen voneinander getrennt und gehören doch zusammen. Durch Zufall, Verwandtschaft, Beruf oder Liebe. Fast alle Frauen trauern der einen großen Liebe nach. Madeleine hat sich von ihrem Mann getrennt und vermisst ihn bis heute. Beverlys Mann ist gestorben. Glückliche Beziehungen gibt es nur in der Vergangenheit. Und dennoch ist das Buch wahrlich kein Kümmernisepos.
Es hat einen ungemein dezidierten, einen selbstbewussten, ja einen fast herausfordernden Ton. Als wolle Moore sagen: Lasst Euch nicht täuschen, liebe Leser, so ist das wirkliche Leben. Und trotzdem kann man es ungestüm wollen. Man kann seine Schönheiten sehen, seine Möglichkeiten leben, seine Zärtlichkeit suchen.
"Im Rachen des Alligators" - ein bisschen beschreibt der Titel auch das Gefühl des Lesers, der seinen Kopf in dieses Buch steckt. Das sein riesiges Maul aufsperrt, um einen aufzunehmen in seiner dunklen Höhle voller Schönheit und Geheimnisse. Um dann plötzlich zuzubeißen, Schreck einzujagen und Schmerz zuzufügen. Und das mit literarischer Grandezza.
Besprochen von Gabriele von Arnim
Frank, Isobel, Colleen, Madeleine, Beverly. Wir lernen sie alle sehr genau kennen. In kleinen dichten Szenen und Porträts. Alle Kapitel sind mit einem Namen überschrieben. Und wie die Kapitel, so sind auch die Menschen voneinander getrennt und gehören doch zusammen. Durch Zufall, Verwandtschaft, Beruf oder Liebe. Fast alle Frauen trauern der einen großen Liebe nach. Madeleine hat sich von ihrem Mann getrennt und vermisst ihn bis heute. Beverlys Mann ist gestorben. Glückliche Beziehungen gibt es nur in der Vergangenheit. Und dennoch ist das Buch wahrlich kein Kümmernisepos.
Es hat einen ungemein dezidierten, einen selbstbewussten, ja einen fast herausfordernden Ton. Als wolle Moore sagen: Lasst Euch nicht täuschen, liebe Leser, so ist das wirkliche Leben. Und trotzdem kann man es ungestüm wollen. Man kann seine Schönheiten sehen, seine Möglichkeiten leben, seine Zärtlichkeit suchen.
"Im Rachen des Alligators" - ein bisschen beschreibt der Titel auch das Gefühl des Lesers, der seinen Kopf in dieses Buch steckt. Das sein riesiges Maul aufsperrt, um einen aufzunehmen in seiner dunklen Höhle voller Schönheit und Geheimnisse. Um dann plötzlich zuzubeißen, Schreck einzujagen und Schmerz zuzufügen. Und das mit literarischer Grandezza.
Besprochen von Gabriele von Arnim
Lisa Moore: Im Rachen des Alligators
Aus dem Englischen von Kathrin Razum
Hanser Verlag, München 2013
345 Seiten, 22,90 Euro
Aus dem Englischen von Kathrin Razum
Hanser Verlag, München 2013
345 Seiten, 22,90 Euro