Geheimniskrämerei gegen Internetpiraterie

Von Tarik Ahmia |
Gefälschte Produkte verursachen nach offiziellen Schätzungen jedes Jahr Schäden von mehr als 150 Milliarden US-Dollar. Dagegen wollen knapp 40 Staaten mit einem Anti-Piraterie-Abkommen vorgehen. Das "Anti Counterfeiting Trade Agreement" - kurz ACTA – soll international gültige Regeln festlegen, um Produktpiraterie und Copyrightverstöße wirksam zu bekämpfen. Verhandelt wird im Geheimen.
Vor drei Jahren begannen die Vereinigten Staaten und Japan mit den geheimen Verhandlungen für das internationale Handelsabkommen ACTA. Mittlerweile sind auch die Europäische Union sowie neun weitere Länder daran beteiligt. China - die Hochburg der Produktpiraten - sitzt nicht mit am Verhandlungstisch.

Für politischen Sprengstoff sorgt vor allem das geplante Arsenal, mit dem Copyrightverstöße im Internet bekämpft werden sollen. Wie die Maßnahmen im Detail aussehen, lässt sich allerdings nur anhand einiger ACTA-Papiere vermuten, die im Internet lanciert wurden.

Aus den Dokumenten geht hervor, dass Internetprovider in Zukunft dafür haften sollen, wenn ihre Nutzer gegen das Urheberrecht verstoßen. Laut ACTA-Entwurf können die Provider der Haftung jedoch entgehen, wenn sie die Internet-Piraterie aktiv bekämpfen, etwa, indem sie den Datenverkehr ihrer Kunden nach Copyright-Verstößen durchsuchen. Nutzern, die wiederholt gegen das Urheberrecht verstoßen, soll laut ACTA-Entwurf der Internetzugang gekappt werden.

Beide Maßnahmen würden allerdings gegen geltende europäische Freiheitsrechte verstoßen.

Die EU-Kommission versichert deshalb, dass das endgültige ACTA-Abkommen die Grundrechte in Europa nicht einschränken werde. Auch die Bundesregierung bekräftigte in dieser Woche, sie lehne Internet-Sperren bei Copyright-Verstößen ab.

An der Geheimniskrämerei rund um die Verhandlungen hat die Kommission bislang aber nichts geändert. Nicht einmal die Mitglieder des Europaparlaments bekommen bislang Details zu sehen. Ihnen wird der Zugang zu den ACTA-Dokumenten verwehrt, während US-Konzerne wie Time Warner, IBM, Monsanto oder General Motors vollständig auf die geheimen Papiere zugreifen können. Das gilt auch für mehr als 100 Lobbyisten aus den Bereichen der Unterhaltungsindustrie, Computersoftware, Buchverlage und der Pharmaindustrie.