Gehörte Spannung
Patricia Highsmith' Thriller lieferten die Vorlage für viele spannende Filme, unter anderem für Alfred Hitchcocks "Zwei Fremde im Zug". Auch als Hörspiel sind die Romane der Highsmith höchst spannend, was man jetzt auf der "Best of"-CD-Box des Audioverlags nachhören kann. Allerdings fehlen dabei sämtliche "Ripley"-Romane.
"Oh, meint Gott! Melinda! - Mr. Van Allen, Sie sind festgenommen! - Melinda ist tot!"
Das ist nun eine wirkliche Ausnahme mit Victor van Allen in "Tiefe Wasser", etwas ganz und gar Anormales im Werk von Patricia Highsmith: Der Mörder wird am Ende erwischt! Ansonsten interessierte die 1921 geborene Texanerin am allerwenigsten die Aufklärung eines Mordes; sie habe gelesen, meinte die Highsmith einmal, dass nur ein verschwindend geringer Prozentsatz aller Morde überhaupt aufgeklärt würde. Und warum sollten ihre Mörder dann nicht auch in Freiheit bleiben?
Howard Ingham also, der junge Schriftsteller, den es in "Das Zittern des Fälschers" in ein verschlafenes Dorf an der tunesischen Küste verschlagen hat, er wird kaum zur Rechenschaft gezogen werden für das, was in jener Nacht passierte.
" Er sah die Silhouette einer gebückten Gestalt. Ingham griff nach der Schreibmaschine und warf sie in Richtung Tür. - [Schrei.] - Ingham wusste, der Mann, den er da getroffen hatte, war Abdul, der alte Araber in den roten Pluderhosen. Was ihn jetzt zunächst interessierte, war seine Schreibmaschine. Der Vorderteil des Rahmens war verbogen. Er stellte die Maschine in den Schrank, neben seine Schuhe. Dann löschte er das Licht und kroch wieder ins Bett."
Patricia Highsmith hat nie Action-Thriller geschrieben; sie interessierten vielmehr die seelischen Abgründe ihrer Helden, die fast immer Antihelden waren; durchaus erfolgreich beim Morden...
" Ich glaube Vic, du hast Charly und Tony umgebracht. Warum gibst du es also nicht zu?"
Aber immer hat man beim Verleger Victor, beim Schriftsteller Howard, bei dem anderen Schriftsteller Sydney oder beim Anwalt Stakhouse den Eindruck der Desintegration. Wenn einer wie Howard Ingham beispielsweise in Tunesien strandet, einer Welt, die nicht seine ist, in der sich alles bekannte Moralische aufgelöst beziehungsweise nie existiert hat, dann ist auch Howard nach kurzer Zeit jemand, der mit dem Mord an dem alten Araber auf einmal in sich Seiten entdeckt, von denen er nie wusste. Was soll da noch eine Heirat?
" Ich glaube, ich liebe überhaupt niemanden. Wahrscheinlich bin ich unfähig dazu. Es reicht einfach nicht zum Heiraten."
Die neue Patricia-Highsmith-Hörspiel-Edition enthält 10 CDs mit Hörspielen von bekannten Romanen, die schon für Film, Fernsehen oder Theater adaptiert wurden wie "Ediths Tagebuch", "Der Geschichtenerzähler" oder "Tiefe Wasser". Außerdem Bearbeitungen von zwei bisher unveröffentlichten Kurzgeschichten der Highsmith: "Ehespiele" und "Der Killer". Trotzdem bleibt diese CD-Box natürlich nur eine kleine Auswahl; die Ripley-Romane beziehungsweise -Hörspiele fehlen gänzlich, und auch andere großartige Highsmith-Adaptionen wie "Zwei Fremde im Zug" - der Roman war Grundlage für den berühmten Hitchcock-Film - fehlen.
Und: Wie üblich vereinigen sich auch in dieser Edition Licht und Schatten, hohes Niveau und Durchschnitt. Das Hörspiel "Ediths Tagebuch" - 1990 produziert - ist von einer behäbigen Langatmigkeit bis zur Langeweile, dass es wehtut, während "Der Geschichtenerzähler" - 1989 entstanden - vor allem durch seinen Hauptdarsteller zu einem äußerst spannenden Ritt durch die Seelenlandschaft dieses erfolglosen Krimiautors wird.
" Ich hätte die Alte fragen müssen, was die Polizei gewollt hat, was die Polizei gewollt hat. Hätte das nicht jeder wissen wollen? Jedenfalls jeder, der schuldlos ist?"
Bruno Ganz, der schon in Wim Wenders Film "Der amerikanische Freund" eine Highsmith-Figur spielte, hier als Schriftsteller, der mit seiner Frau in einem abgelegenen Haus wohnt. Mit einer großen und faszinierenden Leichtigkeit spielt Bruno Ganz den Mann, der, von Alice verlassen, einen zusammengerollten Teppich im Auto fortschafft. Die Nachbarin ruft die Polizei an, aber im Wald ist nur der alte Teppich zu finden, doch Alice bleibt verschwunden.
" Ich hab bei Ihrer Station angerufen.
- Wollten Sie mir den Tod von Mrs. Lillybanks mitteilen?
Ja, aber mir lag daran, Ihnen dies selbst zu sagen. Und dann dachte ich, Sie wären auf dem Weg hierher.
- Warum?
Sie wollten sie doch sicher über den Inhalt der Teppichrolle beruhigen.
- Genau das hatte ich vor. Dann wollte ich zu Ihnen.
Wozu?
- Um Sie zu fragen, ob Sie noch etwas anderes im Wald vergraben haben oder noch anderswo.
Nein!
- Vielleicht doch, denken Sie doch einmal nach."
Ein Schriftsteller muss das Gefühl haben, alles ist möglich. Das hat Patricia Highsmith immer wieder betont; und nur so könne sie sich ihr Interesse für Verbrecher erklären. Auch der Verbrecher ist für kurze Zeit frei, das zu tun, was er will. Beide leben außerhalb der Konventionen. Ja, hat Sydney denn nun seine Frau umgebracht?
" Vielleicht doch, denken Sie doch einmal nach.
- Glauben Sie, ich hätte etwas vergessen?
Möglicherweise haben Sie es auch durcheinander gebracht.
- Ich verstehe Sie nicht?
Mit einer Geschichte, die Sie gerade schreiben?"
Best of Patricia Highsmith
Hörspiel-Edition mit 6 Adaptionen der Autorin
Erschienen bei: Der Audio-Verlag
10 CDs, 69 €, ca. 600 min.
Das ist nun eine wirkliche Ausnahme mit Victor van Allen in "Tiefe Wasser", etwas ganz und gar Anormales im Werk von Patricia Highsmith: Der Mörder wird am Ende erwischt! Ansonsten interessierte die 1921 geborene Texanerin am allerwenigsten die Aufklärung eines Mordes; sie habe gelesen, meinte die Highsmith einmal, dass nur ein verschwindend geringer Prozentsatz aller Morde überhaupt aufgeklärt würde. Und warum sollten ihre Mörder dann nicht auch in Freiheit bleiben?
Howard Ingham also, der junge Schriftsteller, den es in "Das Zittern des Fälschers" in ein verschlafenes Dorf an der tunesischen Küste verschlagen hat, er wird kaum zur Rechenschaft gezogen werden für das, was in jener Nacht passierte.
" Er sah die Silhouette einer gebückten Gestalt. Ingham griff nach der Schreibmaschine und warf sie in Richtung Tür. - [Schrei.] - Ingham wusste, der Mann, den er da getroffen hatte, war Abdul, der alte Araber in den roten Pluderhosen. Was ihn jetzt zunächst interessierte, war seine Schreibmaschine. Der Vorderteil des Rahmens war verbogen. Er stellte die Maschine in den Schrank, neben seine Schuhe. Dann löschte er das Licht und kroch wieder ins Bett."
Patricia Highsmith hat nie Action-Thriller geschrieben; sie interessierten vielmehr die seelischen Abgründe ihrer Helden, die fast immer Antihelden waren; durchaus erfolgreich beim Morden...
" Ich glaube Vic, du hast Charly und Tony umgebracht. Warum gibst du es also nicht zu?"
Aber immer hat man beim Verleger Victor, beim Schriftsteller Howard, bei dem anderen Schriftsteller Sydney oder beim Anwalt Stakhouse den Eindruck der Desintegration. Wenn einer wie Howard Ingham beispielsweise in Tunesien strandet, einer Welt, die nicht seine ist, in der sich alles bekannte Moralische aufgelöst beziehungsweise nie existiert hat, dann ist auch Howard nach kurzer Zeit jemand, der mit dem Mord an dem alten Araber auf einmal in sich Seiten entdeckt, von denen er nie wusste. Was soll da noch eine Heirat?
" Ich glaube, ich liebe überhaupt niemanden. Wahrscheinlich bin ich unfähig dazu. Es reicht einfach nicht zum Heiraten."
Die neue Patricia-Highsmith-Hörspiel-Edition enthält 10 CDs mit Hörspielen von bekannten Romanen, die schon für Film, Fernsehen oder Theater adaptiert wurden wie "Ediths Tagebuch", "Der Geschichtenerzähler" oder "Tiefe Wasser". Außerdem Bearbeitungen von zwei bisher unveröffentlichten Kurzgeschichten der Highsmith: "Ehespiele" und "Der Killer". Trotzdem bleibt diese CD-Box natürlich nur eine kleine Auswahl; die Ripley-Romane beziehungsweise -Hörspiele fehlen gänzlich, und auch andere großartige Highsmith-Adaptionen wie "Zwei Fremde im Zug" - der Roman war Grundlage für den berühmten Hitchcock-Film - fehlen.
Und: Wie üblich vereinigen sich auch in dieser Edition Licht und Schatten, hohes Niveau und Durchschnitt. Das Hörspiel "Ediths Tagebuch" - 1990 produziert - ist von einer behäbigen Langatmigkeit bis zur Langeweile, dass es wehtut, während "Der Geschichtenerzähler" - 1989 entstanden - vor allem durch seinen Hauptdarsteller zu einem äußerst spannenden Ritt durch die Seelenlandschaft dieses erfolglosen Krimiautors wird.
" Ich hätte die Alte fragen müssen, was die Polizei gewollt hat, was die Polizei gewollt hat. Hätte das nicht jeder wissen wollen? Jedenfalls jeder, der schuldlos ist?"
Bruno Ganz, der schon in Wim Wenders Film "Der amerikanische Freund" eine Highsmith-Figur spielte, hier als Schriftsteller, der mit seiner Frau in einem abgelegenen Haus wohnt. Mit einer großen und faszinierenden Leichtigkeit spielt Bruno Ganz den Mann, der, von Alice verlassen, einen zusammengerollten Teppich im Auto fortschafft. Die Nachbarin ruft die Polizei an, aber im Wald ist nur der alte Teppich zu finden, doch Alice bleibt verschwunden.
" Ich hab bei Ihrer Station angerufen.
- Wollten Sie mir den Tod von Mrs. Lillybanks mitteilen?
Ja, aber mir lag daran, Ihnen dies selbst zu sagen. Und dann dachte ich, Sie wären auf dem Weg hierher.
- Warum?
Sie wollten sie doch sicher über den Inhalt der Teppichrolle beruhigen.
- Genau das hatte ich vor. Dann wollte ich zu Ihnen.
Wozu?
- Um Sie zu fragen, ob Sie noch etwas anderes im Wald vergraben haben oder noch anderswo.
Nein!
- Vielleicht doch, denken Sie doch einmal nach."
Ein Schriftsteller muss das Gefühl haben, alles ist möglich. Das hat Patricia Highsmith immer wieder betont; und nur so könne sie sich ihr Interesse für Verbrecher erklären. Auch der Verbrecher ist für kurze Zeit frei, das zu tun, was er will. Beide leben außerhalb der Konventionen. Ja, hat Sydney denn nun seine Frau umgebracht?
" Vielleicht doch, denken Sie doch einmal nach.
- Glauben Sie, ich hätte etwas vergessen?
Möglicherweise haben Sie es auch durcheinander gebracht.
- Ich verstehe Sie nicht?
Mit einer Geschichte, die Sie gerade schreiben?"
Best of Patricia Highsmith
Hörspiel-Edition mit 6 Adaptionen der Autorin
Erschienen bei: Der Audio-Verlag
10 CDs, 69 €, ca. 600 min.