Geht’s nicht ein wenig billiger?

Stuttgart 21 und die Kölner U-Bahn - viel Geld wird da vergraben. Und verbuddelt wird auch die letzte Hoffnung des Bürgers, er könne Planern und Politikern grenzenlos vertrauen. Vom Licht am Ende des Tunnels mag schon lange keiner mehr sprechen.
Stuttgart 21, 22, 23 …
Von Michael Brandt

Wie tief müsste man graben, versenkte man einen Stapel mit 100-Euro-Scheinen in der Erde, der den tatsächlichen Baukostenstand markieren würde? Stuttgart21 ließ uns lange Zeit tief blicken … in politisches Gehabe, finanzielle Gewissheiten und unternehmerische Glaubwürdigkeit. Michael Brandt nimmt sich des Themas erneut an.

Die Geschichte von Stuttgart 21 ist eine Geschichte der Kostensteigerungen. 1994, als das Projekt in etwa in der heutigen Form aus der Taufe gehoben wurde, sollte der Tiefbahnhof mitsamt den Tunnelzuführungen 2,4 Milliarden Euro kosten. Stand heute wird er mindestens 6,5 Milliarden kosten und das finden viele nicht gut, natürlich auch die Teilnehmer der 173. Montagsdemonstration in dieser Woche - auch wenn sie das deutlicher sagen:

"Unmöglich!"
"Was soll man sagen, dass es eben ne Sauerei ist, ne Verarschung."
"Pur kapitalistisch."
"Hochkriminell, verlogen und hochkriminell."

Und daran, dass es am Ende bei den 6,5 Milliarden bleibt, die der Bahn-Vorstand im Januar dem Aufsichtsrat präsentiert hat, glaubt auch keiner. In frühestens zehn Jahren soll der neue Bahnhof fertig sein, und da wird noch die ein oder andere Milliarde dazukommen, da sind sich alle sicher:

"Ich habe bis jetzt immer 15 bis 20 Milliarden gesagt, mittlerweile muss ich meine Aussage revidieren, es wird weit teurer."
"Ich glaube das wird weit teurer als 12 bis 14 Milliarden."

6,5 Milliarden, das war die Zahl, die der Bahnvorstand im Dezember 2012 das erste Mal genannt hatte. Es sind rund 2,3 Milliarden mehr als die 4,5 Milliarden, die bis dahin als Kostendeckel für Stuttgart 21 galten.

Bemerkenswert war dabei, dass sich im Dezember dann kaum jemand über die Kostensteigerung wunderte. Weder die Stuttgart-21-Gegner:

"Also wer das glaubt, was die Bahn sagt, der ist selber schuld."
"Es ist schon seit Jahrzehnten so, dass jedes Projekt, das die Bahn baut, mindesten doppelt so teuer geworden ist."

Noch ganz normale Stuttgarter, die sich ja bei der Volksabstimmung mit Mehrheit für Stuttgart 21 ausgesprochen hatten.

"Dass der Anfangsbetrag nicht gehalten werden konnte, das war mir von Anfang an klar. Das ist in Deutschland halt so, Großprojekte kosten immer das Doppelte, mindestens."
" Das ist für mich bei uns was Normales. Die Firmen geben ihre Angebote ab und wollen natürlich zum Zuge kommen und halten das immer am untersten Limit. Und nachher kommt der große Batzen einfach dazu. Irgendwann."

Dieses irgendwann ist bei Stuttgart 21 schon mehrfach eingetreten.

Veranschlagte Kosten 1995: 2,4 Milliarden Euro

Los ging es im Jahr 1995 mit einer Machbarkeitsstudie zu Stuttgart 21. Als Projektkosten wurden damals 4,8 Milliarden D-Mark, also rund 2,4 Milliarden Euro errechnet.

Vier Jahre später, im Jahr 1999, wurde die Wirtschaftlichkeit dann auf Drängen des damaligen Bahnchefs Johannes Ludewig noch einmal aktualisiert, und das war der Beginn der Kostensteigerungen. Zunächst waren es nur 300 Millionen mehr, also rund 2,7 Milliarden.

Aber das war natürlich nur der Anfang: 2001 gab es noch einmal eine Steigerung um 300 Millionen, und 2006 bei einer erneuten Wirtschaftlichkeitsuntersuchung war dann Gesamtkosten von 2,8 Milliarden plus einem Risikozuschlag von einer weiteren Milliarde die Rede.

Wobei das alles nur die offiziellen Zahlen sind. Der "stern" etwa berichtete von internen Bahn-Dokumenten, dass der Konzern schon im Jahr 2002 von Kosten von rund vier Milliarden ausging. Und dennoch behauptete der 2008 für Stuttgart 21 zuständige CDU-Innenminister Heribert Rech damals:

"Ich kenne kein Großprojekt in dieser Dimension in Deutschland , wenn nicht in Europa, das so solide durchgerechnet ist wie dieses Projekt."

Solche Töne gehörten damals dazu. Politiker, die das Projekt unterstützten, verkündeten im Brustton der Überzeugung, dass die Kalkulationen der Bahn stimmten. 2004 zum Beispiel schloss der damalige Verkehrsminister Stefan Mappus eine Kostenexplosion – wie er sagte – zu 99 Prozent aus.

Mittlerweile hat sich allerdings herausgestellt, dass die Politik zumindest wissen konnte, dass die Kostenexplosion kommt. Nach dem Einzug der Grünen im Verkehrsministerium nach der Landtagswahl 2011 machte sich Hartmut Bäumler, der neue Amtschef in dem Haus, auf die Suche nach Akten über Stuttgart 21, und er stellte fest, dass die Experten längst vor der Kostenexplosion gewarnt hatten:

"Die Zahlen, die ich hier vorgefunden habe, die aber nicht öffentlich wurden, weisen ja in einigen Fällen aus, dass die Experten gesagt haben, die Risiken sind höher, wir müssen hier mehr einstellen."

Der "Spiegel" berichtete darüber hinaus, dass in der Landesregierung bereits 2009 die Kalkulation der Bahn gegengerechnet worden sei. Mit dem Ergebnis, dass das Projekt im günstigsten Fall 4,9 Milliarden, im ungünstigen Fall aber auch 6,5 Milliarde kosten könne. Allerdings seien diese Zahlen, wie das Magazin mit einem Dokument belegt, auf Wunsch des damalige Ministerpräsident Günter Oettinger in der Schublade verschwunden.

Offiziell sollte Stuttgart 21 im März 2009: 3,076 Milliarden kosten.

Im Dezember des gleichen Jahres legte die Bahn dann eine sogenannte aktualisierte Kostenschätzung vor und das Ergebnis: Stuttgart 21 sollte, sieben Monate später, rund eine Milliarde mehr, nämlich 4,088 Milliarden kosten. Damals verkündet von Bahnchef Rüdiger Grube:

"Damit, meine Damen und Herren, kann ich Ihnen bestätigen, dass das Projekt teurer wird und zwar ungefähr um eine Milliarde im Vergleich zu dem was bislang in der Öffentlichkeit bekannt war, auch zu dem, was wir wussten."

Da die Partner schon bei der Finanzierungsvereinbarung im März einen sogenannten Risikovorsorgebetrag von 1,45 Milliarden für mögliche Preissteigerungen verabredet hatten, hieß es, der Kostendeckel werde halten und der Protest hielt sich in Grenzen.

Steigerung auf 4,5 Milliarden Euro

Und von nun an hielt die Bahn eisern an dem Gesamtbetrag von 4,526 Milliarden fest, dem sogenannten Kostendeckel. Bei der Schlichtung 2010, bei der Landtagswahl 2011, bei der Volksabstimmung im Dezember 2011.

Die Volksabstimmung ging zugunsten von Stuttgart 21 aus, aber im Nachhinein berichtete Bahnvorstand Volker Kefer, dass es bahnintern schon damals erste Zweifel gab:

"Im Bereich der Volksabstimmung hatten wir erste Indikationen, das an der einen oder anderen Stelle in dem Vergabeverfahren Budgetwerte nicht gehalten werden konnten."

Aber die Öffentlichkeit wurde damals nicht informiert, es hätte ja das Ergebnis der Volksabstimmung beeinflussen können, das kam erst ein Jahr später, im Dezember 2013. In gewundenen Sätzen erklärte Kefer nun, dass der Kostendeckel nicht nur nicht zu halten ist, sondern dass es auf zwei Milliarden mehr hinauslaufe:

"Wenn man sich die Prognosen anschaut, dann reden wir von Kosten- bzw. Kalkulationsabweichungen von 1,1 Milliarden und von 1,2 Milliarden Risiken und das war für uns der Grund, zu diesem Zeitpunkt uns an die Projektpartner zu wenden, bzw. an die Öffentlichkeit zu gehen …"

Für Kefer ist es also ein Akt der Transparenz, wenn er die nun von einem Wirtschaftsprüfer belegten Mehrkosten auf den Tisch legt. Was die Bahnhofsgegner hingegen davon halten, wenn die Kosten erst dann auf den Tisch kommen wenn es gar nicht mehr anders geht, klingt ganz anders.

"Ich halte das Geschäftsgebaren für unseriös."
"Des isch von Anfang an geloge worde, jetzt tun sie so, als ob sie neue Fakten entdeckt hätten, obwohl sie des von Anfang an gewusst hend."

Am Ende gibt es zwei Erklärungen dafür, dass die Bahn mit ihren Prognosen regelmäßig falsch lag und die politischen Befürworter Stein und Bein schwuren, dass die Prognosen dennoch stimmen.

Erklärung eins ist, dass die Bahn ihre Projekte zu Beginn nicht gründlich genug plant, und dann selbst von den Kostensteigerungen überrascht wird. Und die Politiker ebenso.

Die zweite Erklärung: Zu Beginn werden die Kosten absichtlich klein gerechnet, um den Weg für eine positive Entscheidung zu ebnen. Und wenn die da ist, werden die Kosten allmählich etwas realistischer gerechnet, damit es am Ende kein allzu böses Erwachen gibt, wie jetzt beim Berliner Flughafen der Fall.

Einiges spricht in diesem Fall für Erklärung Nummer zwei, meint auch Hartmut Bäumler aus dem grün geführten Verkehrsministerium.

"Ich glaube nicht, dass man sagen kann: Es wird hier nur mit den Zahlen jongliert, aber ich glaube schon, dass immer mit einem Auge drauf geschaut wurde: Was ist politisch vertretbar und vermittelbar? Und wenn sich dann eben neue Risiken zeigten, die bedeuten würden, das man diesen Rahmen überschritten hat, dann wurden die erst mal ausgeblendet."

Die Stuttgarter nehmen es ist mittlerweile scheinbar hin. Ob Bahnhofsgegner auf der Montagsdemo.

"Naja , man fühlt sich bestätigt, aber auch machtlos. Ne gewisse Resignation: ja, trotzdem stehe wir heute hier."
"Ich denke, das ist alles politisch gewollt. Man wollte zuerst dem Volk sagen, das kostet nur drei oder viereinhalb Milliarden. Die Bahn wusste aber, dass das viel mehr kosten wird. Das Volk wird wie immer dumm gehalten."

Geisterfahrt im Kölner Tunnel
Von Frank Überall

Der Kölner U-Bahn-Bau versenkte so einiges. Zum Beispiel Erwartungen. Ein Archiv der Erinnerung, dem er sehr nahe kam, das Gedächtnis der Stadt stürzte gar zusammen. Und der Kölner U-Bahn-Bau beförderte manches zutage, beispielsweise Demut beim Bürger. Der Kölner U-Bahn-Bau ist eine von mehreren nicht ganz so gut laufenden Baustellen dadort. Noch ist unklar, was eher fertig wird : Stuttgart21 oder der Großflughafen Berlin-Brandenburg oder besagte Kölner Nord-Süd-Stadtbahn. Frank Überall konnte jedenfalls noch kein Licht am Ende Tunnels erblicken.

Es geht um 6,6 Kilometer U-Bahnstrecke. Beginnend am Kölner Dom, soll sie endlich die südlichen Stadtteile an die Innenstadt anbinden. Als es in den 80er Jahren erste politische Diskussionen darüber gab, wurden die Kosten noch auf umgerechnet eine halbe Milliarde Euro geschätzt. Mit der Zeit wechselten die Verantwortlichen, und stetig stiegen auch die Ausgaben für eines der bundesweit größten Verkehrsprojekte. Schon bei Baubeginn war alles ein bisschen teurer als ursprünglich geplant. Und der Trend sollte sich fortsetzen. Dass im Jahr 2009 das Historische Archiv der Stadt Köln durch die Bauarbeiten für die neue Nord-Süd-U-Bahn eingestürzt ist, verursacht natürlich hohe Zusatzkosten. Das aber ist bei weitem nicht das größte finanzielle Problem bei dem Großprojekt, veranschaulicht Jürgen Fenske, Vorstands-Chef der Kölner Verkehrs-Betriebe:

"Wir sind gestartet, damals, bei 630 Millionen Euro. Das ist dann die Zahl gewesen, mit der beantragt worden ist. 630 Millionen Euro. Dann kamen die Faktoren hinzu, von denen ich eingangs berichtete, und haben vor dem Einsturz, bezogen – das ist aber das Wesentliche auch – die erste Baustufe, bei 954 Millionen Euro gelegen. Das ist also 950 Millionen Euro – also eine Differenz 630 gestartet, und dann 950 Millionen Euro für die erste Baustufe kalkuliert. Heute sind wir in unserer Hochrechnung bei eine Milliarde, 60 Millionen Euro."

Im Sommer 2006 wurde mit dem Bau begonnen, da war Jürgen Fenske bei den Kölner Verkehrs-Betrieben noch längst nicht im Amt. Drei gigantische Bohrmaschinen wurden damals stolz der Öffentlichkeit präsentiert – benannt nach einem Stimmungslied der Kölner Karnevalsband "De Höhner". Die hatten über dicke Frauen gesungen, die angeblich häufig Tosca, Rosa und Carmen heißen. Die Verantwortlichen der Kölner Verkehrs-Betriebe gefielen sich darin, ihre dicken Bohrer mit genau diesen Bezeichnungen vorzustellen. Unter der Erde bohrten sich Tosca, Rosa und Carmen durch die Kölner City, was mit vielen technischen Problemen einherging. Problemen, die immer höhere Kosten verursachten, erinnert sich Jürgen Fenske.

"Man muss sich fragen, wie am Anfang kalkuliert wird, und was gibt das Haushaltsrecht und das Förderrecht eigentlich her? Und werden da nicht schon die Grundlagen dafür gelegt, dass anschließend wir alle gemeinsam – Bauherr, Kölner Verkehrs-Betriebe, Politik, Rathaus, Oberbürgermeister – verdutzt feststellt, das kann ja wohl nicht wahr sein!"

Eine U-Bahn baut man nicht von heute auf morgenn

Die Gründe dafür sind vielfältig: Eine U-Bahn baut man nicht von heute auf morgen. Jahrzehnte vergehen von der ersten Planung bis zur Fertigstellung. In der Zwischenzeit steigen die Preise für Rohstoffe, Arbeitsstunden oder Versicherungen. Alleine die Zeit zwischen der Ausschreibung eines solchen Projekts bis zur Vergabe verschlingt oft mehrere Jahre – in der Zwischenzeit trägt alleine schon die Inflation dazu bei, dass die Kosten weiter in die Höhe klettern. Vorschriften, zum Beispiel beim Brandschutz, ändern sich und erfordern teurere Planungen. Und unerwartete technische Probleme kommen dann noch hinzu, erläutert Fenske:

"Ich will jetzt nicht so etwas verniedlichend den Bergmannsspruch zitieren, tu`s aber trotzdem: Vor der Hacke ist es dunkel. Alle Tiefbauvorhaben zeigen, dass es immer einen Unsicherheitsfaktor gibt, bei allen Baugrund-Untersuchungen, wenn man dann unten ist und bohrt, dann stellt sich auch eben schon mal heraus, dass es etwas anders sein kann."

Unsicherheitsfaktoren gab es beim Bau der Kölner Nord-Süd-U-Bahn reichlich. Niemand konnte sich erklären, warum sich um Jahr 2004 ein Kirchturm im Severinsviertel neigte. Offenbar gab es Schwierigkeiten mit dem Boden, der sich als nicht so stabil erwies wie vorausgesagt. Später gab es auch Schäden an einer anderen Kirche, am Kölner Rathaus und an unzähligen privaten Wohngebäuden. Immer wieder klopften die beauftragten Bau-Unternehmen bei den Kölner Verkehrs-Betrieben an, um so genannte Nachträge einzufordern. Also Kosten, die unerwartet auftauchen und vorher nicht kalkuliert worden waren. Karsten Möring, stellvertretender Vorsitzender des Verkehrsausschusses im Kölner Stadtrat:

"Alles, was Sie nicht im Erstauftrag beauftragen, sondern durch Nachträge machen müssen, das kostet erheblich mehr Geld. Denn die Nachträge werden nicht im Wettbewerb vergeben."

Der ehrenamtliche Kommunalpolitiker hat sich offenbar damit abgefunden, dass Großprojekte immer deutlich teurer werden – zumindest wenn die öffentliche Hand baut und die Steuerzahler dafür aufkommen müssen. Da gebe es dann durchaus Parallelen mit privaten Bauvorhaben, meint Karsten Möring:

"Wenn Sie mal einen Hausbauer fragen, selbst wenn er sich das vorher sehr gründlich überlegt, dann gibt es immer noch die Situation, dass er mit seiner Frau die Rohbaustelle besichtigt und sagt: Ach, ich habe mir das anders vorgestellt, das müssen wir vielleicht doch besser so machen, oder wenn wir das so machen, dann hätten wir noch den Vorteil … So ist das im öffentlichen Bauen auch. Nur weil man da nicht eigene Sachen baut, ist es vielleicht sogar noch ein bisschen mehr."

Karsten Möring kann wie seine Kolleginnen und Kollegen im Kölner Stadtrat kaum noch nachvollziehen, was die Kosten für die neue U-Bahn ständig in die Höhe treibt. Man ist auf die Papiere und Begründungen angewiesen, die man von den Verkehrsbetrieben und von der Stadtverwaltung vorgelegt bekommt. Die Kommunikation zwischen Volksvertretern und Mitarbeitern der Verwaltung ist offenbar zuweilen etwas anstrengend, weiß Möring:

"Ehrenamtliche Politiker sind darauf angewiesen, dass ihnen die Fachleute in der Verwaltung exakte und gut vorbereitete Vorlagen machen. Ehrenamtliche Politiker sollen ja sozusagen als Repräsentanten der Bevölkerung sagen: Ja, das machen wir. Die Frage, ob etwas geht oder ob etwas nicht geht, kann man mit gesundem Menschenverstand beurteilen. Aber dafür braucht man im Detail dann eben auch Fachleute, die einem sagen, wo einzelne Probleme liegen."

Offenbar wurde bei den Planungen für den Bau der neuen Kölner U-Bahn bewusst nicht mit den richtigen Zahlen operiert: Der Vorstands-Chef der Verkehrsbetriebe und der Kommunalpolitiker erklären heute einmütig, dass immer klar war, dass die ersten Kostenberechnungen deutlich übertroffen würden. Das liege daran, dass man bei Landes- und Bundesregierung frühzeitig finanzielle Zuschüsse für ein solches Projekts beantragen müsse. Dabei seien Material und Dienstleistungen nach dem aktuellen Preis einzurechnen – auch wenn man genau weiß, dass erst Jahre später gebaut wird und die Kosten bis dahin deutlich ansteigen werden. Karsten Möring hat als ehrenamtlicher Politiker Schwierigkeiten, diese Rahmenbedingungen des Planungs- und Haushaltsrechts gegenüber Bürgern zu erklären:

"Das ärgert mich insoweit, dass man in der Regel dann von falschen Vorstellungen ausgeht. Ein Kollege von mir pflegt zu sagen, im öffentlichen Bau muss man grundsätzlich die doppelte Summe annehmen, die zunächst mal genannt wird. Das ist ein bisschen übertrieben, aber es ist auch nicht ganz falsch. Denn wenn man von den Kosten zu einem bestimmten Zeitpunkt ausgeht und genau weiß, aufgrund der Dauer, kann es nicht bei diesen Preisen bleiben, dann kommt es darauf an zu sagen, in welcher Preisspanne bewegen wir uns denn? Und das geschieht in der Diskussion in der Regel nicht."

Das irritiert auch Jürgen Fenske, der für den Bau der Kölner U-Bahn heute zuständig ist. Gleichzeitig ist er auch Vorsitzender des bundesweiten Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen. In dieser Funktion setzt er Hoffnungen auf eine Kommission, die Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer nun zur Kostensteigerung bei Großprojekten der öffentlichen Hand eingerichtet hat – auch damit der Preis von Bauvorhaben in Köln künftig realistischer eingeschätzt werden kann:

"Wir brauchen hier dringend mehr Ehrlichkeit. Deswegen halte ich den Aufschlag von Ramsauer für gut. Dann muss sich aber eben auch konsequenterweise Haushalts- und Zuwendungsrecht ändern. So lange das nicht der Fall ist, sollte man auch der Ehrlichkeit halber in der Öffentlichkeit, gegenüber Bürgerinnen und Bürgern, aber auch gegenüber dem Entscheidungsträger sagen: Da gibt es immer noch einen Unsicherheitsfaktor X, den ich heute abschließend nicht beantworten kann."
Modell von Stuttgart 21
So soll der Bahnhof einmal aussehen: Stuttgart 21© picture alliance / dpa / Patrick Seeger
Eine Baustelle der Kölner U-Bahn in der Innenstadt
Es wird gebaut und gebaut - Endlosprojekt Kölner U-Bahn© AP
Blick auf das Firmenlogo der Baufirma Bilfinger Berger an der U-Bahn-Baustelle der Kölner Verkehrsbetriebe (KVB) am Heumarkt in Köln.
U-Bahn-Baustelle der Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB) am Heumarkt in Köln© AP