Geisterjäger John Sinclair mit prominenten Stimmen

Seit fast 40 Jahren sorgt Geisterjäger John Sinclair für Gänsehaut bei seinen Lesern. In der Vertonung des allerersten John-Sinclair-Taschenbuchs "Angst über London" sind einige Musiker für Gastrollen verpflichtet worden: Marianne Rosenberg, Tocotronic-Sänger Dirk von Lowtzow und Xavier Naidoo.
"Oh, Scheiße. Verdammte Scheiße... Ich hatte Mühe, mich zurechtzufinden. Der Alptraum hatte sich so echt angefühlt. Verdammt echt..."

Fantasy-Fiktion als Blockbuster-Kino für die Ohren. Seit 1973 katapultiert der Autor Helmut Rellergerd - besser bekannt als Jason Dark - seine Heldenfigur John Sinclair in alptraumhafte Abenteuer. Anfangs nur in Groschenromanen, später auch in Hörspielen. Mit "Angst über London" gibt es jetzt eine Hörspielversion des allerersten, 1981 erschienenen, John-Sinclair-Taschenbuchs:

"Es scheint, als wurde die Stadt buchstäblich im Schlaf überrascht. Ein terroristischer Akt. Noch gibt es keine näheren Einzelheiten..."

Als Oberinspektor von Scotland Yard agiert John Sinclair in bisher gut 1700 Storys in einer apokalyptischen Welt. Dämonen, Hexen, Vampire, Zombies. Ein Superheld im ewigen Kampf: Gut gegen Böse:

"Lebende Leichen. Unfallopfer aus der Notaufnahme, andere aus der Leichenhalle. So lange tot, dass der Gestank bis zu mir herüber wehte. Die Kugeln aus der MP verpufften in ihren Körpern wie in altem Leinen, drängten sie nur kurzzeitig zurück. Sofort schob sich ein anderer blasser Leichnam an seine Stelle. Ich zuckte die Baretta, die Suko mir gegeben hatte. Ladehemmung - ich hatte es geahnt. Verdammt! Morris, her mit der Baretta. Er warf mir die Waffe zu. Ich spürte das kalte, vertraute Metall in meiner Hand. Ich verschaffte uns Luft zum Rückzug."

Retro-Boom, Nostalgie-Welle, verklärende Kindheitserinnerungen: Es gibt viele Gründe, warum die John-Sinclair-Geschichten in den letzten Jahren Kultstatus erreicht haben. Die Fan-Gemeinde dieser schaurig-schönen Heldengeschichten ist groß. Darunter auch viele Musiker. Einer von ihnen: Xavier Naidoo. Etwas ungelenk hat er - neben anderen Prominenten - in "Angst über London" eine Rolle übernommen. Die eines todgeweihten Finanzhais:

"Entschuldigung! Wie weit ist es noch bis Liverpool Street?"
"Nicht mehr lange."
"Tja, Bruce Carnegie, Finanzhai. Das sage ich immer, wenn meine Schwiegermutter mich fragt, was ich beruflich mache..."

Auf einer zweiten CD ist diesem Hörspiel ein Musik-Album beigelegt: "Dark Symphonies" - 20 Lieder von 20 verschiedenen Musikern und Bands. Von Haudegen über Marianne Rosenberg bis zu Deichkind. Viele Lieder sind musikalische B-Movies, Grusel-Phantasien im Pop-Format, voller märchenhafter Szenerien und verträumter Schattenreiche:

Tocotronic:
"Du strahlst heller als der hellste Stern
Du strahlst heller als das hellste Licht
Das böse Buch wird noch gesucht
Wir lesen es gern."

Auch Dirk von Lowtzow, der Sänger von Tocotronic, und Andreas Dorau haben im Hörspiel "Angst über London" ihren Gastauftritt - als gequält stöhnende Untote:

"Stinkt der!"
"Los, schießen sie."
"Damit wir die anderen auch noch anlocken? Nein. Ich habe da etwas besseres. Na, komm. Bei Fuß. So ist es brav."

Helden-Pathos als akustisches Breitwand-Hörkino. Doch kein Pop-Song auf der dem Hörspiel beigelegten Musik-CD reicht an die Action-Dramaturgie von "Angst über London" heran. Hier sollen sich zwei Welten ergänzen: Düstere Popmusik und gruselige Popliteratur. Ein Gänsehaut-Bonus im doppelten Sinn: Mal erschreckend banal, mal bombastisch ernüchternd:

"Das beschissene an einem Albtraum ist: Man weiß nie hundertprozentig, ob es einer ist. Irgendwann konnte ich wieder gehen. Zwischen der Tür und mir tanzten Schatten."

Besprochen von Andi Hörmann

Jason Dark: "John Sinclair - Angst über London & Dark Symphonies"
Lübbe Audio, Köln 2012
2 CDs, 12,99 Euro