Geld zurück!
Untreue wird dem früheren Vorstand der HSH Nordbank vorgeworfen - sechs Angeklagte müssen sich verantworten. In Wien steht eine andere Landesbank vor Gericht: Die BayernLB hat mit dem Ankauf der Bank Hypo Alpe Adria Millionen Euro verschleudert und pocht auf Schadensersatz.
Es gab mal große Pläne für die HSH-Nordbank, die Landesbank Schleswig-Holsteins und Hamburgs. Das Institut sollte an die Börse – das war das Ziel der Anteilseigner – und Gewinne in die Staatskassen spülen. Stattdessen musste die Bank mit Milliardenbeträgen vor der Pleite gerettet werden. Heute, im fünften Jahr nach dem Beginn der Finanzkrise, startet nun der Prozess gegen die gesamte ehemalige Vorstandsetage der Bank. Der Vorwurf lautet auf Bilanzfälschung und Untreue. Sechs Männer müssen sich ab Mittwoch vor dem Hamburger Landgericht verantworten. Der Prozess fällt in die politische Sommerpause der Hansestadt und könnte höhere Wellen schlagen als gedacht.
Nur ein paar hundert Meter vom Gericht entfernt hat Gerhart Strate seine Kanzlei. Vor vier Jahren hatte der Rechtsanwalt mit seiner Strafanzeige den Prozess ins Rollen gebracht:
"Ich bin seinerzeit angesprochen worden von Aram Ockert. Das ist ein Urgestein der Hamburger Grünen. Ein aufrechter Kämpfer für Recht und Gerechtigkeit. Der hatte mich gefragt: ‚Herr Strate, haben Sie nicht Lust, eine Strafanzeige zu stellen? Das ist doch so unglaublich, was da passiert!‘"
Strate, bundesweit und über die Landesgrenzen hinaus bekannt für die Übernahme schwieriger bis aussichtsloser Mandate, wurde hellhörig. Immerhin hatte er damals gerade einen Wirtschaftsprozess geführt. Im Fokus stand dabei die kleine Volksbank Lauenburg. Und es ging im Vergleich zur HSH-Nordbank um Kleckerbeträge:
"Für mich war einfach die Frage: Wieso soll das, was dort für meinen Mandanten galt, nicht auch für die Mitglieder des Vorstands der HSH-Nordbank gelten? Zumal durch die Mitglieder dieses Vorstandes ganz andere Werte vernichtet worden sind. Man kann es sicherlich nicht im Einzelnen in Zahlen bemessen, aber es dürften schon Milliardenschäden sein, die insgesamt durch die spekulative Anlagepolitik der HSH-Nordbank verschwunden sind. Sie sind allerdings nicht gänzlich weg. Sie sind natürlich in andere Taschen geflossen."
Gerhard Strate arbeitete sich in die Materie ein, holte sich Rat, wälzte Bankvorschriften und verfasste am Ende zwölf Schriftsätze. Auffällig waren vor allem die Zahlungen der Bank an die US-Bank Goldman & Sachs in Höhe von 45 Millionen Dollar. Denn eine Verpflichtung für die Millionenüberweisung bestand offenbar nicht. Die Hamburger Staatsanwaltschaft prüfte die Vorwürfe und startete eigene Ermittlungen. Gleichzeitig untersuchen die Journalisten des Norddeutschen Rundfunks die ersten Ungereimtheiten bei den HSH-Geschäften:
"Wir haben im April 2009 damit angefangen zu recherchieren zur HSH-Nordbank. Und wie es dann so ist: dann kommt man eben auch an Leute, die tatsächlich etwas liefern können. An Informanden, die Dokumente haben und die dann tatsächlich auf die Stellen gedeutet haben, wo es wehtat."
Zum Beispiel auf die völlig unnötige 45-Millionen-Dollar-Zahlung an Goldman & Sachs ...
"... wo die Bank einen zweistelligen Millionenbetrag an Goldman gezahlt hat, obwohl sie rechtlich dazu nicht verpflichtet war. Nur, um ihren Ruf zu schützen auf dem Kapitalmarkt und nicht als möglicherweise vor der Insolvenz stehend wahrgenommen zu werden. Das war natürlich schon ein Skandal für sich: dass eine Bank Geld zahlt ohne es zahlen zu müssen! Das war die erste größere Geschichte."
Geführt wird die Bank zu diesem Zeitpunkt schon von Prof. Dirk Jens Nonnenmacher. Der Manager und Mathematiker löste Ende 2008 als Vorstandsvorsitzender Hans Berger ab. Nonnenmacher soll die Bank wieder auf Kurs bringen, die nach eigener Darstellung schon damals rund 200 Millionen Euro Verluste machte. Der Grund: ihr Engagement auf dem kriselnden US-Immobilienmarkt. Schon ein halbes Jahr später, im April 2009 müssen die Hauptanteilseigner Hamburg und Schleswig-Holstein drei Milliarden Euro zur Verfügung stellen, um die Bank zu stützen. Für zehn Milliarden übernehmen sie Garantien.
Die Bank beginnt den Kampf gegen ihre Kritiker, erstattet Anzeige gegen Rechtsanwalt Gerhard Strate. Nur Wochen später setzen die beiden Nordländer jeweils eigene Parlamentarische Untersuchungsausschüsse ein, um die Geschäfte ihrer Landesbank zu durchleuchten. Aber es ist wieder das NDR-Reporterteam um Peter Hornung und Jürgen Webermann, das den so genannten Omega-Deal ans Licht bringt. Das Geschäft, um das es ab Mittwoch vor dem Hamburger Landgericht gehen wird:
"Dann ging es tatsächlich schon um Omega. Um Omega 55, ein Kreislaufgeschäft. Mit einem Volumen von 2,4 Milliarden Euro. Wo die Bank eben versucht hat, ihre Bilanz zu entlasten. Aber nur scheinbar zu entlasten, weil die Risiken, die man loswurde – wo man zumindest behauptete, dass man sie aus der Bilanz heraus gebracht hatte – durchs Hintertürchen wieder reinbrachte."
Die Hamburger Staatsanwälte werfen den sechs Vorstandsmitgliedern, die Omega 55 beschlossen, Bilanzfälschung und Untreue vor. Denn das Geschäft, so der Vorwurf wurde nur zum Teil der Aufsichtsbehörde, der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, kurz: Bafin, gemeldet. Partner der HSH war bei Omega 55 die französische Großbank BNP Paribas.
Der Vertrag hatte zwei Teile: einen A- und einen B-Teil. Beim Teil A kaufte die BNP Paribas der Nordbank Risiken aus Immobiliengeschäften ab. Die Bilanz der HSH sah danach besser aus:
"Nun gab es aber auch noch einen B-Teil. Sozusagen ein Zusatzprotokoll, das absolut vertraulich war. Und in diesem B-Teil nahm die HSH-Nordbank die Risiken in gleicher Höhe von der BNP Paribas wieder zurück. Und darüber hinaus ein Portfolio an toxischen Wertpapieren, das ihr im Prinzip am Ende auch das Genick gebrochen hat. Das nämlich in der Finanzkrise kräftig an Wert verloren hat. Und der B-Teil – das ist in Dokumenten gut belegt – wurde absichtlich von der HSH der Bafin verschwiegen."
Auf diese Weise, so der Vorwurf, sollte die tatsächliche Situation der HSH Nordbank verschleiert werden.
Im Oktober 2009 deckten die NDR-Rechercheure den Omega 55-Deal auf. Die Führungsspitze um Dirk Jens Nonnenmacher tauchte ab, Interviewanfragen blieben unbeantwortet, man gab sich ahnungslos. Das einzige öffentliche Statement dazu lieferte Nonnenmacher in einer improvisierten Pressekonferenz, in der es eigentlich um zwei neu besetzte Vorstandsposten gehen sollte. Die anwesenden Journalisten fragten trotzdem nach Omega 55, wollten Auskunft. Der hagere, blasse Nonnenmacher hatte dafür nur ein gequältes Lächeln übrig:
"Ich glaube, das Ziel ist nicht, hier eine Pressekonferenz zu geben, sondern wir sollten die Vergangenheit auch mal die Vergangenheit sein lassen und den Blick nach vorne schauen. Wir haben hier jetzt zwei neue Kollegen und wir werden jetzt deutlich mehr Schwung in die Restrukturierung der Bank und ihre strategische Neuausrichtung bekommen. Und das soll es von meiner Seite heute gewesen sein."
Nonnenmacher selbst betonte, gar nicht begriffen zu haben, worum genau es bei Omega 55 eigentlich ging. Er hätte damals zusammen mit seinen Vorstandskollegen nur beschlossen und verkündet, was andere ausgearbeitet hätten.
"Ich halte das für eine Schutzbehauptung. Weil sich Herr Nonnenmacher in dem Punkt dümmer darstellt als er tatsächlich ist. Er hat im Risikoausschuss des Aufsichtsrates im April 2008 das Geschäft vorgestellt, hat aber wichtige Details des Geschäfts verschweigen, so dass die Aufsichtsratsmitglieder gar nicht erfassen konnten, was da tatsächlich passiert. Er muss zu diesem Zeitpunkt schon längst gewusst haben, wie dieses Geschäft tatsächlich läuft. Er war Spezialist. Er war der Meister der Zahlen!"
Und dieser Meister, der Bankchef selbst, wusste von nichts. Nonnenmacher wusste auch nichts von der Bespitzelung von Vorstandskollegen durch dubiose Sicherheitsfirmen, die ebenfalls ans Licht kamen. Was er und die anderen Vorstände tatsächlich zu verantworten haben, soll im Prozess geklärt werden. Angesetzt sind bisher 40 Verhandlungstage. Ob am Ende – mit einer Verurteilung der sechs Bankmanager – Justizgeschichte geschrieben wird, ist offen. Der Hamburger Rechtsanwalt Gerhard Strate wagt eine Prognose:
"Ich nehme schon an, dass hier eine Verurteilung herauskommt. Ich gehe allerdings nicht davon aus, dass es hier zu hohen Freiheitsstrafen kommen wird. Ganz einfach, weil es ein Prozess ist, mit dem Neuland betreten wird. Es sind bislang noch nie Banker für ihr Fehlverhalten vor und während der Finanzkrise belangt worden."
Und natürlich standen alle Angeklagten unter hohem Druck: Die Politik wollte den Börsengang, brauchte die bestmöglichen Geschäftszahlen. Wie der Druck ausgeübt wurde, auch das könnte der Prozess aufklären. Wenn die politisch Verantwortlichen der Krisenjahre als Zeugen vernommen werden. Es wird ein spannender Prozess, in dem viele alte Rechnungen beglichen werden könnten. Ein Prozess, der ein Schlaglicht wirft auf die Abhängigkeiten zwischen der Landespolitik und Landesbanken. Nur die versenkten Milliarden wird er nicht zurückbringen.
Nur ein paar hundert Meter vom Gericht entfernt hat Gerhart Strate seine Kanzlei. Vor vier Jahren hatte der Rechtsanwalt mit seiner Strafanzeige den Prozess ins Rollen gebracht:
"Ich bin seinerzeit angesprochen worden von Aram Ockert. Das ist ein Urgestein der Hamburger Grünen. Ein aufrechter Kämpfer für Recht und Gerechtigkeit. Der hatte mich gefragt: ‚Herr Strate, haben Sie nicht Lust, eine Strafanzeige zu stellen? Das ist doch so unglaublich, was da passiert!‘"
Strate, bundesweit und über die Landesgrenzen hinaus bekannt für die Übernahme schwieriger bis aussichtsloser Mandate, wurde hellhörig. Immerhin hatte er damals gerade einen Wirtschaftsprozess geführt. Im Fokus stand dabei die kleine Volksbank Lauenburg. Und es ging im Vergleich zur HSH-Nordbank um Kleckerbeträge:
"Für mich war einfach die Frage: Wieso soll das, was dort für meinen Mandanten galt, nicht auch für die Mitglieder des Vorstands der HSH-Nordbank gelten? Zumal durch die Mitglieder dieses Vorstandes ganz andere Werte vernichtet worden sind. Man kann es sicherlich nicht im Einzelnen in Zahlen bemessen, aber es dürften schon Milliardenschäden sein, die insgesamt durch die spekulative Anlagepolitik der HSH-Nordbank verschwunden sind. Sie sind allerdings nicht gänzlich weg. Sie sind natürlich in andere Taschen geflossen."
Gerhard Strate arbeitete sich in die Materie ein, holte sich Rat, wälzte Bankvorschriften und verfasste am Ende zwölf Schriftsätze. Auffällig waren vor allem die Zahlungen der Bank an die US-Bank Goldman & Sachs in Höhe von 45 Millionen Dollar. Denn eine Verpflichtung für die Millionenüberweisung bestand offenbar nicht. Die Hamburger Staatsanwaltschaft prüfte die Vorwürfe und startete eigene Ermittlungen. Gleichzeitig untersuchen die Journalisten des Norddeutschen Rundfunks die ersten Ungereimtheiten bei den HSH-Geschäften:
"Wir haben im April 2009 damit angefangen zu recherchieren zur HSH-Nordbank. Und wie es dann so ist: dann kommt man eben auch an Leute, die tatsächlich etwas liefern können. An Informanden, die Dokumente haben und die dann tatsächlich auf die Stellen gedeutet haben, wo es wehtat."
Zum Beispiel auf die völlig unnötige 45-Millionen-Dollar-Zahlung an Goldman & Sachs ...
"... wo die Bank einen zweistelligen Millionenbetrag an Goldman gezahlt hat, obwohl sie rechtlich dazu nicht verpflichtet war. Nur, um ihren Ruf zu schützen auf dem Kapitalmarkt und nicht als möglicherweise vor der Insolvenz stehend wahrgenommen zu werden. Das war natürlich schon ein Skandal für sich: dass eine Bank Geld zahlt ohne es zahlen zu müssen! Das war die erste größere Geschichte."
Geführt wird die Bank zu diesem Zeitpunkt schon von Prof. Dirk Jens Nonnenmacher. Der Manager und Mathematiker löste Ende 2008 als Vorstandsvorsitzender Hans Berger ab. Nonnenmacher soll die Bank wieder auf Kurs bringen, die nach eigener Darstellung schon damals rund 200 Millionen Euro Verluste machte. Der Grund: ihr Engagement auf dem kriselnden US-Immobilienmarkt. Schon ein halbes Jahr später, im April 2009 müssen die Hauptanteilseigner Hamburg und Schleswig-Holstein drei Milliarden Euro zur Verfügung stellen, um die Bank zu stützen. Für zehn Milliarden übernehmen sie Garantien.
Die Bank beginnt den Kampf gegen ihre Kritiker, erstattet Anzeige gegen Rechtsanwalt Gerhard Strate. Nur Wochen später setzen die beiden Nordländer jeweils eigene Parlamentarische Untersuchungsausschüsse ein, um die Geschäfte ihrer Landesbank zu durchleuchten. Aber es ist wieder das NDR-Reporterteam um Peter Hornung und Jürgen Webermann, das den so genannten Omega-Deal ans Licht bringt. Das Geschäft, um das es ab Mittwoch vor dem Hamburger Landgericht gehen wird:
"Dann ging es tatsächlich schon um Omega. Um Omega 55, ein Kreislaufgeschäft. Mit einem Volumen von 2,4 Milliarden Euro. Wo die Bank eben versucht hat, ihre Bilanz zu entlasten. Aber nur scheinbar zu entlasten, weil die Risiken, die man loswurde – wo man zumindest behauptete, dass man sie aus der Bilanz heraus gebracht hatte – durchs Hintertürchen wieder reinbrachte."
Die Hamburger Staatsanwälte werfen den sechs Vorstandsmitgliedern, die Omega 55 beschlossen, Bilanzfälschung und Untreue vor. Denn das Geschäft, so der Vorwurf wurde nur zum Teil der Aufsichtsbehörde, der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, kurz: Bafin, gemeldet. Partner der HSH war bei Omega 55 die französische Großbank BNP Paribas.
Der Vertrag hatte zwei Teile: einen A- und einen B-Teil. Beim Teil A kaufte die BNP Paribas der Nordbank Risiken aus Immobiliengeschäften ab. Die Bilanz der HSH sah danach besser aus:
"Nun gab es aber auch noch einen B-Teil. Sozusagen ein Zusatzprotokoll, das absolut vertraulich war. Und in diesem B-Teil nahm die HSH-Nordbank die Risiken in gleicher Höhe von der BNP Paribas wieder zurück. Und darüber hinaus ein Portfolio an toxischen Wertpapieren, das ihr im Prinzip am Ende auch das Genick gebrochen hat. Das nämlich in der Finanzkrise kräftig an Wert verloren hat. Und der B-Teil – das ist in Dokumenten gut belegt – wurde absichtlich von der HSH der Bafin verschwiegen."
Auf diese Weise, so der Vorwurf, sollte die tatsächliche Situation der HSH Nordbank verschleiert werden.
Im Oktober 2009 deckten die NDR-Rechercheure den Omega 55-Deal auf. Die Führungsspitze um Dirk Jens Nonnenmacher tauchte ab, Interviewanfragen blieben unbeantwortet, man gab sich ahnungslos. Das einzige öffentliche Statement dazu lieferte Nonnenmacher in einer improvisierten Pressekonferenz, in der es eigentlich um zwei neu besetzte Vorstandsposten gehen sollte. Die anwesenden Journalisten fragten trotzdem nach Omega 55, wollten Auskunft. Der hagere, blasse Nonnenmacher hatte dafür nur ein gequältes Lächeln übrig:
"Ich glaube, das Ziel ist nicht, hier eine Pressekonferenz zu geben, sondern wir sollten die Vergangenheit auch mal die Vergangenheit sein lassen und den Blick nach vorne schauen. Wir haben hier jetzt zwei neue Kollegen und wir werden jetzt deutlich mehr Schwung in die Restrukturierung der Bank und ihre strategische Neuausrichtung bekommen. Und das soll es von meiner Seite heute gewesen sein."
Nonnenmacher selbst betonte, gar nicht begriffen zu haben, worum genau es bei Omega 55 eigentlich ging. Er hätte damals zusammen mit seinen Vorstandskollegen nur beschlossen und verkündet, was andere ausgearbeitet hätten.
"Ich halte das für eine Schutzbehauptung. Weil sich Herr Nonnenmacher in dem Punkt dümmer darstellt als er tatsächlich ist. Er hat im Risikoausschuss des Aufsichtsrates im April 2008 das Geschäft vorgestellt, hat aber wichtige Details des Geschäfts verschweigen, so dass die Aufsichtsratsmitglieder gar nicht erfassen konnten, was da tatsächlich passiert. Er muss zu diesem Zeitpunkt schon längst gewusst haben, wie dieses Geschäft tatsächlich läuft. Er war Spezialist. Er war der Meister der Zahlen!"
Und dieser Meister, der Bankchef selbst, wusste von nichts. Nonnenmacher wusste auch nichts von der Bespitzelung von Vorstandskollegen durch dubiose Sicherheitsfirmen, die ebenfalls ans Licht kamen. Was er und die anderen Vorstände tatsächlich zu verantworten haben, soll im Prozess geklärt werden. Angesetzt sind bisher 40 Verhandlungstage. Ob am Ende – mit einer Verurteilung der sechs Bankmanager – Justizgeschichte geschrieben wird, ist offen. Der Hamburger Rechtsanwalt Gerhard Strate wagt eine Prognose:
"Ich nehme schon an, dass hier eine Verurteilung herauskommt. Ich gehe allerdings nicht davon aus, dass es hier zu hohen Freiheitsstrafen kommen wird. Ganz einfach, weil es ein Prozess ist, mit dem Neuland betreten wird. Es sind bislang noch nie Banker für ihr Fehlverhalten vor und während der Finanzkrise belangt worden."
Und natürlich standen alle Angeklagten unter hohem Druck: Die Politik wollte den Börsengang, brauchte die bestmöglichen Geschäftszahlen. Wie der Druck ausgeübt wurde, auch das könnte der Prozess aufklären. Wenn die politisch Verantwortlichen der Krisenjahre als Zeugen vernommen werden. Es wird ein spannender Prozess, in dem viele alte Rechnungen beglichen werden könnten. Ein Prozess, der ein Schlaglicht wirft auf die Abhängigkeiten zwischen der Landespolitik und Landesbanken. Nur die versenkten Milliarden wird er nicht zurückbringen.
Der Fall BayernLB: Eine Pannenbank im Stresstest
Der bayerische Finanzminister Markus Söder ist ein Freund griffiger Zitate. Wenn es um die Bayerische Landesbank geht, deren oberster Kontrolleur der bayerische Finanzminister ist, dann lässt sich Söder gern folgendermaßen zitieren:
"Ich würd’s mal mit Maggie Thatcher sagen: I want my money back!”"
Ich will mein Geld zurück – nichts trifft die Lage der BayernLB besser als dieser Satz. Die Münchner Landesbanker wirken wie ein gebeutelter Liebhaber, der von seinen Ex-Partnern jahrelang übers Ohr gehauen wurde. Jetzt schlägt die BayernLB zurück und will von so ziemlich überall her Schadensersatz: aus Österreich, aus England, aus Deutschland. Ob Formel-1-Boss, Ex-Vorstand oder ehemalige Tochterbank – für alle gilt:
""I want my money back!"
Es gibt keine Money-Back-Garantie für die BayernLB. Aber in letzter Zeit sind die Chancen deutlich gestiegen. Beispiel Bernie Ecclestone. Der 82-jährige Engländer ist Zirkusdirektor der bekanntesten Auto-Rennserie der Welt. Und er ist wie Markus Söder ein Freund griffiger Zitate. "Es haben schon viele Leute versucht, mich bei den Eiern zu packen", sagte Bernard Ecclestone einst. "Aber ihre Hände waren einfach zu klein." Ecclestones Motto:
"I think: whoever wins, deserves it."
Wer auch immer gewinnt, der hat es verdient. Neuerdings muss sich Bernie Ecclestone mit der Staatsanwaltschaft München messen. Die hat ihn gerade angeklagt – wegen Bestechung und Anstiftung zur Untreue. Ecclestone soll den früheren Risiko-Vorstand der BayernLB, Gerhard Gribkowsky, mit 44 Millionen Dollar geschmiert haben. Dafür verkaufte Gribkowsky Formel-1-Rechte, die im Besitz der BayernLB waren, an den Ecclestone-treuen Finanz-Investor CVC. So konnte Bernie Chef der Formel 1 bleiben. Der Verlierer in diesem Geschäft: die BayernLB. Ihr entging viel Geld, erklärt Klaus Ott, Wirtschafts-Journalist der "Süddeutschen Zeitung":
"Die BayernLB sagt, sie habe einen Schaden von 400 Millionen Dollar dadurch erlitten, dass Ecclestone den damaligen BayernLB-Bankvorstand Gribkowsky geschmiert hätte. Ob diese 400 Millionen Dollar letztendlich die Schadenssumme wären, bliebe Gesprächen, Vermittlungen, Verhandlungen vorbehalten. Das zeigt, dass es um beachtliche Größenordnungen geht."
400 Millionen Dollar – eine solche Summe könnte auch der Milliardär Bernie Ecclestone nicht aus der Portkasse zahlen, sagt SZ-Journalist Klaus Ott. Er hat zusammen mit seinen Kollegen die Gribkowsky-Affäre der BayernLB aufgedeckt. Ott war damals selbst überrascht über jene Salzburger "Stiftung Sonnenschein", die der ehemalige BayernLB-Manager, Gerhard Gribkowsky, mit den Schmiergeld-Millionen von Ecclestone angelegt hatte:
"Bernie Ecclestone ist ja als nicht sehr spendabel bekannt – insofern waren die 44 Millionen für Gribkowsky sehr verwunderlich. Auch die Anwälte von Ecclestone sind ausgekochte Profis. Die lassen sich nicht so leicht über den Tisch ziehen. Die BayernLB hat ebenso einen Vorstand, der – wie man so schön sagt – mit allen Wassern gewaschen ist. Also werden das harte Pokerrunden."
Vorerst aber muss Gerd Häusler, der Chef der BayernLB, abwarten, ob das Landgericht München die Anklage gegen Bernie Ecclestone annimmt. Die Richter werden ihre Entscheidung frühestens im Herbst bekanntgeben. Ecclestone gibt sich betont gelassen. Einen Rücktritt als Formel 1-Chef schließt er bisher aus. Es könne noch so viel passieren:
"You know, a lot of things can happen. We keep trying to go forward.”"
Wir versuchen, nach vorne zu schauen, sagt Ecclestone. Das tut auch die BayernLB. Aber für sie wird – im Gegensatz zu Bernie – der Blick nach vorne immer besser. Seit drei Jahren schreibt die Bank fast durchgehend schwarze Zahlen. Einst musste sie mit 10 Milliarden Euro Steuergeldern vom Freistaat Bayern gerettet und gestützt werden. Mittlerweile hat die Bayerische Landesbank damit begonnen, die Hilfsgelder an den Freistaat zurückzuzahlen. Das ist eine Auflage der EU-Wettbewerbskommission und freut den bayerischen Finanzminister Markus Söder.
""Das ist eine ganz wichtige Nachricht: Die BayernLB trägt sich selbst und verursacht keine Kosten für den Staatshaushalt."
Es läuft leidlich gut für die BayernLB, seit der erfahrene Privatbanker Gerd Häusler vor dreieinhalb Jahren den Vorstandsvorsitz der Bayerischen Landesbank übernahm. Die Münchner profitieren von der guten Wirtschaftslage im Freistaat Bayern. Sie haben sich von einer Pannenbank zu einem weitgehend skandalfreien Finanzinstitut gewandelt. Die Bank sei gefestigt, betont Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer gern.
"Den Stresstest haben wir bestanden. Sehr gut sogar."
Ansonsten äußert sich Seehofer – anders als sein Vorgänger Edmund Stoiber – nur noch selten öffentlich zur BayernLB. Die Bank werde nicht politisch geführt, sagt der Ministerpräsident und schweigt ansonsten.
"Unsere Mitteilungsbedürftigkeit muss immer darauf achten, dass es hier um eine Bank geht, die sich auf dem Markt behaupten muss. Alles, was da so geredet wird, kann auch schädlich sein im Geschäftsbetrieb."
Der Wille der Politik, sich aus dem aktiven Bankgeschäft zurückzuziehen, ist tatsächlich spürbar, sagt Professor Manuel Theisen, der an der Münchner LMU Betriebswirtschaftslehre unterrichtet:
"Man muss positiv hervorheben, dass eine Entpolitisierung zumindest auf Ebene des Verwaltungsrates im letzten halben Jahr angegangen und auch umgesetzt worden ist. Politische Fahnenträger, Minister und andere Beamte sind ersetzt worden durch Fachleute. Das ist ein erster wichtiger Schritt."
Ein zweiter Schritt ist die Verkleinerung der BayernLB. Sie hat Lufthansa-Aktien verkauft, die Landesbausparkasse LBS abgegeben und ihren Anteil an der Wohnungsbau-Gesellschaft GBW veräußert. Das meiste davon geschah nicht freiwillig, sondern war eine Auflage des Spaniers Joaquin Almunia, des obersten Wettbewerbs-Hüters der EU-Kommission. Er fordert, dass die BayernLB ihre Bilanzsumme mehr als halbiert – von 440 Milliarden Euro im Jahr 2008 auf rund 200 Milliarden im Jahr 2019. Dann soll die BayernLB eine Regionalbank sein, die sich als Finanzierer der deutschen und vor allem bayerischen Wirtschaft versteht. Schon jetzt hat die Bank das Mittelstands-Kreditgeschäft ausgeweitet und versucht, mehr Privatkunden anzusprechen. Etwa über ihre Berliner Tochter-Bank DKB.
Andere Töchter wollen oder müssen die Münchner veräußern, etwa das luxemburgische Institut LB Lux. Was dem Vernehmen nach gar nicht so einfach ist. Eine weitere Tochterbank, die ungarische MKB, wären die Bayern liebend gern los. Das Budapester Finanzinstitut verursacht Jahr für Jahr zwei- bis dreistellige Millionenverluste, lässt sich aber derzeit nicht verkaufen. In der Münchner Bankzentrale an der feinen Brienner Straße versichert man, die MKB sei in keiner Weise vergleichbar mit einem anderen jahrelangen Verlustbringer, der den Ruf der BayernLB schwer beschädigt hat: die HypoGroup Alpe Adria, kurz HGAA. Diese Skandalbank mit Sitz im österreichischen Kärnten hatte den Bayern einst 3,7 Milliarden Euro Verlust beschert. 2008 stieß die BayernLB die HGAA wieder ab – aber das Drama war damit nicht beendet. Denn Gottwald Kranebitter, der Vorstands-Vorsitzende der HGAA, lässt die BayernLB nicht los:
"Solange die Sanierung der Bank noch läuft und wir noch nicht aus der Krise sind, dürfen wir die Rückzahlungen nicht leisten."
Mit den Rückzahlungen meint der Österreicher Kranebitter jene Kredite, die die BayernLB im Jahr 2008 der HGAA gewährte. Insgesamt 2,2 Milliarden Euro. Dieses Geld plus Zinsen will die BayernLB zurück, aber die HGAA hat die Zahlungen eingestellt. Sie behauptet, die Milliarden seien kein Kredit, sondern Kapitalersatz gewesen, was BayernLB-Chef Häusler vehement bestreitet. Er spricht von Bilanzfälschung:
"Sie müssen sich diese Worte mal auf der Zunge zergehen lassen: was hier gesagt wird, in diesen dürren Absätzen, ist, dass die von der Republik Österreich eingesetzten Vorstände über Jahre hinweg falsche Jahresabschlüsse geliefert haben. Und dies – so leid es mir tut – ohne Rücksicht auf die Integrität der HGAA, indem man ihr gewissermaßen die Rolle des Bilanzfälschers zuweist."
Derzeit streiten sich Bayern und Kärntner vor Gericht in Wien. Doch weil im Herbst nicht nur in Bayern und Deutschland, sondern auch in Österreich wichtige Wahlen anstehen, dürfte die Lösung des Streits noch länger dauern. Eigentlich sollte Bayerns Ministerpräsident Seehofer am 23. Juli als Zeuge vor dem Handelsgericht in Wien aussagen. Der Termin wurde abgesagt, angeblich aus organisatorischen Gründen. Nach Information von Deutschlandradio Kultur soll die Aussage jetzt in München stattfinden – nach der Landtagswahl in Bayern. Für die BayernLB, gehe es um viel, sagt Klaus Ott von der Süddeutschen Zeitung. Die Bank sei auf die Schadensersatz-Forderungen an HGAA, Bernie Ecclestone und Ex-Bank-Vorstände angewiesen, weil sie ihrerseits Rückzahlungs-Verpflichtungen an den Freistaat Bayern einlösen muss:
"Am Ende geht es sicher um Milliardenbeträge. Ob tatsächlich irgendwann Milliardenbeträge zurückfließen, steht in den Sternen. Möglicherweise wird es am Ende ein Nullsummenspiel."
Denn beide Streit-Parteien sind so tief in ihren Maximal-Forderungen verstrickt, sagt Ott, dass Verhandlungen kaum mehr weiterführen. Vielleicht kreuzen die Kontrahenten ihre Klingen bald vor europäischen Gerichten:
"In dieser Sache ist nichts mehr ausgeschlossen. Es würde mich nicht wundern, wenn am Ende die Uno entscheiden müsste."
"Ich würd’s mal mit Maggie Thatcher sagen: I want my money back!”"
Ich will mein Geld zurück – nichts trifft die Lage der BayernLB besser als dieser Satz. Die Münchner Landesbanker wirken wie ein gebeutelter Liebhaber, der von seinen Ex-Partnern jahrelang übers Ohr gehauen wurde. Jetzt schlägt die BayernLB zurück und will von so ziemlich überall her Schadensersatz: aus Österreich, aus England, aus Deutschland. Ob Formel-1-Boss, Ex-Vorstand oder ehemalige Tochterbank – für alle gilt:
""I want my money back!"
Es gibt keine Money-Back-Garantie für die BayernLB. Aber in letzter Zeit sind die Chancen deutlich gestiegen. Beispiel Bernie Ecclestone. Der 82-jährige Engländer ist Zirkusdirektor der bekanntesten Auto-Rennserie der Welt. Und er ist wie Markus Söder ein Freund griffiger Zitate. "Es haben schon viele Leute versucht, mich bei den Eiern zu packen", sagte Bernard Ecclestone einst. "Aber ihre Hände waren einfach zu klein." Ecclestones Motto:
"I think: whoever wins, deserves it."
Wer auch immer gewinnt, der hat es verdient. Neuerdings muss sich Bernie Ecclestone mit der Staatsanwaltschaft München messen. Die hat ihn gerade angeklagt – wegen Bestechung und Anstiftung zur Untreue. Ecclestone soll den früheren Risiko-Vorstand der BayernLB, Gerhard Gribkowsky, mit 44 Millionen Dollar geschmiert haben. Dafür verkaufte Gribkowsky Formel-1-Rechte, die im Besitz der BayernLB waren, an den Ecclestone-treuen Finanz-Investor CVC. So konnte Bernie Chef der Formel 1 bleiben. Der Verlierer in diesem Geschäft: die BayernLB. Ihr entging viel Geld, erklärt Klaus Ott, Wirtschafts-Journalist der "Süddeutschen Zeitung":
"Die BayernLB sagt, sie habe einen Schaden von 400 Millionen Dollar dadurch erlitten, dass Ecclestone den damaligen BayernLB-Bankvorstand Gribkowsky geschmiert hätte. Ob diese 400 Millionen Dollar letztendlich die Schadenssumme wären, bliebe Gesprächen, Vermittlungen, Verhandlungen vorbehalten. Das zeigt, dass es um beachtliche Größenordnungen geht."
400 Millionen Dollar – eine solche Summe könnte auch der Milliardär Bernie Ecclestone nicht aus der Portkasse zahlen, sagt SZ-Journalist Klaus Ott. Er hat zusammen mit seinen Kollegen die Gribkowsky-Affäre der BayernLB aufgedeckt. Ott war damals selbst überrascht über jene Salzburger "Stiftung Sonnenschein", die der ehemalige BayernLB-Manager, Gerhard Gribkowsky, mit den Schmiergeld-Millionen von Ecclestone angelegt hatte:
"Bernie Ecclestone ist ja als nicht sehr spendabel bekannt – insofern waren die 44 Millionen für Gribkowsky sehr verwunderlich. Auch die Anwälte von Ecclestone sind ausgekochte Profis. Die lassen sich nicht so leicht über den Tisch ziehen. Die BayernLB hat ebenso einen Vorstand, der – wie man so schön sagt – mit allen Wassern gewaschen ist. Also werden das harte Pokerrunden."
Vorerst aber muss Gerd Häusler, der Chef der BayernLB, abwarten, ob das Landgericht München die Anklage gegen Bernie Ecclestone annimmt. Die Richter werden ihre Entscheidung frühestens im Herbst bekanntgeben. Ecclestone gibt sich betont gelassen. Einen Rücktritt als Formel 1-Chef schließt er bisher aus. Es könne noch so viel passieren:
"You know, a lot of things can happen. We keep trying to go forward.”"
Wir versuchen, nach vorne zu schauen, sagt Ecclestone. Das tut auch die BayernLB. Aber für sie wird – im Gegensatz zu Bernie – der Blick nach vorne immer besser. Seit drei Jahren schreibt die Bank fast durchgehend schwarze Zahlen. Einst musste sie mit 10 Milliarden Euro Steuergeldern vom Freistaat Bayern gerettet und gestützt werden. Mittlerweile hat die Bayerische Landesbank damit begonnen, die Hilfsgelder an den Freistaat zurückzuzahlen. Das ist eine Auflage der EU-Wettbewerbskommission und freut den bayerischen Finanzminister Markus Söder.
""Das ist eine ganz wichtige Nachricht: Die BayernLB trägt sich selbst und verursacht keine Kosten für den Staatshaushalt."
Es läuft leidlich gut für die BayernLB, seit der erfahrene Privatbanker Gerd Häusler vor dreieinhalb Jahren den Vorstandsvorsitz der Bayerischen Landesbank übernahm. Die Münchner profitieren von der guten Wirtschaftslage im Freistaat Bayern. Sie haben sich von einer Pannenbank zu einem weitgehend skandalfreien Finanzinstitut gewandelt. Die Bank sei gefestigt, betont Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer gern.
"Den Stresstest haben wir bestanden. Sehr gut sogar."
Ansonsten äußert sich Seehofer – anders als sein Vorgänger Edmund Stoiber – nur noch selten öffentlich zur BayernLB. Die Bank werde nicht politisch geführt, sagt der Ministerpräsident und schweigt ansonsten.
"Unsere Mitteilungsbedürftigkeit muss immer darauf achten, dass es hier um eine Bank geht, die sich auf dem Markt behaupten muss. Alles, was da so geredet wird, kann auch schädlich sein im Geschäftsbetrieb."
Der Wille der Politik, sich aus dem aktiven Bankgeschäft zurückzuziehen, ist tatsächlich spürbar, sagt Professor Manuel Theisen, der an der Münchner LMU Betriebswirtschaftslehre unterrichtet:
"Man muss positiv hervorheben, dass eine Entpolitisierung zumindest auf Ebene des Verwaltungsrates im letzten halben Jahr angegangen und auch umgesetzt worden ist. Politische Fahnenträger, Minister und andere Beamte sind ersetzt worden durch Fachleute. Das ist ein erster wichtiger Schritt."
Ein zweiter Schritt ist die Verkleinerung der BayernLB. Sie hat Lufthansa-Aktien verkauft, die Landesbausparkasse LBS abgegeben und ihren Anteil an der Wohnungsbau-Gesellschaft GBW veräußert. Das meiste davon geschah nicht freiwillig, sondern war eine Auflage des Spaniers Joaquin Almunia, des obersten Wettbewerbs-Hüters der EU-Kommission. Er fordert, dass die BayernLB ihre Bilanzsumme mehr als halbiert – von 440 Milliarden Euro im Jahr 2008 auf rund 200 Milliarden im Jahr 2019. Dann soll die BayernLB eine Regionalbank sein, die sich als Finanzierer der deutschen und vor allem bayerischen Wirtschaft versteht. Schon jetzt hat die Bank das Mittelstands-Kreditgeschäft ausgeweitet und versucht, mehr Privatkunden anzusprechen. Etwa über ihre Berliner Tochter-Bank DKB.
Andere Töchter wollen oder müssen die Münchner veräußern, etwa das luxemburgische Institut LB Lux. Was dem Vernehmen nach gar nicht so einfach ist. Eine weitere Tochterbank, die ungarische MKB, wären die Bayern liebend gern los. Das Budapester Finanzinstitut verursacht Jahr für Jahr zwei- bis dreistellige Millionenverluste, lässt sich aber derzeit nicht verkaufen. In der Münchner Bankzentrale an der feinen Brienner Straße versichert man, die MKB sei in keiner Weise vergleichbar mit einem anderen jahrelangen Verlustbringer, der den Ruf der BayernLB schwer beschädigt hat: die HypoGroup Alpe Adria, kurz HGAA. Diese Skandalbank mit Sitz im österreichischen Kärnten hatte den Bayern einst 3,7 Milliarden Euro Verlust beschert. 2008 stieß die BayernLB die HGAA wieder ab – aber das Drama war damit nicht beendet. Denn Gottwald Kranebitter, der Vorstands-Vorsitzende der HGAA, lässt die BayernLB nicht los:
"Solange die Sanierung der Bank noch läuft und wir noch nicht aus der Krise sind, dürfen wir die Rückzahlungen nicht leisten."
Mit den Rückzahlungen meint der Österreicher Kranebitter jene Kredite, die die BayernLB im Jahr 2008 der HGAA gewährte. Insgesamt 2,2 Milliarden Euro. Dieses Geld plus Zinsen will die BayernLB zurück, aber die HGAA hat die Zahlungen eingestellt. Sie behauptet, die Milliarden seien kein Kredit, sondern Kapitalersatz gewesen, was BayernLB-Chef Häusler vehement bestreitet. Er spricht von Bilanzfälschung:
"Sie müssen sich diese Worte mal auf der Zunge zergehen lassen: was hier gesagt wird, in diesen dürren Absätzen, ist, dass die von der Republik Österreich eingesetzten Vorstände über Jahre hinweg falsche Jahresabschlüsse geliefert haben. Und dies – so leid es mir tut – ohne Rücksicht auf die Integrität der HGAA, indem man ihr gewissermaßen die Rolle des Bilanzfälschers zuweist."
Derzeit streiten sich Bayern und Kärntner vor Gericht in Wien. Doch weil im Herbst nicht nur in Bayern und Deutschland, sondern auch in Österreich wichtige Wahlen anstehen, dürfte die Lösung des Streits noch länger dauern. Eigentlich sollte Bayerns Ministerpräsident Seehofer am 23. Juli als Zeuge vor dem Handelsgericht in Wien aussagen. Der Termin wurde abgesagt, angeblich aus organisatorischen Gründen. Nach Information von Deutschlandradio Kultur soll die Aussage jetzt in München stattfinden – nach der Landtagswahl in Bayern. Für die BayernLB, gehe es um viel, sagt Klaus Ott von der Süddeutschen Zeitung. Die Bank sei auf die Schadensersatz-Forderungen an HGAA, Bernie Ecclestone und Ex-Bank-Vorstände angewiesen, weil sie ihrerseits Rückzahlungs-Verpflichtungen an den Freistaat Bayern einlösen muss:
"Am Ende geht es sicher um Milliardenbeträge. Ob tatsächlich irgendwann Milliardenbeträge zurückfließen, steht in den Sternen. Möglicherweise wird es am Ende ein Nullsummenspiel."
Denn beide Streit-Parteien sind so tief in ihren Maximal-Forderungen verstrickt, sagt Ott, dass Verhandlungen kaum mehr weiterführen. Vielleicht kreuzen die Kontrahenten ihre Klingen bald vor europäischen Gerichten:
"In dieser Sache ist nichts mehr ausgeschlossen. Es würde mich nicht wundern, wenn am Ende die Uno entscheiden müsste."