Lässt sich die Überbevölkerung noch verhüten?
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Im Jahr 2050 könnte die Weltbevölkerung auf zehn Milliarden Menschen steigen. In Nairobi beraten die Vereinten Nationen, wie man das Problem der knappen Ressourcen lösen kann. Manche sehen einen Generationenkonflikt um Geburten und Nachhaltigkeit.
Die Weltbevölkerung wächst rasant. Im Jahr 1950 gab es nur 2,5 Milliarden Menschen auf der Welt, heute sind es fast acht Milliarden, in 30 Jahren könnten es nach Prognosen der Vereinten Nationen rund zehn Milliarden sein. Einerseits liegt das an wachsenden Geburtenraten, andererseits an steigender Lebenserwartung. Knappe Ressourcen und Umweltbelastung sind jetzt schon ein Problem, die Auswirkungen fürs Klima sind enorm.
Beim UN-Weltbevölkerungsgipfel in Nairobi beraten Vertreter von mehr als 160 Ländern darüber, wie man mit dem Problem künftig umgehen kann. Aufrufe, dass das Bevölkerungswachstum gebremst werden sollte, gibt es deshalb schon seit Jahrzehnten. Relativ neu ist, dass dies auch für die westlichen Länder diskutiert wird.
Weniger Kinder gleich bessere Welt? China hat einst versucht, seine Population durch eine Ein-Kind-Politik zu steuern. Im Jahr 2016 haben der norwegische Zukunftsforscher Jørgen Randers und der britische Ökonom Graeme Maxton vorgeschlagen, Frauen im Westen zu belohnen, die ein oder kein Kind bekommen hat. 80.000 US-Dollar soll es für jede geben, die mit 50 Jahren dieses Ziel erreicht hat.
Lösung durch Fortschritt?
Manche Experten sehen Anzeichen, dass sich das Wachstum verlangsamt. Der Rückgang der Geburtenrate, wie in Europa, werde früher oder später auch in Asien, Afrika und Lateinamerika eintreffen. Die Gründe: Mädchen erhalten einen besseren Zugang zu Bildung, Gesundheitsversorgung und zum Arbeitsmarkt. Der Fortschritt wird es also richten – ein altes Heilsversprechen.
Aber kann diese Logik noch aufgehen? "Die geht dann auf, wenn wir unsere Verhaltensweisen verändern und wenn wir die Weltklimaziele versuchen einzuhalten – und davon sind wir weit weg", sagt die Soziologin Jutta Allmendinger. Das sei aber nicht nur eine Aufgabe afrikanischer, asiatischer und lateinamerikanischer Länder, sondern auch unsere.
Manche sprechen von einem Generationenkonflikt. Denn aus Sicht der jungen Menschen, der um die Jahrtausendwende Geborenen, haben vor allem die Babyboomer der Jahrgänge 1950 bis 1965 auf Kosten nachfolgender Generationen gelebt. "OK, Boomer", lautet das neue Schlagwort der Generation Z für diesen Vorwurf.
Konflikt um Nachhaltigkeit
Der Psychologe Rüdiger Maas, Gründer des Instituts für Generationenforschung, geht nicht von einem Konflikt um das Thema Geburten aus: "Auch die Babyboomer freuen sich, wenn sie Großeltern werden." Einerseits würde die Generation Z erst spät Kinder bekommen, andererseits gebe es einen Anstieg von Frauen, die kinderlos blieben. Das eigentliche Problem bestehe darin, dass die Menschen immer älter würden.
"Wir haben einen Konflikt, wenn es um Nachhaltigkeit geht", sagt Maas. Bei der Generation Z handle es sich um eine selbstbewusste, aber relativ kleine Kohorte, die politisch relativ wenig ausrichten, aber auf dem Arbeitsmarkt großen Druck ausüben könne. Diese Generation sei überbehütet, habe kaum Abgrenzungstendenzen zu ihren Eltern, die Kinder identifizierten sich in der Regel sogar mit ihnen und übernehme ihre Werte. Die Eltern seien auch verständnisvoll und könnten nachvollziehen, welche Probleme ihre Kinder ansprechen.
Die junge Generation "denkt nachhaltig, aber lückenhaft", so Maaß. Sie selbst verbrauche viel CO2, vor allem durch das Internet. Die "Fridays for Future"-Bewegung nennt er einen "Fingerzeig in die Luft", also ohne klaren Adressaten. Maas sieht trotzdem Chancen der Jugend: Sie denke vernetzter, kollektiver und globaler, auch moralisch sei sie sensibler. "Die Generation Z ist maximal 25 Jahre alt. Sie kann noch sehr, sehr viel bewegen."
(leg)