Genetischer Striptease
Die dänische Wissenschaftsjournalistin Lone Frank will die Möglichkeiten und Grenzen der modernen Gendiagnostik kennen lernen - und macht sich dafür selbst zum Versuchskaninchen.
Das Zeitalter der persönlichen Genanalyse hat begonnen. Das eigene Risiko für Brustkrebs, Herzkrankheiten, Diabetes und sogar Depressionen oder Schizophrenie lässt sich heute durch einen Gentest bestimmen. Die Gene enthüllen angeblich sogar, wer wir sind, welche Vorlieben wir haben, welche Probleme uns quälen und wer am besten zu uns passt.
Die dänische Wissenschaftsjournalistin Lone Frank macht sich selbst zum Versuchskaninchen. Sie will die Möglichkeiten und Grenzen der modernen Gendiagnostik kennen lernen. Dazu bestellt sie kommerzielle Gentests, trifft bekannte Genforscher, Mediziner und Psychologen, und sie nimmt als Freiwillige an Forschungsprojekten zur Verhaltensgenetik teil. All dies beschreibt sie mit einer Offenheit und Klarheit, wie sie bislang im Wissenschaftsjournalismus nicht üblich ist.
Lone Frank nimmt ihre Leser nicht nur mit in die fremde Welt der Gendiagnostik, sie lässt sie auch an ihren persönlichen Gefühlen teilhaben. Die Leser erhalten zum Teil intime Informationen über die Autorin, die weniger offene Menschen selbst ihren engsten Freunden vorenthalten würden. So erfahren sie von ihrer Angst vor Brustkrebs, ihren Depressionen und den Medikamenten, mit denen sie versucht diese zu kontrollieren.
Zeile für Zeile entsteht das Bild einer komplexen Persönlichkeit. Es ist nicht immer leicht, mit Lone Frank auszukommen. Auf Gefühle anderer nimmt sie bisweilen keine Rücksicht. Dem gegenüber stehen Offenheit, Ehrlichkeit und ihr Wunsch, alles ganz genau kennenzulernen. Ihre Stärken und ihre Fehler sind ihr bewusst. Sie möchte mehr darüber erfahren, ihre eigenen Erfahrungen und den wissenschaftlichen Forschungsstand zusammenbringen. Ist ihre Persönlichkeit von ihren Genen vorgegeben, oder hat ihre Lebensgeschichte sie geprägt? Wie weit reicht ihre persönliche Entscheidungsfreiheit?
Das Buch zeigt überzeugend, wie die Kenntnis unserer Erbanlagen unser Verhältnis zur eigenen Gesundheit ändern kann. Das Bild der eigenen Persönlichkeit erhält durch das Wissen über unsere Gene neue Konturen. Das Zusammenwirken von Biologie und Kultur in jedem einzelnen Menschen wird so verständlich. Nicht nur ist die Biologie die Basis für unser Zusammenleben und unsere Kultur, umgekehrt beeinflusst auch die soziale und kulturelle Umwelt unsere Biologie.
Die Antworten, die ihr Genom der Autorin Lone Frank liefert, sind nicht immer einfach. Aber es gelingt ihr, die komplizierten Zusammenhänge in klare, leicht verständliche Sätze zu packen. Dabei spart sie Einzelheiten und Fachbegriffe keineswegs aus. Aber durch ihre Offenheit schafft sie es, ihre Leser auf die Reise in das Erbgut mitzunehmen. Auch an der Achterbahnfahrt ihrer Gefühle lässt Lone Frank sie teilhaben. "Mein wundervolles Genom" ist nicht das erste Buch, das die Möglichkeiten und Grenzen der persönlichen Gendiagnostik beschreibt, aber mit Abstand das persönlichste und ehrlichste.
Besprochen von Michael Lange
Lone Frank: Mein wundervolles Genom. Ein Selbstversuch im Zeitalter der persönlichen Genomforschung
Aus dem Englischen von Ursel Schäfer
Hanser 2011
336 Seiten, 19,90 Euro
Die dänische Wissenschaftsjournalistin Lone Frank macht sich selbst zum Versuchskaninchen. Sie will die Möglichkeiten und Grenzen der modernen Gendiagnostik kennen lernen. Dazu bestellt sie kommerzielle Gentests, trifft bekannte Genforscher, Mediziner und Psychologen, und sie nimmt als Freiwillige an Forschungsprojekten zur Verhaltensgenetik teil. All dies beschreibt sie mit einer Offenheit und Klarheit, wie sie bislang im Wissenschaftsjournalismus nicht üblich ist.
Lone Frank nimmt ihre Leser nicht nur mit in die fremde Welt der Gendiagnostik, sie lässt sie auch an ihren persönlichen Gefühlen teilhaben. Die Leser erhalten zum Teil intime Informationen über die Autorin, die weniger offene Menschen selbst ihren engsten Freunden vorenthalten würden. So erfahren sie von ihrer Angst vor Brustkrebs, ihren Depressionen und den Medikamenten, mit denen sie versucht diese zu kontrollieren.
Zeile für Zeile entsteht das Bild einer komplexen Persönlichkeit. Es ist nicht immer leicht, mit Lone Frank auszukommen. Auf Gefühle anderer nimmt sie bisweilen keine Rücksicht. Dem gegenüber stehen Offenheit, Ehrlichkeit und ihr Wunsch, alles ganz genau kennenzulernen. Ihre Stärken und ihre Fehler sind ihr bewusst. Sie möchte mehr darüber erfahren, ihre eigenen Erfahrungen und den wissenschaftlichen Forschungsstand zusammenbringen. Ist ihre Persönlichkeit von ihren Genen vorgegeben, oder hat ihre Lebensgeschichte sie geprägt? Wie weit reicht ihre persönliche Entscheidungsfreiheit?
Das Buch zeigt überzeugend, wie die Kenntnis unserer Erbanlagen unser Verhältnis zur eigenen Gesundheit ändern kann. Das Bild der eigenen Persönlichkeit erhält durch das Wissen über unsere Gene neue Konturen. Das Zusammenwirken von Biologie und Kultur in jedem einzelnen Menschen wird so verständlich. Nicht nur ist die Biologie die Basis für unser Zusammenleben und unsere Kultur, umgekehrt beeinflusst auch die soziale und kulturelle Umwelt unsere Biologie.
Die Antworten, die ihr Genom der Autorin Lone Frank liefert, sind nicht immer einfach. Aber es gelingt ihr, die komplizierten Zusammenhänge in klare, leicht verständliche Sätze zu packen. Dabei spart sie Einzelheiten und Fachbegriffe keineswegs aus. Aber durch ihre Offenheit schafft sie es, ihre Leser auf die Reise in das Erbgut mitzunehmen. Auch an der Achterbahnfahrt ihrer Gefühle lässt Lone Frank sie teilhaben. "Mein wundervolles Genom" ist nicht das erste Buch, das die Möglichkeiten und Grenzen der persönlichen Gendiagnostik beschreibt, aber mit Abstand das persönlichste und ehrlichste.
Besprochen von Michael Lange
Lone Frank: Mein wundervolles Genom. Ein Selbstversuch im Zeitalter der persönlichen Genomforschung
Aus dem Englischen von Ursel Schäfer
Hanser 2011
336 Seiten, 19,90 Euro