Genialer Ingenieur und gnadenloser Karrierist
Es war zu erwarten, dass sich im Umfeld des 40. Jahrestages der ersten bemannten Mondlandung im Juli dieses Jahres die Blicke auch wieder auf Wernher von Braun richten würden.
Das ZDF porträtierte ihn in der Dokumentation "Der Raketenmann", in der ausgiebig von Spielszenen Gebrauch gemacht wird. Parallel zu dieser Doku-Soap hat einer der Koautoren, Stefan Brauburger, die Biografie "Wernher von Braun – Ein deutsches Genie zwischen Untergangswahn und Raketenträumen" vorgelegt, erschienen bei Pendo in der "Edition Guido Knopp".
Die Intention des Buches wird schon auf der Umschlagseite deutlich: "Das zeitkritische Porträt eines Mannes, der für die Weltraumfahrt seine Seele verkaufte." Hier stehen also nicht primär die technischen und organisatorischen Leistungen von Brauns im Mittelpunkt, die letztlich Menschen zum Mond brachte, sondern seine tiefen politischen und menschlichen Verstrickungen in das Nazi-Regime, der dann - so der Autor – für die USA, gewissermaßen in der Tradition von Peenemünde "die ersten Atomraketen" baute.
"Zum Kult um die Person des Raketenmannes – so der Autor – besteht kein Anlass mehr. Lange genug herrschte das Trugbild, das allein seinen Erfolg und seine technischen Leistungen würdigte. Die Zeiten der Mythen aber sind vorüber, die Jahre der Vertuschung und Verdrängung ebenso. Heute liegen die Fakten auf dem Tisch."
Nun allzu viel Neues erfährt der an der Person von Brauns interessierte Leser in dieser flüssig geschriebenen und leicht lesbaren Biografie nicht. Sie orientiert sich mitunter ziemlich deutlich an dem fast zeitgleich auf Deutsch erschienenen ausführlichen Standardwerk von Michael Neufeld "Wernher von Braun – Visionär des Weltraums – Ingenieur des Krieges", der auch als Berater für die TV – Dokumentation diente.
Faust, Mephisto und Zauberlehrling in einer Person, so skizziert Brauburger, den geistigen Vater der V-2 und Saturn-Raketen, der eben nicht nur Menschen auf den Mond brachte, sondern auch – wenn auch nur indirekt – für den Tod von Menschen steht. Was war er: Ein gnadenloser Karrierist, ein Opportunist und frei von jeder Art moralischer Bedenken, ein Träumer, ein Visionär? Auch Brauburger kann hier keine klare Antwort geben. Zu facettenreich und nicht selten widersprüchlich ist das Persönlichkeitsprofil von Brauns.
Ausführlich diskutiert der Autor am Beispiel des Raketenmanns die Frage von Technik und Moral. Sein Fazit: "Wernher von Braun war der Archetyp eines hochbegabten Menschen, der getrieben von einer technischen Idee sich jede bietende Möglichkeit ausschöpft, um seine Visionen in die Tat umzusetzen. Er leistet dabei einen enormen Beitrag, jedoch ohne dabei Verantwortung für die politischen Folgen zu übernehmen oder übernehmen zu müssen ... Doch sollten die Zeiten vorbei sein, da man persönliche Mitverantwortung von sich wies, mit dem Argument, Expertentum sei keine Frage der Moral, der Erfinder oder Erzeuger, losgelöst von der Verwertung seiner Resultate."
Angemerkt werden muss, dass man beim Lesen des faktenreichen Buches leider auf Flüchtigkeitsfehler, Recherchemängel aber auch auf obskure Behauptungen stößt. Nach einem gründlichen Lektorat- auch mit fachlichem Blick – könnte Stefan Brauburgers "Wernher von Braun – Ein deutsche Genie zwischen Untergangswahn und Raketenträumen" durchaus einen festen Platz in der von Braun-Literatur finden.
Besprochen von Harro Zimmer
Stefan Brauburger: Wernher von Braun - Ein deutsches Genie zwischen Untergangswahn und Raketenträumen
Pendo Verlag, München 2009
304 Seiten, 19,95 Euro
Die Intention des Buches wird schon auf der Umschlagseite deutlich: "Das zeitkritische Porträt eines Mannes, der für die Weltraumfahrt seine Seele verkaufte." Hier stehen also nicht primär die technischen und organisatorischen Leistungen von Brauns im Mittelpunkt, die letztlich Menschen zum Mond brachte, sondern seine tiefen politischen und menschlichen Verstrickungen in das Nazi-Regime, der dann - so der Autor – für die USA, gewissermaßen in der Tradition von Peenemünde "die ersten Atomraketen" baute.
"Zum Kult um die Person des Raketenmannes – so der Autor – besteht kein Anlass mehr. Lange genug herrschte das Trugbild, das allein seinen Erfolg und seine technischen Leistungen würdigte. Die Zeiten der Mythen aber sind vorüber, die Jahre der Vertuschung und Verdrängung ebenso. Heute liegen die Fakten auf dem Tisch."
Nun allzu viel Neues erfährt der an der Person von Brauns interessierte Leser in dieser flüssig geschriebenen und leicht lesbaren Biografie nicht. Sie orientiert sich mitunter ziemlich deutlich an dem fast zeitgleich auf Deutsch erschienenen ausführlichen Standardwerk von Michael Neufeld "Wernher von Braun – Visionär des Weltraums – Ingenieur des Krieges", der auch als Berater für die TV – Dokumentation diente.
Faust, Mephisto und Zauberlehrling in einer Person, so skizziert Brauburger, den geistigen Vater der V-2 und Saturn-Raketen, der eben nicht nur Menschen auf den Mond brachte, sondern auch – wenn auch nur indirekt – für den Tod von Menschen steht. Was war er: Ein gnadenloser Karrierist, ein Opportunist und frei von jeder Art moralischer Bedenken, ein Träumer, ein Visionär? Auch Brauburger kann hier keine klare Antwort geben. Zu facettenreich und nicht selten widersprüchlich ist das Persönlichkeitsprofil von Brauns.
Ausführlich diskutiert der Autor am Beispiel des Raketenmanns die Frage von Technik und Moral. Sein Fazit: "Wernher von Braun war der Archetyp eines hochbegabten Menschen, der getrieben von einer technischen Idee sich jede bietende Möglichkeit ausschöpft, um seine Visionen in die Tat umzusetzen. Er leistet dabei einen enormen Beitrag, jedoch ohne dabei Verantwortung für die politischen Folgen zu übernehmen oder übernehmen zu müssen ... Doch sollten die Zeiten vorbei sein, da man persönliche Mitverantwortung von sich wies, mit dem Argument, Expertentum sei keine Frage der Moral, der Erfinder oder Erzeuger, losgelöst von der Verwertung seiner Resultate."
Angemerkt werden muss, dass man beim Lesen des faktenreichen Buches leider auf Flüchtigkeitsfehler, Recherchemängel aber auch auf obskure Behauptungen stößt. Nach einem gründlichen Lektorat- auch mit fachlichem Blick – könnte Stefan Brauburgers "Wernher von Braun – Ein deutsche Genie zwischen Untergangswahn und Raketenträumen" durchaus einen festen Platz in der von Braun-Literatur finden.
Besprochen von Harro Zimmer
Stefan Brauburger: Wernher von Braun - Ein deutsches Genie zwischen Untergangswahn und Raketenträumen
Pendo Verlag, München 2009
304 Seiten, 19,95 Euro