Genom entschlüsselt

Warum Covid-19 Fledermäusen nicht gefährlich wird

08:44 Minuten
Eine Fledermaus im Flug.
Wehrhaft gegen Krankheiten: die Fledermaus. Vielleicht hilft diese Eigenschaft bei der Coronaforschung. © MPI für molekulare Zellbiologie und Genetik Dresden
Sylke Winkler im Gespräch mit Dieter Kassel |
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Forschern ist es gelungen, das Erbgut mehrerer Fledermausarten zu entschlüsseln: Sie sind offenbar genetisch gegen Krankheiten wie Covid-19 gewappnet und können den Alterungsprozess austricksen. Vielleicht helfen diese Erkenntnisse auch dem Menschen.
Sie sind oft nur wenige Zentimeter groß, nachtaktiv und sehen manchmal etwas furchterregend aus. Für Sylke Winkler, Genforscherin am Max-Planck-Institut für molekulare Zellbiologie und Genetik in Dresden, gehören Fledermäuse zu den faszinierendsten Lebewesen. Ein Grund dafür ist: Sie scheinen immun gegen viele Krankheiten wie Covid-19 oder Krebs zu sein und trotzen dem Alterungsprozess.

Gerade ist es einem Team von Forschern, zu dem auch Winkler gehört, gelungen, das Genom von sechs Fledermausarten zu entschlüsseln. Dabei entdeckten sie einen Faktor, der offenbar dafür verantwortlich ist, virale Infektionen zu verhindern: Indem er sich in das Virusgenom einbaut und so dessen Nukleinsäureinformationen zerstört.

Fehlende Immunantwort bei Fledermäusen

"Zum anderen hat man herausgefunden, dass es Gene des Immunsystems gibt, die in den Fledermäusen anders funktionieren als im Menschen", erläutert Winkler, die auch stellvertretende Abteilungsleiterin am Dresden concept Genome Center (DGC) ist.
Die Krankheit verlaufe bei ernsten Covid-19-Fällen auch deshalb so heftig, weil das Immunsystem so stark reagiere. "Und wir wissen, dass Fledermäusen einige dieser Gene, die dafür verantwortlich sind, die Immunantwort hochzufahren, fehlen – sie sind verloren gegangen", erklärt Sylke Winkler. "Vielleicht reagiert also das Immunsystem deshalb nicht so stark und die Fledermäuse erkranken nicht."
Doch all das ist Grundlagenforschung. Winkler dämpft allzu hohe Erwartungen, aus solchen Erkenntnissen könne sich nun bald ein Bauplan für einen sicheren Impfstoff gegen das Coronavirus ableiten lassen.

Das Altern austricksen

Spannend seien solche Ergebnisse aber allemal – ebenso wie die Tatsache, dass Fledermäuse offenbar, genetisch bedingt, in der Lage sind, den Alterungsprozess auszutricksen. Normalerweise gilt nämlich: kleines Lebewesen, etwa eine Maus - geringe Lebenserwartung. Großes Lebewesen, zum Beispiel ein Elefant – hohe Lebenserwartung.
Die Fledermaus reiht sich, je nach Art, größenmäßig irgendwo zwischen Maus und kleinem Hund ein. "Sie sind klein und werden trotzdem 30 bis 40 Jahre alt", sagt Winkler. Auch das scheine also "auf irgendeine Weise im Genom der Tiere festgelegt zu sein".
Eine weitere Erkenntnis ist: Genetisch sind Fledermäuse eng mit Katzen, Hunden, aber auch mit den teils sehr alt werdenden Walen verwandt. Das Ziel des "Bat1K"-Projekts ist es nun, die Genome aller 1400 Fledermausarten zu sequenzieren, wie es in der Fachsprache heißt. Und möglicherweise lassen sich daraus irgendwann auch interessante Ansätze für andere Säugetiere – auch für den Menschen – ableiten.
(mkn)
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