Georg Diez: Martin Luther, mein Vater und ich
C. Bertelsmann Verlag, München 2016
288 Seiten, 17,99 Euro
Gesucht: Ein Denken für morgen
Der "Spiegel"-Kolumnist Georg Diez zieht in seinem Buch Parallelen zwischen Luthers Zeit und der unseren. Heraus klingt der Wunsch nach einem neuen Denken für die Zukunft. Hoffnungen auf die evangelische Kirche setzt Diez dabei nicht.
Mit acht Jahren hat sich Georg Diez schon vom Glauben verabschiedet. Auf der Rückbank im Auto soll ihm die Einsicht gekommen sein, "dass die Verabredung zur Schwäche etwas war, das den Menschen von sich selbst entfernte, (...) ihn in seinem Drang nach Autonomie bremste". Der Glaube als Bremse, als Selbstaufgabe. Dabei war Diez' Vater evangelischer Pfarrer.
Martin Luther ist nun für Georg Diez ein Anlass, um sich mit seinem Vater, dem Pfarrer, mit sich und seiner Abkehr vom Christentum und auch mit Luther als dem Ursprung des Gedankenguts zu beschäftigen. Zum Glück ist "Martin Luther, mein Vater und ich" aber mehr als nur eine Selbstbespiegelung des Spiegel-Kolumnisten.
Martin Luther ist nun für Georg Diez ein Anlass, um sich mit seinem Vater, dem Pfarrer, mit sich und seiner Abkehr vom Christentum und auch mit Luther als dem Ursprung des Gedankenguts zu beschäftigen. Zum Glück ist "Martin Luther, mein Vater und ich" aber mehr als nur eine Selbstbespiegelung des Spiegel-Kolumnisten.
Luther lebte in Zeiten des Umbruchs - wie wir
Georg Diez erklärt Luther aus seiner Zeit, aus einer Zeit des Umbruchs. Und zieht Parallelen ins Heute. "Mein Gedanke war auch, (...) dass sich etwa die Angst, die heute herrscht, auf andere Art begreifen lässt, wenn man sie historisch sieht, wenn man sie mit der Mechanik der Angst zu verstehen versucht, wie sie vor 500 Jahren herrschte, als eine Medienrevolution Europa erschütterte, als das Bürgertum entstand, als die Naturwissenschaften das Weltbild grundlegend veränderten, als eine Geldkrise der Wenigen zu einer Existenzkrise der Vielen wurde, als die Türken vor Wien erst einmal eine militärische und dann eine theologische Bedrohung waren."
Wut ist ein grundlegender Teil des Glaubens
Für Georg Diez kam Luthers Drang nach Veränderung vor allem aus seiner Angst nicht nur vor dem Teufel und der Apokalypse, sondern auch vor der eigenen Zeit, vor dem Zeitenumbruch. Und so klingt aus dem Buch der Wunsch, dass auch heute aus einer gefühlten Angst und einer Wut, die auch Diez spürt, sich neue Gedanken für die Zukunft formen. Die evangelische Kirche kann für Diez diesen Weg nicht weisen, weil sie nicht die richtigen Fragen stellen würde, sie habe die Wut, die grundlegender Teil jeden Glaubens sei, domestiziert.