Georgien rechtfertigt Einsatz von Streubomben
Die stellvertretende Außenministerin Georgiens, Nino Kalandadze, hat eingeräumt, dass das georgische Militär in Südossetien Streubomben verwendet hat. Kalandadze bestätigte damit entsprechende Berichte der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch.
Christopher Ricke: Die Europäische Union lässt das Gespräch mit Moskau über ein neues Partnerschaftsabkommen ausgesetzt. Man erwartet, dass zunächst die russischen Soldaten aus Georgien abziehen. Der Ton gestern beim EU-Gipfel war streng gegenüber Moskau. Die Sorge der Europäer ist groß. Die Stimme war mahnend, aber mehr – mehr gibt’s auch nicht. Die, die ein scharfes Vorgehen gegen Russland gefordert haben, die sind verstummt. Jetzt betont man nur, dass man erwartet, dass das Abkommen vom 12. August auch respektiert und vollständig umgesetzt wird, und ich könnte mir vorstellen, dass man in Georgien sich vielleicht ein wenig mehr erhofft hat von diesem Gipfel der Europäischen Union. Ich spreche jetzt mit der stellvertretenden Außenministerin Georgiens, mit Nino Kalandadze. Ich grüße Sie! Guten Morgen!
Nino Kalandadze: Guten Morgen.
Ricke: Hat man sich denn mehr erwartet?
Kalandadze: Nein, eigentlich nicht. Nach langer Erwartung kam ein Dokument heraus, mit dem wir im Prinzip zufrieden sind. Dort sind einige Punkte enthalten, die für uns von großer Bedeutung sind. In erster Linie ist es entscheidend, dass die territoriale Integrität Georgiens zweifellos unterstützt wurde, dass die EU das non-recognition explizit festgesetzt hat. Sie hat vielmehr auch andere Staaten dazu aufgefordert, sich an die Unabhängigkeitserklärung nicht anzuschließen. Darüber hinaus sind wichtige politische Signale in Richtung Georgien, aber auch Russland gesetzt worden, indem sich die EU bereit erklärt, die Entscheidung über umfassende Freiheitszone und die Visa-Erleichterung politisch zu treffen und diesen Weg zu eröffnen. Besonders wichtig ist aber in dem Zusammenhang, dass Richtung Russland konkrete Warnungen fest ausgesprochen wurden. Davon wird nämlich die weitere Entwicklung auch abhängen. In diesem Zusammenhang ist für uns bereits ein Zeichen gesetzt worden, dass die EU bereit ist, weitere Verhandlungen mit Russland nicht aufzunehmen beziehungsweise die weitere Zusammenarbeit mit Russland zu überdenken und es davon abhängig zu machen, wie weit Russland bereit ist, sich an die Grundprinzipien zu halten. Dazu gehört eben auch die Stabilität in Georgien. Das ist für uns bereits ein Signal.
Ricke: Wenn Sie so zufrieden sind mit dem, was die Europäer beschlossen haben, was die Europäer als Signal nach Moskau geben, was sagen Sie denn dann den EU-Staaten, die sich ja wesentlich stärker engagieren wollten? Es gab ja zum Beispiel im Baltikum deutlich kräftigere Töne. War das alles unnötig?
Kalandadze: Nein, war es nicht. Es hat ja eine, so weit wir informiert sind, heftige Debatte in der Sitzung gegeben. Die Sitzung hat auch, so wie es aussieht, deshalb sehr lange gedauert. Wir haben insoweit mehr erwartet, als wir die Hoffnung hatten, dass die Sprache vielleicht noch stärker ist, dass man Russland ein Signal gibt, was Russland dazu bringt, sofort zu handeln. Mit der Sprache, die für den Beschluss gewählt wurde, werden meiner Ansicht nach die Ergebnisse trotzdem erzielt und wenn nicht, ist aber dann wieder die EU aufgefordert, tatsächlich sich an die Sprache zu halten und tatsächlich an die Warnungen zu halten und sie wirklich wahr zu machen. Das ist natürlich der nächste Schritt, der getan werden muss, und das ist auch die Erwartung von den osteuropäischen Ländern, die sich dafür stark gemacht haben.
Ricke: Es wird ganz klar erklärt, Südossetien, Abchasien sind Teile Georgiens. Das Wort, das benutzt wird, ist die territoriale Integrität. Die Realpolitik wird aber mittelfristig etwas anders aussehen. Man vergleicht inzwischen in Westeuropa die Situation in Südossetien, in Abchasien mit der Situation im Kosovo, wo ebenfalls nach einer Abspaltung das andere Land, Russland, sehr scharfe Worte gewählt hat, aber dann doch hat gewähren lassen. Ist das etwas, was auch mit Abchasien und Südossetien geschehen wird?
Kalandadze: Nein, nein. Das wird nicht passieren und zum Kosovo ist mehrfach gesagt worden, dass es ein anderer Fall ist. In diesem Zusammenhang ist sehr wichtig, dass tatsächlich unterstrichen wird, dass in Abchasien und Südossetien wirklich ethnische Säuberung stattgefunden hat, die man nicht legitim so hinnehmen kann und die man nicht akzeptieren kann und wird.
Die territoriale Integrität und Souveränität Georgiens ist festgehalten worden, ist völkerrechtlich anerkannt, und es wird auch erwartet, dass sie gewahrt wird. Selbstverständlich wird es länger dauern als wir erhofft haben, die Beziehungen zu den Abchasen und Südosseten wieder aufzunehmen. Wir werden alles Mögliche dazu tun, dass die Menschen dort sich einigermaßen gut fühlen, und wir werden versuchen, ihnen das Leben so erträglich wie möglich zu machen. Deswegen ist es auch wichtig, dass in dem Beschluss mit aufgenommen wurde, als es darum ging, Georgien einen Aufbaubeitrag zu leisten, dass auch Abchasien und Südossetien mit inbegriffen sind. Allerdings ist es natürlich von Bedeutung, dass alle wirtschaftliche Tätigkeit oder Investitionen, die dort getätigt werden, mit Absprache in Georgien vorangehen und sich im Einklang mit der georgischen Gesetzgebung finden. So weit wir dort aber einigermaßen beziehungsweise so weit wir die wirtschaftlichen Verhältnisse so wahren können und sie fortentwickeln können, ist die Hoffnung immer noch da – und die wird auch nicht aufgegeben -, dass wir nicht mit dem separatistischen Regime, aber mit der Bevölkerung dort eine gemeinsame Sprache finden, wie wir wieder zueinander finden.
Ricke: Das wird sehr, sehr schwer, wenn das stimmt, was die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch gestern gemeldet hat. Georgien, also das georgische Militär habe in Südossetien Streubomben verwendet. Das ist etwas, das tut man nicht – schon gar nicht im eigenen Land.
Kalandadze: Ja, das ist richtig. Das tut man nicht. Das ist auch generell verboten. Das gilt zwar nicht für Georgien, weil wir uns nicht an der Konvention angeschlossen haben, und diese Streubomben sind meiner Ansicht nach auch, so beschrieben worden, nur aus militärischen Gründen verwendet worden und nur dort, wo es keine Zivilbevölkerung gegeben hat.
Ricke: Die stellvertretende Außenministerin Georgiens. Vielen Dank, Frau Kalandadze.
Das gesamte Gespräch mit Nino Kalandadze können Sie bis zum 2. Februar 2009 in unserem Audio-on-Demand-Angebot nachhören. MP3-Audio
Nino Kalandadze: Guten Morgen.
Ricke: Hat man sich denn mehr erwartet?
Kalandadze: Nein, eigentlich nicht. Nach langer Erwartung kam ein Dokument heraus, mit dem wir im Prinzip zufrieden sind. Dort sind einige Punkte enthalten, die für uns von großer Bedeutung sind. In erster Linie ist es entscheidend, dass die territoriale Integrität Georgiens zweifellos unterstützt wurde, dass die EU das non-recognition explizit festgesetzt hat. Sie hat vielmehr auch andere Staaten dazu aufgefordert, sich an die Unabhängigkeitserklärung nicht anzuschließen. Darüber hinaus sind wichtige politische Signale in Richtung Georgien, aber auch Russland gesetzt worden, indem sich die EU bereit erklärt, die Entscheidung über umfassende Freiheitszone und die Visa-Erleichterung politisch zu treffen und diesen Weg zu eröffnen. Besonders wichtig ist aber in dem Zusammenhang, dass Richtung Russland konkrete Warnungen fest ausgesprochen wurden. Davon wird nämlich die weitere Entwicklung auch abhängen. In diesem Zusammenhang ist für uns bereits ein Zeichen gesetzt worden, dass die EU bereit ist, weitere Verhandlungen mit Russland nicht aufzunehmen beziehungsweise die weitere Zusammenarbeit mit Russland zu überdenken und es davon abhängig zu machen, wie weit Russland bereit ist, sich an die Grundprinzipien zu halten. Dazu gehört eben auch die Stabilität in Georgien. Das ist für uns bereits ein Signal.
Ricke: Wenn Sie so zufrieden sind mit dem, was die Europäer beschlossen haben, was die Europäer als Signal nach Moskau geben, was sagen Sie denn dann den EU-Staaten, die sich ja wesentlich stärker engagieren wollten? Es gab ja zum Beispiel im Baltikum deutlich kräftigere Töne. War das alles unnötig?
Kalandadze: Nein, war es nicht. Es hat ja eine, so weit wir informiert sind, heftige Debatte in der Sitzung gegeben. Die Sitzung hat auch, so wie es aussieht, deshalb sehr lange gedauert. Wir haben insoweit mehr erwartet, als wir die Hoffnung hatten, dass die Sprache vielleicht noch stärker ist, dass man Russland ein Signal gibt, was Russland dazu bringt, sofort zu handeln. Mit der Sprache, die für den Beschluss gewählt wurde, werden meiner Ansicht nach die Ergebnisse trotzdem erzielt und wenn nicht, ist aber dann wieder die EU aufgefordert, tatsächlich sich an die Sprache zu halten und tatsächlich an die Warnungen zu halten und sie wirklich wahr zu machen. Das ist natürlich der nächste Schritt, der getan werden muss, und das ist auch die Erwartung von den osteuropäischen Ländern, die sich dafür stark gemacht haben.
Ricke: Es wird ganz klar erklärt, Südossetien, Abchasien sind Teile Georgiens. Das Wort, das benutzt wird, ist die territoriale Integrität. Die Realpolitik wird aber mittelfristig etwas anders aussehen. Man vergleicht inzwischen in Westeuropa die Situation in Südossetien, in Abchasien mit der Situation im Kosovo, wo ebenfalls nach einer Abspaltung das andere Land, Russland, sehr scharfe Worte gewählt hat, aber dann doch hat gewähren lassen. Ist das etwas, was auch mit Abchasien und Südossetien geschehen wird?
Kalandadze: Nein, nein. Das wird nicht passieren und zum Kosovo ist mehrfach gesagt worden, dass es ein anderer Fall ist. In diesem Zusammenhang ist sehr wichtig, dass tatsächlich unterstrichen wird, dass in Abchasien und Südossetien wirklich ethnische Säuberung stattgefunden hat, die man nicht legitim so hinnehmen kann und die man nicht akzeptieren kann und wird.
Die territoriale Integrität und Souveränität Georgiens ist festgehalten worden, ist völkerrechtlich anerkannt, und es wird auch erwartet, dass sie gewahrt wird. Selbstverständlich wird es länger dauern als wir erhofft haben, die Beziehungen zu den Abchasen und Südosseten wieder aufzunehmen. Wir werden alles Mögliche dazu tun, dass die Menschen dort sich einigermaßen gut fühlen, und wir werden versuchen, ihnen das Leben so erträglich wie möglich zu machen. Deswegen ist es auch wichtig, dass in dem Beschluss mit aufgenommen wurde, als es darum ging, Georgien einen Aufbaubeitrag zu leisten, dass auch Abchasien und Südossetien mit inbegriffen sind. Allerdings ist es natürlich von Bedeutung, dass alle wirtschaftliche Tätigkeit oder Investitionen, die dort getätigt werden, mit Absprache in Georgien vorangehen und sich im Einklang mit der georgischen Gesetzgebung finden. So weit wir dort aber einigermaßen beziehungsweise so weit wir die wirtschaftlichen Verhältnisse so wahren können und sie fortentwickeln können, ist die Hoffnung immer noch da – und die wird auch nicht aufgegeben -, dass wir nicht mit dem separatistischen Regime, aber mit der Bevölkerung dort eine gemeinsame Sprache finden, wie wir wieder zueinander finden.
Ricke: Das wird sehr, sehr schwer, wenn das stimmt, was die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch gestern gemeldet hat. Georgien, also das georgische Militär habe in Südossetien Streubomben verwendet. Das ist etwas, das tut man nicht – schon gar nicht im eigenen Land.
Kalandadze: Ja, das ist richtig. Das tut man nicht. Das ist auch generell verboten. Das gilt zwar nicht für Georgien, weil wir uns nicht an der Konvention angeschlossen haben, und diese Streubomben sind meiner Ansicht nach auch, so beschrieben worden, nur aus militärischen Gründen verwendet worden und nur dort, wo es keine Zivilbevölkerung gegeben hat.
Ricke: Die stellvertretende Außenministerin Georgiens. Vielen Dank, Frau Kalandadze.
Das gesamte Gespräch mit Nino Kalandadze können Sie bis zum 2. Februar 2009 in unserem Audio-on-Demand-Angebot nachhören. MP3-Audio