Geplante Arbeitsrechtsreform in Frankreich

"Macron wird es wie Hollande ergehen"

Die Journalistin Ulrike Herrmann
Die Journalistin Ulrike Herrmann © Deutschlandradio / Nils Heider
Ulrike Herrmann im Gespräch mit Korbinian Frenzel |
Frankreichs Präsident Macron will das Arbeitsrecht lockern. Sein Kabinett hat dafür heute wichtige Voraussetzungen geschaffen. Die Wirtschaftsjournalistin Ulrike Herrmann gibt den Plänen keine große Chance. Und Deutschland tauge nicht als Vorbild.
Die Arbeitsmarktreform zählt zu den zentralen Wahlversprechen von Präsident Emmanuel Macron und soll der französischen Wirtschaft neuen Schwung verleihen. Insgesamt soll das französische Arbeitsrecht flexibler werden. Macron wolle den Kündigungsschutz lockern und die Löhne indirekt drücken, kritisiert Herrmann. Das erinnere sehr stark an die Agenda 2010, in deren Folge Deutschland Lohndumping betrieben habe. Das Wachstum sei nur an die Unternehmer gegangen: "Macron versucht jetzt, genau das zu kopieren." Allerdings hätten die Franzosen einen "Nachteil in der Konkurrenzfähigkeit von 20 Prozent", so Herrmann. "Jetzt müsste Macron langfristig die Löhne um 20 Prozent senken, das ist überhaupt nicht möglich."
Vielmehr müsse Deutschland seine Löhne erhöhen, denn es habe sich einen "unlauteren Wettbewerbsvorteil" verschafft mit enormen Exportüberschüssen. Zu den Erfolgsaussichten Macrons sagt die Wirtschaftexpertin:
"Als Hollande vor fünf Jahren gewählt wurde, waren auch alle ganz euphorisch, und dann ganz schnell galt er als lahme Ente, was er auch war, weil er sich gegen Deutschland nicht durchsetzen wollte. Genau das Gleiche wird Macron passieren."

Rasches Ende eines langen Kulturkampfes

Weiteres Thema in der Sendung: die Ehe für alle. Herrmann findet: ein überraschend rasches Ende eines langen Kulturkampfes. Am Montag sprach Bundeskanzlerin Merkel eher beiläufig von einer Gewissensentscheidung - am Freitag soll der Bundestag abstimmen. Herrmann verweist jedoch auf Umfragen, wonach sich eine Mehrheit von über 80 Prozent schon lange für die Ehe für alle ausspreche:
"Das war wieder ein ganz typischer Schachzug von Merkel. Immer wenn konservative Themen nicht mehr mehrheitsfähig sind, dann bewegt sie sich. Das Gleiche war auch beim Ausstieg aus der Atomenergie nach Fukushima. (...) Es ist völlig klar, dass (…) die Ehe für alle nicht für alle Wähler wichtig (ist), aber für ganz relevante Minderheiten, die dann auch wahlentscheidend sein können - und eben da hat sie sich wieder entschlossen, den konservativen Flügel in der CDU ein bisschen abzusägen."
Dass die Kanzlerin die Abstimmung zur Gewissensentscheidung gemacht habe, liege daran, dass es Mehrheiten im Bundestag auch ohne den konservativen Flügel der CDu gebe: "Sie wollte eigentlich nur den Fraktionszwang verhindern und die maximale Auseinandersetzung. Aber es ist wahr: Eigentlich geht es da nicht um Gewissen, sondern um Menschenrechte."

Ulrike Herrmann ist Wirtschaftsredakteurin bei der "taz". Nach einer Ausbildung zur Bankkauffrau absolvierte sie die Henri-Nannen-Schule und studierte Geschichte und Philosophie an der Freien Universität Berlin. Seit dem Jahr 2000 arbeitet sie für die Berliner Tageszeitung "taz" u.a. als Leiterin der Meinungsredaktion und als Parlamentskorrespondentin.

Mehr zum Thema