Geräusche aus der Kindheit
Ob es der Wind ist, der durchs Gras streicht oder der Regen, der auf ein Dachfenster fällt. Geräusche bringen in uns Kindheitserinnerungen wieder. © imago images / Imaginechina-Tuchong
Ein Fenster in die Vergangenheit
06:33 Minuten
Von Bettina Conradi · 01.05.2022
Manchmal sind es ganz alltägliche Geräusche wie ein Staubsauger oder das Rauschen des Windes, die in uns Kindheitserinnerungen wecken. Manchmal sind es aber auch dramatische Geräusche, je nachdem, wann und wo wir aufgewachsen sind.
Ein Geräusch, das ein Fenster in die Vergangenheit ist und uns an unsere Kindheit erinnert, ist etwas sehr Persönliches. Es hängt davon ab, ob wir in einer Stadt oder auf dem Land aufgewachsen sind, ob in Deutschland oder in der Ferne, irgendwo auf der Welt. Auch Lebensumstände spielen eine Rolle. Sind wir in einer wohlsituierten, bürgerlichen Familie aufgewachsen oder in einem Arbeiterhaushalt?
Geräusche aus der Kindheit
Und manche Geräusche gibt es heute glücklicherweise nicht mehr. Deshalb ist auch die Zeit entscheidend, wann wir unsere Kindheit erlebt haben. In dieser Serie erzählen Menschen von Erlebnissen, die sie mit bestimmten Geräuschen ihrer Kindheit verbinden.
Eine von ihnen ist Maria. Sie wuchs im kolumbianischen Bogota auf. In ihrer Kindheit fuhr die Familie hinaus aufs Land an einen Fluss. Dort lernte Maria von ihrem Vater, dass sie beim Angeln nicht reden darf. Das hatte tatsächlich Erfolg. Irgendwann hing etwas an der Angel. Und das stellte sich als richtig großer Fang heraus.
Später studierte Maria Kunst. Das Geräusch des fließenden Wassers hat sie aber nicht mehr losgelassen. "Ich habe im Kunststudium mich oft mit Wasser auseinandergesetzt. Das ist natürlich auch durch diese Erinnerungen geprägt", sagt Maria.
Geräusch aus der Kindheit
Maria, das Wasser und der Riesenfisch
01.05.2022
04:33 Minuten
Besonders unheimlich ist es, wenn man als Kind allein in einem Haus ist, das Haus von einem dunklen Wald umgeben ist und von irgendwoher Geräusche kommen.© picture alliance / All Canada Photos / Dave Heath
Simone wuchs in der Schweiz auf. Wenn ihre Eltern abends ausgingen, blieben Simone und ihre Schwester als Kinder allein im Haus. Am Geräusch des Autos hörten sie, wenn die Eltern nach Hause kamen. Doch eines Nachts fuhr ein fremdes Auto vor und ein Mann mit Gewehr stieg aus.
Bei ihm waren noch andere Männer und Simone und ihre Schwester befürchteten, dass die Männer bei ihnen einbrechen würden. "Meine Eltern waren weiter weg und wir wussten nicht, wen wir holen sollten", erzählt Simone. Glücklicherweise stellte sich alles aber als ganz harmlos heraus.
Geräusch aus der Kindheit
Das Auto in der Nacht vor dem Haus
24.04.2022
06:33 Minuten
Als Kinder die Nachbarn ausspioniert
In Katjas Zuhause gab es eine große, alte Standuhr. In dem Gehäuse schwang das Pendel hinter einer Scheibe hin und her. Bis heute erinnert sich Katja an das Ticken der Uhr. Bei dem Geräusch kommen auch viele andere Bilder aus Kindheitstagen wieder.
Katja hatte als Kind drei Freundinnen. Die vier nannten sich "Die vier Fragezeichen" und suchten nach allerlei mysteriösen Vorfällen in ihrer Umgebung. Von einem leeren Dachboden aus spionierten sie dann die Nachbarn aus.
Geräusch aus der Kindheit
Das Ticken der Pendeluhr
17.04.2022
05:13 Minuten
Die Klänge einer Santur empfand Yavar in seiner Kindheit immer als etwas für alte Leute. Heute verbindet er gute Erinnerungen mit diesen Klang.© imago images / Viren Desai / Dinodia
Yavar lebt in Deutschland im Exil. Er kommt aus dem Iran. Wenn er an seine Kindheit denkt, fällt ihm der Klang der Santur ein. Seine Mutter unterrichtete Schüler, wie man die Santur spielt. Dabei kamen selten schöne Klänge heraus.
Yavar interessierte sich damals für Rock-Musik. Das arabische Saiteninstrument war für Yavar immer etwas für alte Leute. Wenn er heute als Erwachsener die Musik einer Santur hört, wirkt es eher beruhigend auf ihn und er erinnert ihn an seine Mutter.
Geräusch aus der Kindheit
Die Klänge der Santur
10.04.2022
04:24 Minuten
Die Mutter mit dem Rohrstock
Wenn die Zimmertür über den Teppich schrabte, drohte Rüdiger und seinem Bruder nichts Gutes. Als Kinder teilten sie sich ein Zimmer. Bevor sie ins Bett gingen alberten sie meist noch herum. Dann lagen sie jeder in seinem Bett. Doch zur Ruhe kamen sie meist nicht so schnell.
Wenn die Zimmertür aufging, hörten sie die Tür und den Teppich und dann kam die Mutter mit dem Rohrstock. "Wir wussten, Widerstand ist zwecklos. Wir mussten uns auf den Bauch legen und dann bekam zuerst mein Bruder ein paar Hiebe und dann war ich dran." Weinend schliefen sie dann ein.
Geräusch aus der Kindheit
Prügel mit dem Stock
03.04.2022
04:43 Minuten
Ein Familienurlaub an der Ostsee in ihrer Kindheit bleibt für Beate immer in Erinnerung.© imago images / Panthermedia
Das Geräusch tosender Wellen ist für Beate mit ihrer Kindheit verbunden. Als sie zehn Jahre alt war, kaufte ihr Vater an der Ostsee eine Luftmatratze. Anfangs blieb er bei ihr, doch dann wollte er nur kurz etwas vom Strandkorb holen und lies Beate auf ihrer Luftmatratze allein.
Beate trieb damit hinaus aufs Meer - immer weiter. Vor Angst konnte sie nicht mal um Hilfe rufen. "Ich saß wie versteinert auf meiner Matratze", erinnert sie sich heute. Ihr Vater sah sie dann irgendwann ganz weit draußen und schwamm, wie um sein Leben. Beate vermutet er fühlte sich anschließend schuldig. Auch Beate fühlte sich schuldig, weil sie niemanden um Hilfe gebeten hatte. "Wir haben nie miteinander darüber gesprochen", sagt Beate heute.
Geräusch aus der Kindheit
Das tosende Meer an der Ostsee
27.03.2022
03:50 Minuten
