Gereizt, gedrückt und gestochen
Am Samstag begann in Altenburg die weltweit erste Skatolympiade. Der Ort dafür konnte nicht besser gewählt sein, denn hier wurde das Skatspiel erfunden. Seit 500 Jahren werden hier Spielkarten produziert und in alle Welt verkauft.
Von außen wirkt der Goldene Pflug weniger rustikal, als es sein Name vermuten lässt. Kühl und mondän steht er auf einer Altenburger Anhöhe und erinnert eher an einen modernen Opernbau, als an eine ostdeutsche Mehrzweckhalle. Und doch werden hier keine Arien gesungen oder Tragödien zelebriert, sondern ganz volkstümlich die Karten gemischt. Die ersten Skatfreunde versammeln sich im Goldenen Pflug für die große Olympiade.
Ein Grand mit Vieren - ein Start nach Maß. Zu viert sitzen meist ältere Herren an einem Tisch und reizen um das beste Blatt. Nur selten ist eine Frau dabei. Skatfreund Peter Reuter aus der Eifel ist auch angereist und inspiziert das Teilnehmerfeld. Er kontrolliert die Anmeldeformulare, schließlich muss alles mit rechten Dingen zu gehen. Reuter ist Verbandsspielleiter des Deutschen Skatverbands und hat die Olympiade organisiert.
Reuter: "Die Idee dazu entstand vor zwei Jahren. Da wurde unser Präsident von verschiedenen Spielern angesprochen: Warum macht der Deutsche Skatverband nicht innerhalb Deutschlands mal ein großes Skatevent. Und dann hat der Präsident mich angesprochen und hat gesagt: Mensch, du bist für den Spielbetrieb zuständig, was sollen wir anbieten? Ich denke mal an eine Olympiade. Wärst du bereit, das alles durch zu organisieren. Ich habe die Zusage gemacht und diese Woche fängt sie dann an."
Jeder, der das Skaten beherrscht, kann in Altenburg mitmachen. Der olympische Gedanke zählt: Dabei sein ist alles. Anders als bei Weltmeisterschaften oder Europameisterschaften muss man sich nicht im Vorfeld qualifizieren. Eine Startgebühr von 60 Euro reicht. Trotzdem haben sich viele Spitzenspieler angekündigt, um sich mit der internationalen Konkurrenz zu messen. Die Veranstalter rechnen mit rund 250 Teilnehmern und packenden Wettkämpfen. Denn mit Kneipenskat, so Peter Reuter, hat das alles nichts zu tun. Vielmehr sind Disziplin und Sportsgeist gefragt.
Reuter: "Jeder muss konzentriert am Tisch sitzen und nicht wie beim Kneipenskat seine drei, vier Bier und dann auf den Tisch klopfen und sagen: "Contra!", "Re!" - was bei uns ja auch verpönt ist. Hier ist reiner Wettstreit. Es werden 48 Spiele gespielt. Danach werden Punkte verteilt und da muss man konzentriert sein. Diese Olympiade über 16 Runden kann nur Einer gewinnen, der in diesen 16 Runden so gut wie keinen Alkohol trinkt, der voll sportlich gesehen sich konzentriert."
Mit Altenburg als Austragungsstätte haben die Veranstalter eine gute Wahl getroffen. Nirgendwo sonst ist das Skatspiel tiefer verankert als in der ostthüringischen Gemeinde. Altenburg gilt als die Wiege des Skatspiels, das sich einst aus dem ländlichen Schafskopf heraus entwickelte. 1813 taucht das Wort Skat zum ersten Mal in einer Altenburger Spielkladde auf. Seither hat das Spiel seinen Siegeszug um die ganze Welt angetreten. Allein in Deutschland, so schätzt man, gibt es rund 20 Millionen Skatspieler. Der Begriff selbst stammt vom Italienischen scatare ab, was so viel wie drücken oder weglegen bedeutet. Dies bezieht sich auf die alte Regel, vor Spielbeginn zwei Karten auf die Seite zu legen, also zu drücken. Das macht man noch immer so. Aber dennoch hat sich eine Menge verändert. Ob das Zahlenreizen, ‚Null’ oder ‚Grand’ – mit der Zeit gab es viele Neuerungen. Nicht nur im Spiel, wie Helmut Görtler von der Verbandsgruppe "Skatstadt Altenburg" zu berichten weiß.
Görtler: "Es gab eine Vielfalt von Blättern, die bestimmte Anlässe widerspiegelten. Wir haben eine Trachtenkarte in Altenburg gehabt, eine Schwerterkarte… Wir haben hier die größte Kartensammlung in dem Mitteldeutschen Raum - und zwar an Herzkönigen. Mehrere Tausend Herz Könige. Da sehen sie schon, was für eine Vielzahl der Karten gemacht werden."
Keine Frage: Diese Stadt ist skatversessen. Hier gibt es kaum etwas, das nicht mit dem Spiel zu tun hätte. Angefangen bei der Kartenfabrik über das Skatmuseum bis hin zum weltweit einmaligen Skatbrunnen – im Osterland um Altenburg ist man von klein auf mit den Riten des Spiels vertraut. So gehört es zur guten Tradition, seine Karten im 1903 erbauten Skatbrunnen zu taufen, bevor man sich einem der zwölf Skatclubs der Stadt anschließt. Sollte es beim Spiel einmal zu Streitereien kommen, wendet man sich am besten an das Internationale Skatgericht, das – man ahnt es – seinen Sitz in Altenburg hat. Zu den neun Mitgliedern des exklusiven Gremiums gehört auch Wilfried Hermann. Der 64-Jährige über immer wiederkehrende Fälle, die an das Gericht herangetragen werden.
Hermann: "Na, die normal sich immer wiederholenden sind solche, sagen wir mal simplen Fälle: Geht’s um Contra-Re, was also nicht Bestandteil der Skatordnung ist. Des Weiteren: Ist 30 Schneider, oder nicht? Alle anderen sind schon sehr oft sehr interessante Anfragen, die natürlich auch nicht in zwei Minuten entschieden werden, wo sehr oft das Skatgericht bei zwei Tagungen dazu berät."
Selbstverständlich nimmt Wilfried Hermann auch selbst an der Olympiade teil. Zwar ist seine große Zeit schon vorbei, aber vielleicht kann er es den Jungen ja noch einmal zeigen. In jedem Fall hat man mit ihm einen regelkundigen Mitspieler an der Seite, der in unklaren Situationen schnell Rat weiß. Doch nicht immer geht es in der Skatwelt nach Vorschrift. Trotz vieler Regeln und Bestimmungen gibt es immer wieder Spieler, die ihrem Glück mit unlauteren Mitteln auf die Sprünge zu helfen versuchen. Spielleiter Peter Reuter hat im Laufe seiner Amtszeit so manche waghalsige Betrügerei erlebt.
O-Ton Reuter: "Ganz groß mal bei einer Weltmeisterschaft: Da fragt der dann rüber ‚Wie hat Dortmund gespielt?’ Dann sagte der 2:2. Da wusste er: die Buben stehen 2:2. Solche Dinger sind passiert. Aber wir haben jetzt weltweit eine schwarze Liste, die von mir geführt wird. Da sind die Leute drin. Wir haben welche, die sind lebenslang gesperrt, wir haben welche, die sind zwei, drei Jahre gesperrt, und die Leute wissen das. Also wir werden bestimmt eine saubere Olympiade erleben."
Das steht zu hoffen. Denn wenn alles reibungslos verläuft, trifft sich die Skatelite in zwei Jahren wieder in Altenburg, um einen neuen Champion zu küren. Der Stadt wäre es zu gönnen, genau wie ihren skatverrückten Bürgern. Doch zunächst einmal heißt es: Möge der Beste gewinnen – ob er nun Altenburger ist, oder nicht.
Ein Grand mit Vieren - ein Start nach Maß. Zu viert sitzen meist ältere Herren an einem Tisch und reizen um das beste Blatt. Nur selten ist eine Frau dabei. Skatfreund Peter Reuter aus der Eifel ist auch angereist und inspiziert das Teilnehmerfeld. Er kontrolliert die Anmeldeformulare, schließlich muss alles mit rechten Dingen zu gehen. Reuter ist Verbandsspielleiter des Deutschen Skatverbands und hat die Olympiade organisiert.
Reuter: "Die Idee dazu entstand vor zwei Jahren. Da wurde unser Präsident von verschiedenen Spielern angesprochen: Warum macht der Deutsche Skatverband nicht innerhalb Deutschlands mal ein großes Skatevent. Und dann hat der Präsident mich angesprochen und hat gesagt: Mensch, du bist für den Spielbetrieb zuständig, was sollen wir anbieten? Ich denke mal an eine Olympiade. Wärst du bereit, das alles durch zu organisieren. Ich habe die Zusage gemacht und diese Woche fängt sie dann an."
Jeder, der das Skaten beherrscht, kann in Altenburg mitmachen. Der olympische Gedanke zählt: Dabei sein ist alles. Anders als bei Weltmeisterschaften oder Europameisterschaften muss man sich nicht im Vorfeld qualifizieren. Eine Startgebühr von 60 Euro reicht. Trotzdem haben sich viele Spitzenspieler angekündigt, um sich mit der internationalen Konkurrenz zu messen. Die Veranstalter rechnen mit rund 250 Teilnehmern und packenden Wettkämpfen. Denn mit Kneipenskat, so Peter Reuter, hat das alles nichts zu tun. Vielmehr sind Disziplin und Sportsgeist gefragt.
Reuter: "Jeder muss konzentriert am Tisch sitzen und nicht wie beim Kneipenskat seine drei, vier Bier und dann auf den Tisch klopfen und sagen: "Contra!", "Re!" - was bei uns ja auch verpönt ist. Hier ist reiner Wettstreit. Es werden 48 Spiele gespielt. Danach werden Punkte verteilt und da muss man konzentriert sein. Diese Olympiade über 16 Runden kann nur Einer gewinnen, der in diesen 16 Runden so gut wie keinen Alkohol trinkt, der voll sportlich gesehen sich konzentriert."
Mit Altenburg als Austragungsstätte haben die Veranstalter eine gute Wahl getroffen. Nirgendwo sonst ist das Skatspiel tiefer verankert als in der ostthüringischen Gemeinde. Altenburg gilt als die Wiege des Skatspiels, das sich einst aus dem ländlichen Schafskopf heraus entwickelte. 1813 taucht das Wort Skat zum ersten Mal in einer Altenburger Spielkladde auf. Seither hat das Spiel seinen Siegeszug um die ganze Welt angetreten. Allein in Deutschland, so schätzt man, gibt es rund 20 Millionen Skatspieler. Der Begriff selbst stammt vom Italienischen scatare ab, was so viel wie drücken oder weglegen bedeutet. Dies bezieht sich auf die alte Regel, vor Spielbeginn zwei Karten auf die Seite zu legen, also zu drücken. Das macht man noch immer so. Aber dennoch hat sich eine Menge verändert. Ob das Zahlenreizen, ‚Null’ oder ‚Grand’ – mit der Zeit gab es viele Neuerungen. Nicht nur im Spiel, wie Helmut Görtler von der Verbandsgruppe "Skatstadt Altenburg" zu berichten weiß.
Görtler: "Es gab eine Vielfalt von Blättern, die bestimmte Anlässe widerspiegelten. Wir haben eine Trachtenkarte in Altenburg gehabt, eine Schwerterkarte… Wir haben hier die größte Kartensammlung in dem Mitteldeutschen Raum - und zwar an Herzkönigen. Mehrere Tausend Herz Könige. Da sehen sie schon, was für eine Vielzahl der Karten gemacht werden."
Keine Frage: Diese Stadt ist skatversessen. Hier gibt es kaum etwas, das nicht mit dem Spiel zu tun hätte. Angefangen bei der Kartenfabrik über das Skatmuseum bis hin zum weltweit einmaligen Skatbrunnen – im Osterland um Altenburg ist man von klein auf mit den Riten des Spiels vertraut. So gehört es zur guten Tradition, seine Karten im 1903 erbauten Skatbrunnen zu taufen, bevor man sich einem der zwölf Skatclubs der Stadt anschließt. Sollte es beim Spiel einmal zu Streitereien kommen, wendet man sich am besten an das Internationale Skatgericht, das – man ahnt es – seinen Sitz in Altenburg hat. Zu den neun Mitgliedern des exklusiven Gremiums gehört auch Wilfried Hermann. Der 64-Jährige über immer wiederkehrende Fälle, die an das Gericht herangetragen werden.
Hermann: "Na, die normal sich immer wiederholenden sind solche, sagen wir mal simplen Fälle: Geht’s um Contra-Re, was also nicht Bestandteil der Skatordnung ist. Des Weiteren: Ist 30 Schneider, oder nicht? Alle anderen sind schon sehr oft sehr interessante Anfragen, die natürlich auch nicht in zwei Minuten entschieden werden, wo sehr oft das Skatgericht bei zwei Tagungen dazu berät."
Selbstverständlich nimmt Wilfried Hermann auch selbst an der Olympiade teil. Zwar ist seine große Zeit schon vorbei, aber vielleicht kann er es den Jungen ja noch einmal zeigen. In jedem Fall hat man mit ihm einen regelkundigen Mitspieler an der Seite, der in unklaren Situationen schnell Rat weiß. Doch nicht immer geht es in der Skatwelt nach Vorschrift. Trotz vieler Regeln und Bestimmungen gibt es immer wieder Spieler, die ihrem Glück mit unlauteren Mitteln auf die Sprünge zu helfen versuchen. Spielleiter Peter Reuter hat im Laufe seiner Amtszeit so manche waghalsige Betrügerei erlebt.
O-Ton Reuter: "Ganz groß mal bei einer Weltmeisterschaft: Da fragt der dann rüber ‚Wie hat Dortmund gespielt?’ Dann sagte der 2:2. Da wusste er: die Buben stehen 2:2. Solche Dinger sind passiert. Aber wir haben jetzt weltweit eine schwarze Liste, die von mir geführt wird. Da sind die Leute drin. Wir haben welche, die sind lebenslang gesperrt, wir haben welche, die sind zwei, drei Jahre gesperrt, und die Leute wissen das. Also wir werden bestimmt eine saubere Olympiade erleben."
Das steht zu hoffen. Denn wenn alles reibungslos verläuft, trifft sich die Skatelite in zwei Jahren wieder in Altenburg, um einen neuen Champion zu küren. Der Stadt wäre es zu gönnen, genau wie ihren skatverrückten Bürgern. Doch zunächst einmal heißt es: Möge der Beste gewinnen – ob er nun Altenburger ist, oder nicht.