Das patriarchalische Mantra - düster untermalt
"Rose Bernd“ bei den Salzburger Festspielen könnte ein Sozialdrama sein - doch eigentlich will Regisseurin Karin Henkel etwas ganz anderes erzählen: Von der Unterdrückung der Frau in patriarchalischen Strukturen. Das gelingt aber nur so halb.
Den einen Mann soll sie heiraten, von einem anderen ist sie schwanger, ein dritter erpresst sie deswegen, am Ende wird Hauptmanns Titelheldin ihr Neugeborenes töten, aus Verzweiflung: "Rose Bernd" ist ein klassisches Sozialdrama. Karin Henkel aber will weder die Fallstudie einer Kindermörderin noch Hauptmanns Naturalismus. Die Regisseurin sucht das Artifizielle und Allgemeingültige, will ganz grundsätzlich von der Unterdrückung der Frau in patriarchalischen Strukturen erzählen.
Lina Beckmann in der Titelrolle sieht anfangs aus wie die Priesterin irgendeines Weiblichkeitskults – weiß geschminkt, mit bunten Blumen im Haar. In ihrer sexuellen Anziehungskraft liegt eine Macht über die Männer, gegen die dieses sich gewaltsam zur Wehr setzen.
Von Anfang an ist der Ausgang vorgezeichnet
Alles schreit hier nach höherer Bedeutung. Ständig untermalt dräuende Musik die Szenen. Die Bühne von Volker Hintermeier ist ein schwarzer Schlund, halb Tunnelröhre, halb Höllentor; hinten an der Wand lehnt ein Kruzifix, das symbolträchtig aufleuchtet, als Vater Bernd die Sittsamkeit seiner Tochter beschwört. Ein fast zwanzig Mann starker Chor betet das Mantra der patriarchalischen Gesellschaftsordnung herunter.
Bei so massiver männlicher Übermacht bleibt Lina Beckmann als Rose Bernd nur die Opferrolle. Zwar versucht sie sich mit trotzigem Behauptungswillen immer wieder selbst stark zu reden. Ihr verschreckter Blick, die immer wieder entgleitende Gestik aber erzählen das Gegenteil. Keine Frage, Beckmann macht das gut, erntet sogar stehende Ovationen vom Premierenpublikum, das Schicksal ihrer Rose Bernd aber ist von Anfang an so offenkundig vorgezeichnet, dass man sich fragt, wieso man sich den Rest der Vorstellung überhaupt noch ansehen sollte.