Wie ein Bürgerrat das Klima retten will
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Das Klimapaket der Bundesregierung reicht nicht, um einen entscheidenden Beitrag zur Klimawende zu leisten, sagen Kritiker. Die Bürgerinitiative "German Zero" will ein Gesetz einbringen, dass der Politik höhere Ziele setzt, das Klima zu schützen.
Bis spätestens 2035 soll Deutschland klimaneutral sein – so will es nicht nur die Bürgerinitiative "German Zero". Sie hält es auch für dringend nötig, denn sonst droht eine unumkehrbare Entwicklung mit katastrophalen Folgen für die Welt. Deshalb soll ein Bürgerrat ein Klimagesetz erarbeiten, das im Jahr 2022 Bundestag und Bundesrat verabschieden sollen. Eine Erderwärmung von nicht mehr als 1,5 Grad ist das Ziel – statt drei Grad.
Initiator der Aktion ist Heinrich Strößenreuther, der 2016 in Berlin bereits mit einem Fahrradvolksentscheid ein neues Mobilitätsgesetz angestoßen hat. Ähnlich soll es auch beim "1,5-Grad-Gesetz" passieren: Am 17. Dezember 2019 will die Initiative in Berlin einen Klimaplan vorlegen, wie man das Ziel erreicht. Damit soll die inhaltliche Debatte starten, die von kommendem Jahr an ein Bürgerrat fortsetzen soll. In diesem Rat sollen 100 bis 150 Bürger miteinander diskutieren. Welche das sind, entscheidet das Los.
Äquatorzone könnte unbewohnbar werden
Laut Stößenreuter ist die Situation sehr ernst: "Wenn wir so weitermachen, auch mit dem Klimapaketchen der Bundesregierung, marschieren wir direkt auf drei bis vier Grad zu. Da leben wir in einer Welt, in der man 1000 Kilometer nördlich und südlich vom Äquator nicht mehr leben kann. Da stirbt man nach drei Stunden im Freien. Es geht darum, einen wirklichen Gau, von Demokratie, von Zusammenleben, besser hinzukriegen auf einem 1,5 Grad-Niveau."
Doch wie will man es schaffen, dass so viele verschiedene Menschen sich einigen? Mit Moderatoren, sagt Strößenreuter. Vorbild sei Irland, das es geschafft habe, mit Katholiken und Protestanten in einem Bürgerrat ein fortschrittliches Abtreibungsgetz vorzubereiten, das per Referendum entschieden wurde.
CO2-Steuer soll helfen
Eines der Ziele ist ein finanzieller Anreiz: "Wir werden definitiv eine CO2-Steuer brauchen, die dafür sorgt, dass klimafreundliches Verhalten billiger und klimaschädliches Verhalten teurer wird." Eine Reduktion der Mehrwertsteuer sei die sozialverträglichste Maßnahme. Aber auch der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs und von Windenergie sollen Themen sein. So sollen auch ländliche Regionen profitieren, wenn etwa Gemeinden an den Einnahmen aus Windmühlen partizipieren und damit Schule und Sportplätze davon sanieren können.
"Die Diskussion wollen wir, die brauchen wir vor allem, denn die 1,5 Grad kommen nicht irgendwo her, sondern wenn wir es miteinander schaffen, für faire Regeln zu sorgen und diesen Aufbruch hinzukriegen, in Deutschland und damit auch als Vorbild für die Welt, und global die 1,5 Grad hinbekommen", sagt Strößenreuther.
Um zu verhindern, dass das von den Bürgern beschlossene Gesetz von der Politik verwässert oder gestoppt werde, sei das Ziel, eine Zweidrittelmehrheit im Deutschen Bundestag und Bundesrat zu erreichen.
"Wir haben diese einzige, letzte Chance", sagt Strößenreuther. "Wenn wir 2022 diese Entscheidung nicht treffen werden, wird es 2026 zu spät sein. Dann haben wir ein galoppierendes Klimasystem, das wir nicht mehr in den Griff kriegen werden. Und das ist die Botschaft: Wenn wir für unsere Kinder, für unsere Enkel sorgen wollen, dann haben wir jetzt drei letzte Jahre, das hinzukriegen."
(leg)