Gescheiterte Presseförderung des Bundes

"Nur Geld vor die Tür kippen – das reicht nicht"

16:04 Minuten
Zeitungen stecken in Briefkästen eines Mehrfamilienhauses
"Eine Gießkannenförderung für all diejenigen, die Papier bedrucken, das kann eigentlich nicht das Ziel sein", meint Christopher Buschow. © picture alliance / Soeren Stache
Christopher Buschow im Gespräch mit Katja Bigalke und Martin Böttcher |
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Die geplante Presseförderung durch den Bund ist gescheitert. Doch allein auf gedruckte Medien zu setzen, sei aber sowieso falsch gewesen, sagt der Medienwissenschaftler Christopher Buschow. Es brauche Unterstützung für innovative Ideen.
Sie wäre ein Novum in der Geschichte der deutschen Presse gewesen: die Presseförderung des Bundes. Es ging um 220 Millionen Euro. Mit diesem Geld sollten die Verlage zum ersten Mal direkte finanzielle Unterstützung erhalten. Bisher gab es in Deutschland nur indirekte Förderungen, zum Beispiel über die verminderte Umsatzsteuer.
Den Journalismus zukunftssicher zu machen, ihn wieder an Nutzerinnen und Nutzer auch in jungen Zielgruppen zu bringen, seine Qualität zu bewahren oder sogar zu steigern, das nennt der Medienwissenschaftler Christopher Buschow als Ziele einer Presseförderung. Er hat 2020 ein Gutachten zur Innovationsförderung im Journalismus erstellt.

Innovations- statt Gießkannenförderung

Das bisherige vorgelegte Konzept zur Förderung sei nie eine ernst zu nehmende Innovationsförderung gewesen: "Eine Gießkannenförderung für all diejenigen, die Papier bedrucken, das kann eigentlich nicht das Ziel einer Förderung seien, die Journalismus unterstützen will, der qualitätsvoll daherkommt und seine Funktion für unser demokratisches Gemeinwesen übernimmt", kritisiert Buschow.
Wichtig sei, die Programme für digitale Player zu öffnen und nicht alleine, wie ursprünglich vorgesehen, an die drei Mediengattungen Abonnementzeitungen, Zeitschriften und Anzeigenblätter zu koppeln.
Zudem müsse eine Förderung auch offen sein für gemeinnützige Akteure, die nicht die Absicht haben, Gewinne zu erzielen. Die hätten sich zusätzlich als relativ innovationsfähig erwiesen. "Das heißt, so ein Programm muss offen sein für all diejenigen, die mit den besten Ideen versuchen, den Journalismus zukunftssicher zu machen", fordert der Medienwissenschaftler.

Flexible Finanzförderung und Coachings

Durch das Scheitern ergebe sich nun eine Chance auf eine solche in die Zukunft gerichtete Förderstruktur. Ein Blick in europäische Nachbarländer zeige, wie so etwas aussehen könnte.
In den Niederlanden gebe es beispielsweise eine sehr flexible Förderung je nach Budgetbedarf und eine Kombination von finanziellen Mitteln auf der einen sowie Coachings, Trainings, Aus- und Weiterbildung auf der anderen Seite, erklärt Christopher Buschow.
Dänemark hätte bereits 2013 die Distributions- und Zustellförderung, die hierzulande von Verlagsseite gefordert werde, abgeschafft und umgewandelt in eine Produktionsförderung. "Das ist ein wichtiger Punkt", sagt er, "nur Geld vor die Tür kippen, das reicht auch nicht."

"Staatsferne ist das A und O"

Der Medienwissenschaftler wünscht sich eine "stärker kriterienbasierte Produktionsunterstützung". Da ließe sich anschließen an schon bestehende Strukturen wie Innovationsförderungen der Landesmedienanstalten. "Wir brauchen natürlich eine verfassungsrechtlich konforme Struktur", sagt er.
"Es gibt Verfahrensweisen, die auch andere europäische Länder schon vorweggenommen haben, wie es gelingen kann, solche Förderungen vom Staat zu entkoppeln. Und Staatsferne ist das A und O", meint Christopher Buschow. Die meisten Länder würden auf Experten- und Expertinnen-Jurys setzen. Auch gesellschaftlich repräsentative, pluralistisch besetzte Gremien seien denkbar, wie es sie beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk bereits gibt.
(cwu)
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