Geschichte des NS-Regierungsviertels
Eine Ausstellung im Dokumentationszentrum "Topographie des Terrors" in Berlin zeichnet die Geschichte und den Wandel des NS-Regierungsviertels nach. Die Schau zeigt, wie die Nationalsozialisten die Straße durch die Ansiedlung neuer und die Umstrukturierung bestehender Behörden prägten.
Häuserfassaden rechts und links. Nummer 70, 72, 73, 74-76, 77 und so weiter. Als ob wir von der Straße Unter den Linden in die Wilhelmstraße einbiegen. 2,40 Meter hohe Fotowände mit Türen. Wir öffnen die Türen und sehen, was sich hinter den Fassaden abspielte - in jenen Jahren nach 1933, als die ganze deutsche Gesellschaft auf eine Idee, eine Partei, einen Führer hin ausgerichtet wurde.
Als Hitler Reichskanzler wurde und in jene Straße einzog, die seit der Reichsgründung Inbegriff deutscher Politik, vor allem Außenpolitik, war: die Wilhelmstraße. Fast nichts ist übrig geblieben von dieser alten Herrschaftsachse des Deutschen Reiches, in der Reichskanzler, Reichspräsident, Auswärtiges Amt und verschiedene Ministerien ihren Sitz hatten. Auf dem Gelände eines jener verschwundenen Gebäude, des Prinz-Albrecht-Palais, steht heute der moderne Ausstellungsbau der "Topographie des Terrors".
Berlin - Wilhelmstraße 1933-45: Die Ausstellung will zeigen, wie die Nationalsozialisten in dieses Zentrum deutscher Politik eindrangen, die alten Kräfte verdrängten und alle Institutionen ihrem Willen unterordneten. Deshalb ist beim Besuch dieser Ausstellung nicht der Gang entlang der alten Hausfassaden entscheidend, sondern das Öffnen der Türen.
Claudia Steur, die Kuratorin: "Hinter diese Fassaden zu schauen, die Möglichkeit zu geben, dass man dahinter schaut und sich so langsam, aber sicher erschließt, was gibt es eigentlich für unsichtbare Veränderungen. Was ist mit diesen einzelnen Behörden passiert. Wie kann das sein, dass sie auf einmal alle mithelfen bei der Vernichtungspolitik oder dass sie das Regime stützen von heute auf morgen.
Denn Hitler ist ja der Einzige eigentlich, der am 30. Januar 1933 in diese Straße zieht. Er war allein, aber ein Jahr später sind diese Häuser zum großen Teil von Nationalsozialisten – dominieren möchte ich noch nicht sagen, aber zumindest sie sind da."
Normalerweise gilt: Regierungen wechseln, aber die Institutionen bleiben und sorgen dafür, dass es Kontinuitäten gibt und nicht alles aus den Angeln gehoben wird. Dieses Grundgesetz der Politik galt nach 1933 nicht mehr, und das zeigt die Ausstellung hinter den Türen der Fassaden. Widerborstige Institutionen wie das Auswärtige Amt wurden ausgetrickst:
"Wenn wir das Auswärtige Amt nehmen, ist eine konservative Behörde, hat drei Häuser in der Wilhelmstraße und einen konservativen Minister, der schon in der Weimarer Republik Minister ist und wieder dem Kabinett Hitler angehört, und hier bekommen die Nationalsozialisten überhaupt keinen Fuß in die Tür. Also mit der Entlassung von Beamten, wie sie das so gerne gemacht haben, missliebige Beamte, jüdische oder SPD-
Angehörige, das hat nicht so richtig funktioniert, und was passiert? Ganz clever: 1934 wird eine Dienststelle eingerichtet, die nennt sich Dienststelle Ribbentrop, ein konkurrierendes Amt, wenn man so will, ist kein Ministerium, keine Behörde, ist erst mal nur ein paar Leute und ein paar Schreibtische, die werden genau gegenüber angesiedelt, also die brauchen nur über die Straße, aus dem Fenster zu gucken und sehen die Behörde, um die es geht und bekommen auch außenpolitische Aufträge."
Ein paar Jahre später, 1938, war es so weit: Dienststellenleiter Ribbentrop wurde Außenminister, zog mitsamt seiner Dienststelle auf die andere Seite der Wilhelmstraße und das Außenministerium war gleichgeschaltet. Andere Institutionen und Ministerien wurden neu gegründet, neue Gebäude wurden gebaut wie das Luftfahrtministerium, die Reichskanzlei erhielt einen monumentalen Anbau, um Hitlers Herrschaftsanspruch zu dokumentieren. Die Veränderungen vor und hinter den Kulissen der Wilhelmstraße spiegeln wie in einem Brennglas die Durchsetzung totaler Herrschaft in der NS-Zeit wider.
Und ihr Ergebnis: Die Geschichte hinter jeder Fassadentür endet mit der Zerstörung des Gebäudes im Zweiten Weltkrieg. So werden auf einen Blick der kurzlebige Herrschaftswahn und seine zerstörerische Wirkung sichtbar.
Die Idee wie auch die Anlage der Ausstellung ist originell, allerdings ist es nicht ganz einfach, die Botschaft zu erfassen.
"Dazu muss man tiefer eindringen, man muss wirklich die Texte lesen, um das zu sehen. Also, wie das gemacht wird, dass alte Behörden verdrängt werden oder dass man versucht, Einfluss in diese Behörden zu gewinnen."
Auf jeden Fall ist es lohnend, durch die heutige Wilhelmstraße mit ihren Plattenbauten zu gehen und sich dann diese Ausstellung anzusehen: Dann erhält man eine Vorstellung von der Wucht der Vernichtung, zu der der nationalsozialistische Furor geführt hat.
Als Hitler Reichskanzler wurde und in jene Straße einzog, die seit der Reichsgründung Inbegriff deutscher Politik, vor allem Außenpolitik, war: die Wilhelmstraße. Fast nichts ist übrig geblieben von dieser alten Herrschaftsachse des Deutschen Reiches, in der Reichskanzler, Reichspräsident, Auswärtiges Amt und verschiedene Ministerien ihren Sitz hatten. Auf dem Gelände eines jener verschwundenen Gebäude, des Prinz-Albrecht-Palais, steht heute der moderne Ausstellungsbau der "Topographie des Terrors".
Berlin - Wilhelmstraße 1933-45: Die Ausstellung will zeigen, wie die Nationalsozialisten in dieses Zentrum deutscher Politik eindrangen, die alten Kräfte verdrängten und alle Institutionen ihrem Willen unterordneten. Deshalb ist beim Besuch dieser Ausstellung nicht der Gang entlang der alten Hausfassaden entscheidend, sondern das Öffnen der Türen.
Claudia Steur, die Kuratorin: "Hinter diese Fassaden zu schauen, die Möglichkeit zu geben, dass man dahinter schaut und sich so langsam, aber sicher erschließt, was gibt es eigentlich für unsichtbare Veränderungen. Was ist mit diesen einzelnen Behörden passiert. Wie kann das sein, dass sie auf einmal alle mithelfen bei der Vernichtungspolitik oder dass sie das Regime stützen von heute auf morgen.
Denn Hitler ist ja der Einzige eigentlich, der am 30. Januar 1933 in diese Straße zieht. Er war allein, aber ein Jahr später sind diese Häuser zum großen Teil von Nationalsozialisten – dominieren möchte ich noch nicht sagen, aber zumindest sie sind da."
Normalerweise gilt: Regierungen wechseln, aber die Institutionen bleiben und sorgen dafür, dass es Kontinuitäten gibt und nicht alles aus den Angeln gehoben wird. Dieses Grundgesetz der Politik galt nach 1933 nicht mehr, und das zeigt die Ausstellung hinter den Türen der Fassaden. Widerborstige Institutionen wie das Auswärtige Amt wurden ausgetrickst:
"Wenn wir das Auswärtige Amt nehmen, ist eine konservative Behörde, hat drei Häuser in der Wilhelmstraße und einen konservativen Minister, der schon in der Weimarer Republik Minister ist und wieder dem Kabinett Hitler angehört, und hier bekommen die Nationalsozialisten überhaupt keinen Fuß in die Tür. Also mit der Entlassung von Beamten, wie sie das so gerne gemacht haben, missliebige Beamte, jüdische oder SPD-
Angehörige, das hat nicht so richtig funktioniert, und was passiert? Ganz clever: 1934 wird eine Dienststelle eingerichtet, die nennt sich Dienststelle Ribbentrop, ein konkurrierendes Amt, wenn man so will, ist kein Ministerium, keine Behörde, ist erst mal nur ein paar Leute und ein paar Schreibtische, die werden genau gegenüber angesiedelt, also die brauchen nur über die Straße, aus dem Fenster zu gucken und sehen die Behörde, um die es geht und bekommen auch außenpolitische Aufträge."
Ein paar Jahre später, 1938, war es so weit: Dienststellenleiter Ribbentrop wurde Außenminister, zog mitsamt seiner Dienststelle auf die andere Seite der Wilhelmstraße und das Außenministerium war gleichgeschaltet. Andere Institutionen und Ministerien wurden neu gegründet, neue Gebäude wurden gebaut wie das Luftfahrtministerium, die Reichskanzlei erhielt einen monumentalen Anbau, um Hitlers Herrschaftsanspruch zu dokumentieren. Die Veränderungen vor und hinter den Kulissen der Wilhelmstraße spiegeln wie in einem Brennglas die Durchsetzung totaler Herrschaft in der NS-Zeit wider.
Und ihr Ergebnis: Die Geschichte hinter jeder Fassadentür endet mit der Zerstörung des Gebäudes im Zweiten Weltkrieg. So werden auf einen Blick der kurzlebige Herrschaftswahn und seine zerstörerische Wirkung sichtbar.
Die Idee wie auch die Anlage der Ausstellung ist originell, allerdings ist es nicht ganz einfach, die Botschaft zu erfassen.
"Dazu muss man tiefer eindringen, man muss wirklich die Texte lesen, um das zu sehen. Also, wie das gemacht wird, dass alte Behörden verdrängt werden oder dass man versucht, Einfluss in diese Behörden zu gewinnen."
Auf jeden Fall ist es lohnend, durch die heutige Wilhelmstraße mit ihren Plattenbauten zu gehen und sich dann diese Ausstellung anzusehen: Dann erhält man eine Vorstellung von der Wucht der Vernichtung, zu der der nationalsozialistische Furor geführt hat.