Als die Mutter von Techno auf die Welt kam
Seine Klänge sind zwar zeitlos, aber für seine Entwicklung bis heute brauchte der Synthesizer Zeit. In den 60er-Jahren startet die Erfolgsgeschichte des elektronischen Instruments.
Werbespots mit elektronischen Klängen passten Anfang der 60er-Jahre gut in das beginnende Zeitalter der Raumfahrt. Der New Yorker Komponist Raymond Scott war einer von wenigen, der solche Klänge in seinem eigenen Studio erzeugen konnte. Einige der dafür benötigten Schaltkreise ließ er sich von einem jungen Mann bauen, der enge Kontakte zu vielen Musikern hatte: Robert Moog.
Robert Fantinatto: "Sein technisches Wissen war brilliant und er wusste, wie man solche Dinge macht. Aber er im Grunde reagierte er nur auf die Wünsche, mit denen Musiker an ihn herantraten. Und er begann ein speziell angefertigtes elektronisches Musikinstrument zu bauen. Das war zu der Zeit, als Transistoren das, was Röhren bis dahin leisteten, übernahmen, nur dass sie kleiner und viel billiger waren. Das traf sich alles gut."
... sagt Robert Fantinatto, der Regisseur von 'I Dream Of Wires'.
Als Interface zwischen den elektronischen Schaltkreisen und den Ideen der Musiker etablierte Robert Moog eine Tastatur, wie sie vom Klavier bekannt war. Das sollte die Hemmschwelle senken, seinen Synthesizer auszuprobieren – und den Wunsch verstärken, einen zu erwerben. Dazu musste man allerdings gut bei Kasse sein, denn die ersten Geräte waren 1967 fast so teuer wie ein Haus. Mit der richtigen Idee konnte sich die Anschaffung aber bezahlt machen.
Der Musiker Walter Carlos nahm 1968 Bach-Variationen mit einem Moog Synthesizer auf – und belegte damit fast drei Jahre Platz 1 der Billboard Klassik Charts. In Kalifornien war in den frühen 60ern kaum jemand an kommerziellem Erfolg interessiert – im Land der Hippies waren Ideen wichtiger! An der Universität in Stanford wurde 1963 die Maus als ergänzendes Eingabegerät zur Computertastatur entwickelt.
'Silver Apples of The Moon' - Meilenstein der Avantgardemusik
Und in der Musik gab es Leute wie Morton Subotnick, die das Miteinander von Mensch und Maschine neu definieren wollten.
Morton Subotnick: "Es war die Stunde Null. Und ich dachte mir, wenn ich mit einem schwarz-weißen Keyboard arbeite, werde ich neue alte Musik machen. Wie aber kann ich neue neue Musik machen?Die einzige Möglichkeit schien mir, auf Interfaces zu verzichten, die nichts menschliches an sich hatten. Mit Sensortasten, die man durch Berührung und mit Gesten steuert, ging das."
Subotnick hatte 1962 mit Ramon Sender das San Francisco Tape Music Center gegründet – eigentlich, um mit den Möglichkeiten des Tonbands zu experimentieren. Die beiden lernten dort aber auch den Ingenieur Don Buchla kennen. Und mit ihm begannen sie, einen Synthesizer nach ihren eigenen Vorstellungen zu entwickeln.
Subotnick: "Ich hatte das Gefühl, dass wir in der Musik in einer ähnlichen Phase waren, die der Buchdruck für die Sprache bedeutet hatte. Das war sehr aufregend. Ich stellte mir vor, dass Komponisten zukünftig wie Maler in ihren Ateliers arbeiten würden, ohne sich mit Musikern treffen zu müssen. Man würde lediglich in seinem Studio arbeiten und eine Platte produzieren - so wie ein Maler ein Bild produziert."
1966 zog Morton Subotnick mit einem Buchla Synthesizer im Gepäck nach New York und schrieb dort die Komposition 'Silver Apples of The Moon'. Sie gilt als erste elektronische Platte – und wurde ein Meilenstein der Avantgardemusik. Ende der 60er-Jahre war der Synthesizer gleichermaßen im Mainstream wie auch im Underground und der Avantgarde angekommen. Und seine Klänge zogen immer weitere Kreise.
Als in den 80er-Jahren billige Digitalsynthesizer auf den Markt kamen, landeten allerdings fast alle analogen Vorfahren in Kellern oder wurden einfach auf die Straße gestellt. Erst durch Acid House und Techno entdeckten einige Musiker Anfang der 90er-Jahre die besonderen Qualitäten von analogem Equipment wieder. Und einige Bastler begannen sogar, neue modulare Synthesizer zu entwickeln. Die Nachfrage nach diesen Geräten, bei denen sich die einzelnen Komponenten vom Musiker selbst mit Kabeln verschalten lassen, steigt bis heute. Und zeitlos sind die Klänge allemal!