Umgang mit Russland und Ukraine-Krise
Die Machtdemonstration des russischen Militärs an der Grenze zur Ukraine hat eine Debatte über das Verhältnis zu Moskau ausgelöst. © picture alliance /dpa/Tass / Erik Romanenko
"Eindeutige Schlussfolgerungen aus der Geschichte gibt es nicht"
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Der Potsdamer Historiker Sönke Neitzel warnt vor dem Hintergrund der Spannungen mit Russland davor, die deutsche Außenpolitik zu sehr aus der historischen Perspektive heraus zu betreiben. Es müsse vielmehr darum gehen, eigene Interessen und Haltungen zu begründen.
Angesichts der neuen Konflikte mit Russland wird inzwischen von der Rückkehr des Kalten Krieges gesprochen. "Es ist schon ein stückweit ein neuer Kalter Krieg", sagt auch der Potsdamer Militärhistoriker Sönke Neitzel. "Sicher ist die Logik des ersten Kalten Krieges eine andere gewesen und Putin ist nicht Breschnew." Aber natürlich sei ein Antagonismus zwischen Russland und der NATO zu spüren.
Kompliziertes Verhältnis zu Russland
Mit Blick auf Russland sei Deutschland ein gespaltenes Land, betont Neitzel. Die Bundesrepublik habe ein komplizierteres und emotionaleres Verhältnis zu Russland als Frankreich, Großbritannien oder die USA.
In Ostdeutschland seien zu DDR-Zeiten zwar nicht alle Bürgerinnen und Bürger pro-sowjetisch gewesen, aber viele hätten in der ehemaligen UdSSR studiert und sprächen Russisch. Außerdem habe es durch den Irak-Krieg und die Trump-Ära eine erhebliche Abkühlung im Verhältnis zu den USA gegeben.
Die Willkür historischer Argumente
Den Versuch, bei der derzeitigen Debatte über den Umgang mit Russland und der Ukraine historisch begründete Argumente zu verwenden, sieht Neitzel grundsätzlich kritisch: "Die Geschichte ist wie ein Wühltisch. Jeder sucht sich das Kleidungsstück raus, das gerade passt."
Gerade die Historie des Zweiten Weltkrieges und der deutschen Besatzung im Osten Europas sei sehr kompliziert, sagt Neitzel. Die Ukraine habe - wie Russland auch - sehr gelitten. Dennoch: Aus der Geschichte Handlungsanweisungen zu ziehen, findet der Historiker schwierig. Es müsse heute vielmehr darum gehen, eigene Interessen und politische Haltungen zu begründen: "Eindeutige Schlussfolgerungen aus der Geschichte, die gibt es nicht."
(gem)