Der Verfolgungsdruck steigt damit
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Heute hat der Prozess um den Mord an Walter Lübcke begonnen, bald soll ein Gesetz gegen Hass und Hetze verabschiedet werden. Es soll auch Kommunalpolitiker besser schützen. Netzaktivistin Sonja Boddin sagt, das Gesetz sei durchaus ein richtiger Ansatz.
Wenn es Hass und Hetze im Internet nicht gäbe, würde es dann weniger rechtsextreme Gewalt geben? Sonja Boddin, netzpolitische Sprecherin des Vereins ichbinhier, sieht zumindest einen klaren Zusammenhang. Wenn Hasskrimininalität effizienter verfolgt werde, könne das dazu führen, dass sich bestimmte Menschen nicht weiter radikalisierten, sagt sie - "und dass nicht durch eine stetige Entmenschlichung einzelner Personen – in diesem Fall von Walter Lübcke – die Hemmschwelle zur Begehung von Gewalttaten – bis hin zu Morden – mutmaßlich immer weiter sinkt".
Tod durch Kopfschuss
Der Kasseler Regierungspräsident Walter Lübcke war am 1. Juni 2019 auf der Terrasse seines Wohnhauses durch einen Kopfschuss getötet worden. Zwei Wochen später wurde der Rechtsextremist Stephan E. festgenommen. Seit heute wird ihm und einem mutmaßlichen Helfer in Frankfurt der Prozess gemacht.
Der Fall hat maßgeblich das geplante Gesetz gegen Hass und Hetze beeinflusst, das voraussichtlich am Donnerstag vom Bundestag verabschiedet wird. Hass und Hetze sollen künftig härter bestraft werden: Wer anderen Körperverletzung oder sexuelle Übergriffe androht, begeht nach dem Gesetzentwurf künftig schon dann eine Straftat – statt wie bisher nur bei Morddrohungen. Zudem sollen auch öffentliche Beleidigungen künftig mit bis zu zwei Jahren Haft geahndet werden können.
Bessere Ausstattung von Polizei und Justiz
Das geplante Gesetz betrachtet Boddin als "einen Ansatzpunkt von vielen". Die Regelungen hätten eine Signalwirkung – und es gehe auch "um die Erhöhung des Verfolgungsdrucks". Dazu gehöre allerdings auch, Polizei und Justiz besser auszustatten, betont die Netzexpertin. Auch der Deutsche Richterbund hat schon mehr Personal gefordert.
Kritisch sieht Boddin die künftige Rolle des Bundeskriminalamtes. Denn künftig sollen die sozialen Netzwerke auffällige Posts von sich aus dem BKA melden müssen. Doch die Weitergabe von entsprechenden Daten irritiert nicht nur Datenschützer. "Wieso soll das BKA Aufgaben übernehmen, die eigentlich bei der Staatsanwaltschaft liegen?" fragt Boddin. Das Verfahren könne dazu führen, dass eine Unmenge von Daten und IP-Adressen über Jahre beim BKA gespeichert werde – "ohne das wirklich ein Nutzen erkennbar ist".
(ahe)