Gesetzentwurf im Kabinett

Unions-Abgeordnete für weitere Einschränkungen beim Fracking

Mitglieder der Umweltschutzorganisation BUND (Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland) demonstrieren am 11.10.2014 in Pfullendorf (Baden-Württemberg) mit Plakaten "Stoppt Fracking" und "No Fracking" gegen die Erdgasfördermethode Fracking in Baden-Württemberg.
Fracking ist in Deutschand höchst umstritten - gegen den Gesetzentwurf der Regierung gibt es momentan in jeder Partei Widerstand © picture alliance / dpa / Felix Kästle
Andreas Mattfeldt im Gespräch mit Dieter Kassel |
Das Kabinett befasst sich heute mit dem Thema Fracking - der umstrittenen Fördermethode für Öl und Erdgas. Widerstand kommt nicht nur von der Opposition, sondern auch aus der Union. Der CDU-Agbeordnete Andreas Mattfeldt erklärt, warum er den Gesetzentwurf ablehnt.
Der CDU-Bundestagsabgeordnete Andreas Mattfeldt hat seine Ablehnung des vorliegenden Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum Fracking bekräftigt. Im Deutschlandradio Kultur sagte er, das Gesetz zum umstrittenen Gas-Fracking in tiefen Gesteinsschichten müsse noch verändert werden. Eine Gruppe von Abgeordneten innerhalb der Union habe sich auf ein Papier geeinigt, das mehr als zehn Punkte umfasse. "Wir hätten uns gewünscht, dass im Vorfeld der Kabinettsbehandlung diese Punkte mit eingebracht worden wären, und wir nicht alles heilen müssten im parlamentarischen Verfahren." Doch Umweltministerin Hendricks und Wirtschaftsminister Gabriel (beide SPD) seien dazu nicht bereit gewesen, kritisierte er.

Das Interview im Wortlaut:
Dieter Kassel: Gentechnik und Kernenergie können es vielleicht noch damit aufnehmen, aber eigentlich ist kaum ein Thema in Deutschland so umstritten wie Fracking. Ein technisches Phänomen, das bisher nicht wirklich konkret gesetzlich geregelt ist. Bisher musste man immer andere dafür eigentlich nicht gedachte Gesetze anwenden, um Fracking-Vorhaben zu erlauben oder zu verbieten.
Das soll sich nun ändern. Heute wird das Bundeskabinett einen Gesetzentwurf des Umweltministeriums beraten und möglicherweise auch beschließen, der nun ein echtes Fracking-Gesetz sein soll und an dem es allerdings viel Kritik gibt. Bevor wir über diese Kritik reden, Hintergründe von Barbara Schmidt-Mattern:
(Bericht)
Barbara Schmidt-Matern über einen Gesetzentwurf zum Fracking, der heute Thema im Bundeskabinett ist. Und der, wie wir gehört haben, auch und nicht zuletzt in der CDU-Bundestagsfraktion umstritten ist. In dieser Fraktion sitzt für den niedersächsischen Wahlkreis Verden-Osterholz Andreas Mattfeldt, und der ist genau da jetzt für uns am Telefon. Morgen, Herr Mattfeldt!
Andreas Mattfeldt: Guten Morgen, Herr Kassel!
Kassel: Wir haben jetzt zum Schluss gehört, kein Gesetz verlässt den Bundestag so, wie es reingekommen ist. Ist das in diesem Fall, bei diesem Gesetzentwurf, auch Ihre große Hoffnung?
Mattfeldt: Das ist nicht nur die Hoffnung, das ist die einzige Möglichkeit, noch etwas zu verändern. Wir haben innerhalb der Union ... übrigens, darf ich sagen, die Union spricht hier mit einer Sprache mittlerweile. Sowohl der sogenannte Wirtschaftsflügel, zu dem ich eigentlich auch zähle wie allerdings auch die Gruppe, die sich auch um meine Person gebildet hat, haben sich auf ein über zehn Punkte starkes Papier geeinigt, was noch verändert werden muss in dem Gesetzentwurf von Sigmar Gabriel und Barbara Hendricks.
Und deshalb sagen wir, wir hätten uns gewünscht, dass im Vorfeld dieser Kabinettsbehandlung diese Punkte mit eingebracht worden wären und wir nicht alles heilen müssten im parlamentarischen Verfahren. Das scheinen mir bald zu viele Punkte zu sein. Sie können vielleicht im parlamentarischen Verfahren mal drei, maximal vier Punkte verändern. Aber diese großen Änderungen, die wir hier vorhaben, hätte ich mir gewünscht, dass man das im Vorfeld macht. Aber dazu waren leider die Minister nicht bereit.
Kassel: Wir haben jetzt im Radio nicht mehr Zeit als im Kabinett, aber nennen Sie doch mal die für Sie wichtigsten Punkte, die so auf keinen Fall, wie sie jetzt sind, drin bleiben dürfen im Gesetz.
Weniger Probebohrungen, Lagerstättenwasser besser entsorgen
Mattfeldt: Wir brauchen knallharte Änderungen im Bereich des Umgangs mit der Kommission, die über die zukünftigen Schiefergaserprobungsmaßnahmen entscheiden soll. Hier sagen wir deutlich, es sollen nicht überall Erprobungsmaßnahmen stattfinden, sondern wenn denn schon erforscht werden soll, erforscht werden muss, dann maximal acht Probebohrungen, die wissenschaftlichen Zwecken dienen.
Wir haben dann große Probleme mit der willkürlichen Grenzziehung von 3.000 Metern. Hier müssen wir als Union das Ganze in der Geologie, im Muttergestein festgemacht wissen. Und ich darf das auch sagen, wir haben noch sehr große Sorgen mit der Entsorgung des Lagerstättenwassers, was immer anfällt, gerade in Niedersachsen, wo wir von der Erdgasförderung betroffen sind, wo übrigens die Fracking-Technologie auch mit Zustimmung der Grünen, das muss man auch mal deutlich sagen, eingesetzt wird. Dieses Lagerstättenwasser, was immer anfällt, egal, ob gefrackt oder nicht gefrackt wird, die Bohrung, dass wir hier nicht ausreichend genug die Aufbereitung des Lagerstättenwassers benannt wissen. und so zieht es sich, ich sage mal, in zahlreichen Bereichen weiter. Es geht um UVP-Pflichten, wo wir Schwierigkeiten haben.
Kassel: Also Umweltverträglichkeitsprüfungen meinen Sie.
Mattfeldt: Um Umweltverträglichkeitsprüfungen, genau.
Kassel: Wo Sie jetzt schon die Grünen in Niedersachsen erwähnt haben, gehen wir auch auf die Bundespolitik. Ich finde ja eines ein bisschen kurios: Da haben wir einen Gesetzentwurf, der auch aus dem Wirtschafts- aber eben im Wesentlichen aus dem Umweltministerium kommt, und ich hab jetzt den Eindruck, der kommt aus dem SPD-Umweltministerium, und die CDU-Fraktion sagt, der ist uns aber nicht umweltfreundlich genug.
Beim Fracking fühlt sich jeder Abgeordnete erst mal dem Wahlkreis verpflichtet
Mattfeldt: Das mag sich vielleicht für den einen oder anderen seltsam anhören, aber die CDU/CSU hat, glaube ich, mit weitem Abstand die meisten direkt gewählten Abgeordneten. Da fühlt sich jeder Abgeordnete für seinen Wahlkreis verpflichtet. Und in der Gruppe der erdgaskritischen oder Fracking-kritischen Gruppe bei uns, die sich über starke Landesgruppen wie Nordrhein-Westfalen, Bayern, Baden-Württemberg mit zahlreichen Abgeordneten auch, ja, ich sag jetzt mal, namentlich benennt, dort ist und fühlt man sich den Wahlkreisen verpflichtet. Und gerade bei uns in Niedersachsen ist es so, dass wir uns natürlich hier aufgrund der gemachten Erfahrungen mit der konventionellen Erdgasförderung hier kritischer vielleicht auseinandersetzen als manch andere. Das ist überhaupt kein Widerspruch, das liegt, glaube ich, einfach in der Natur der Sache.
Kassel: Aber finden Sie denn konkret, der Entwurf des Umweltministeriums ist nicht umweltfreundlich?
Mattfeldt: Wir haben zum Beispiel im Bereich des Wasserhaushaltsgesetzes, das ja Barbara Hendricks Belang ist, eine Sache, wo wir die sogenannten Tabuzonen, wo nicht gefrackt werden soll, gerne erweitert wissen wollen, zum Beispiel erweitert wissen wollen, dort, wo Brunnen für die Lebensmittelindustrie tätig sind, wo deren Wasser in Lebensmitteln Verwendung findet. Frau Hendricks ist uns in Teilen schon entgegengekommen, aber schreibt dann hier zum Beispiel Getränke. Wir sagen ganz deutlich, Lebensmittelindustrie geht ein wenig weiter als nur die Getränke.
Es geht um Arbeitsplätze - aber nicht nur um die in der Erdgasförderung
Ich darf das vielleicht auch einfach mal sagen, weil mir häufig vorgeworfen wurde, Mensch, Andreas Mattfeldt, es geht hier auch um Arbeitsplätze. Ja, es geht um Arbeitsplätze, selbstverständlich. Es geht aber nicht nur um Arbeitsplätze im Bereich der Erdgasförderung, sondern Arbeitsplätze finden in unterschiedlichsten Bereichen in Deutschland statt. Ich sagte eben, ich persönlich komme aus der Lebensmittelindustrie, die ist mir sehr vertraut. Ich kann Ihnen ein Beispiel sagen: Es geht hier darum, Landwirte, die zum Beispiel Kartoffeln bei uns in der Region angebaut haben – die haben rein präventiv ihre Lieferverträge mit großen Imbissketten verloren, weil man einfach sich nicht dem Vorwurf aussetzen lassen wollte, man beziehe Kartoffeln aus der Region, wo Erdgasförderung stattfindet. Also geht es hier auch um Arbeitsplätze in ganz anderen Bereichen, an die wir vielleicht vorab noch gar nicht denken.
Kassel: Es gibt ja einen Unterschied zwischen Fracking-kritisch und Fracking-feindlich. Und gerade das, was Sie gerade beschrieben haben, mit den Kartoffeln in Niedersachsen, das ist natürlich auch so ein bisschen eine Frage der gefühlten Gefahr. Sehen Sie nicht die Gefahr, wenn man jetzt das Fracking-Gesetz so verschärft, dass es tatsächlich eher ein Fracking-Verbots- als ein Regelungsgesetz wird, dass man damit auch die Möglichkeit wissenschaftlicher Forschung, Möglichkeit der Chancen dieser Technik sich verbaut?
Die Gesetze müssen dem heutigen Stand der Technik angepasst werden
Mattfeldt: Ich darf noch einmal sagen, ich bin ein Verfechter des Bergens heimischen Erdgases. Ich sagte vorhin, ich gehöre selbst auch dem Wirtschaftsflügel an. Ich darf aber auch sagen, wir haben seit vielen Jahrzehnten Erfahrung mit der Bergung von heimischem Erdgas, sind darauf auch stolz. Ich habe aber gemerkt, weil wir zahlreiche Unfälle hatten bei uns in Niedersachsen durch die konventionelle Erdgasförderung, dass wir die Gesetze, die wir haben, dem heutigen Stand der Technik anpassen müssen.
Das Ganze steht alles unter dem Oberbegriff Fracking. Ich werde häufig dafür kritisiert, dass ich sage, Fracking an und für sich ist gar nicht die Gefahrenquelle. Die Gefahrenquelle liegt immer darin begründet, wie man mit der Erdgasförderung umgeht. Ein Beispiel: Der Umgang zum Beispiel mit dem immer wieder auftretenden Lagerstättenwasser. Lagerstättenwasser ist mit Benzol und Quecksilber massiv belastet. Es tritt auf bei jeder Erdgasbohrung, egal, ob gefrackt oder nicht gefrackt. Und hier hinlängliche Lösungen zu finden, wie man hiermit in der Entsorgung langfristig umgeht, gibt das Gesetz noch nicht vollständig Klarheit.
Insofern: Fracking wird eingesetzt bei uns in Niedersachsen, die Fracking-Technologie ansonsten hat nicht zu den Unfällen geführt. Die Unfälle sind entstanden durch unsachgemäßen Umgang mit Lagerstättenwasser. Insofern will ich gar nicht, das Fracking an und für sich nur in den Blickpunkt rücken, sondern mein Anliegen ist es, die Erdgasförderung in der Gesamtheit zu betrachten und hier die Gesetze, die wir haben – wir haben ja übrigens zwei Gesetze, ein Gesetz, das von Sigmar Gabriel bearbeitet wird, das andere von Barbara Hendricks im Wasserhaushaltsgesetz – und darüber wird noch eine Umweltverträglichkeitsprüfungsverordnung drüber gelegt, die übrigens nicht im parlamentarischen Verfahren besprochen wird. Insofern merken Sie an der Fülle von Verordnungen und Gesetzen, dass es sich hier nicht um eine ganz einfach Tat handelt, die hier verabschiedet werden muss.
Kassel: Der CDU-Bundestagsabgeordnete Andreas Mattfeldt über seine Kritik am Entwurf eines Fracking-Gesetzes, der heute ins Bundeskabinett eingebracht wird. Herr Mattfeldt, vielen Dank für das Gespräch!
Mattfeldt: Danke, Herr Kassel, machen Sie's gut, tschüs!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio Kultur macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
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