Schutz vor SLAPP-Klagen

Gesetzesentwurf setzt ein Zeichen

07:56 Minuten
Illustration einer Person, der mit zwei roten Klebestreifen der Mund zugeklebt wurde.
Die Europäische Kommission geht gegen missbräuchliche Klagen („SLAPP-Klagen“) gegen Journalisten und Menschenrechtsverteidiger vor. © Getty Images / iStock / Jorm Sangsorn
Daniel Moßbrucker im Gespräch mit Katja Bigalke und Martin Böttcher |
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Strategische Klagen sind ein Mittel, um unliebsame Berichterstattung von Journalistinnen und Journalisten zu erschweren. Davor soll künftig ein EU-Gesetz schützen, dessen Entwurf jetzt vorgestellt wurde.
“Daphne’s Law” nennen die Initiatoren den Gesetzentwurf der EU-Kommission, der künftig vor so genannten SLAPP-Klagen schützen soll. Gegen die maltesische Investigativjournalistin Daphne Caruana Galizia hatte es bis zur ihrer Ermordung 2017 fast  fünzfig Verleumdungsklagen gegeben. 
Mit sogenannten “SLAPP”-Klagen, kurz "Strategic Lawsuit against Public Participation”, versuchen Privatpersonen, Unternehmen und auch staatliche Stellen die Arbeit von Journalisten und Aktivisten zu behindern. Ziel ist es, durch finanziellen Druck und die Androhung strafrechtlicher Sanktionen eine kritische Öffentlichkeit zu unterbinden.

Neuer Gesetzesentwurf der EU

Der Gesetzentwurf der EU-Kommission muss allerdings noch vom Europäischen Parlament bewilligt und von allen Mitgliedsstaaten angenommen werden. “Die wichtigste Neuerung, die sie vorschlagen, ist, dass ein Gericht ein Verfahren einstellen kann, wenn es offenkundig unbegründet ist”, erklärt der Journalist Daniel Moßbrucker.
Die Kosten für das Verfahren würden dann die Kläger tragen und das Gericht könnte zusätzlich noch Sanktionen verhängen oder sogar Schadensersatz für die Betroffenen anordnen. Auch müssten Journalistinnen und Journalisten dann keine Klagen mehr aus Ländern außerhalb der EU fürchten, sollte der angebliche Tatbestand im Heimatland der Berichterstattenden nicht strafbar sein. 

Keine nationale Hilfe

Allerdings bezieht sich der Entwurf auf transnationale Fälle. Da die meisten Fälle nicht transnational seien, würde das Gesetz oft gar nicht greifen. Zwar würde die EU-Kommissarin Margrethe Vestager gern auch national eingreifen, “aber das ist nationale Kompetenz. Da lassen sich die Mitgliedstaaten auch nicht reinreden”, meint Daniel Moßbrucker. Zumal einige Länder in der EU, wie zum Beispiel Polen, ganz bewusst Einfluss auf die Medien nehmen und sicher keinen nationalen gesetzlichen Änderungen zustimmen würden, um ihren Einfluss zu mindern. 
Wichtiger als die neuen Paragraphen durch den Gesetzesentwurf der EU sei das Zeichen, dass die Kommission hier setzt: “Es ist so ein bisschen so das Statement: Liebe Leute, die EU ist kein Platz, wo hier willkürlich erstmal gegen NGOs, gegen Medienunternehmen geklagt werden kann. Überlegt es euch gut, ” sagt Moßbrucker. 
Wie problematisch das Problem der SLAPP-Klagen in Europa tatsächlich ist, sei allerdings schwer zu sagen, erklärt Daniel Moßbrucker: “Wir haben es hier mit anekdotischer Evidenz zu tun.”

Auch Journalisten machen Fehler

Moßbrucker hatte 2019 in einer Studie für die Otto-Brenner-Stiftung untersucht, wie problematisch Klagen und Klageandrohungen gegen Journalisten in Deutschland sind: “Manche Lokalzeitungen haben damit ein-, zweimal im Jahr zu tun, andere Wirtschaftszeitungen, die einmal pro Woche erscheinen, die haben uns wirklich gesagt, pro Heft ein bis zwei Mal gibt es dann Post vom Anwalt.”
Allerdings warnt er auch vor Verallgemeinerung, denn nicht alles sei gleich “David gegen Goliath”. Viele Schreiben sind auch einfach “schlichtweg legitim”, denn Journalistinnen und Journalisten würden auch “mal einen Fehler machen”.

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