Luzia Braun und Ursula März: "Sich sehen"

"Was der Mensch ist, zeigt sich im Gesicht"

08:04 Minuten
Ein junges Mädchen versteckt sein Gesicht in den Händen.
Zwischen Fenster zur Seele und künstlicher Fassade: das Gesicht. © Universal Images Group via Getty / Godong
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Wie es uns geht, steht uns ins Gesicht geschrieben. Unser Gesicht ist Seelenspiegel und Fassade zugleich. Umso kritischer sieht Autorin Luzia Braun den Hang zur Selbstoptimierung auf dem Weg zum "Einheitsgesicht".
Blicken wir einen Menschen an, fällt unser Blick zunächst meist in das Gesicht. Unser Antlitz "ist eine Kommunikationszentrale. Wir drücken all das im Gesicht aus, was wir sind und was wir fühlen", sagt Luzia Braun.
Die Journalistin und Moderatorin hat gemeinsam mit ihrer Kollegin Ursula März das Buch "Sich sehen" veröffentlicht, in dem verschiedene Persönlichkeiten der modernen Kulturgeschichte wie Philosoph Peter Sloterdijk, Boxer Axel Schulz oder Modeschöpfer Wolfgang Joop zu Wort kommen.
"Was der Mensch ist, zeigt sich im Gesicht", erklärt Braun. Es ist aber nicht nur ein Spiegel der Seele, sondern kann auch als Fassade genutzt werden. Hinzu kämen die modernen Gestaltungsmöglichkeiten der plastischen Chirurgie sowie der Beauty-Industrie. Dadurch werde es immer schwieriger, das Gesicht als "Bühne der Seele" zu begreifen, so Braun weiter.
Sie spricht von einem "Einheitsgesicht" und kritisiert, dass die Unterschiede in den verschiedenen Gesichtern immer geringer würden, "weil wir alle einem bestimmten Schönheitsideal nachrennen".

Das ewige Gesicht

Neben den Fragen zur zunehmenden Einheitlichkeit von Gesichtern stellen sich Braun und März aber auch andere Fragen, die weit über die reine Betrachtung hinausgehen: Was macht es mit mir, wenn es mein Gesicht zweimal gibt? Und wie fühle ich mich, wenn ich ganz anders aussehe als die anderen?
Moderatorin Luzia Braun lächelt in die Kamera.
Luzia Braun kritisiert den Trend zum "Einheitsgesicht".© picture alliance / dpa-Zentralbild / Arno Burgi
Auch ihre Gesprächspartner waren vor der Intimität der eigenen Betrachtung nicht gefeit. So sollte jeder und jede zunächst in den Spiegel schauen und beschreiben, was er oder sie sieht, bevor es ins Gespräch über Gesichter ging. Das sei für manche "brutal" und "schwierig" gewesen, erzählt Braun. "Aber die Leute haben sich dadurch sehr geöffnet."
Am Ende ihres Buches steht die Frage: Welches Gesicht wollen wir im Tod zeigen und welches wollen wir sehen? Diese erörtern die beiden Autorinnen mit einem Bestatter. "Der Tod ist nicht des Schlafes Bruder", sagt Braun und macht damit den Unterschied zwischen einem ruhigen und einem starren Gesicht deutlich.
(lsc)
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