Hören Sie hier die gesamte Sendung mit Gesine Schwan: Audio Player
"Ich halte das schon in vier Jahren für möglich"
Schulz, Scholz, Nahles oder ein ganz neues Gesicht - wer soll die kriselnde SPD in die Zukunft führen? Denn wenn es der Partei gelänge, ihre Grundüberzeugungen auch personell zu verkörpern, könne sie in vier Jahren den Bundeskanzler stellen, meint Gesine Schwan.
Ein SPD-Bundeskanzler bereits in vier Jahren? Das sei durchaus möglich, meint die Politikwissenschaftlerin und Vorsitzende der SPD-Grundwertekommission, Gesine Schwan.
"Da ist immer natürlich auch ein Wunsch der Vater des Gedankens, aber die aktuelle Regierung und auch die Kanzlerin hat ja im Grunde überhaupt keine Ideen, wie es weitergehen soll", so Schwan im Deutschlandfunk Kultur. "Und das wird sich auch bemerkbar machen."
Ehrlichkeit statt Opportunismus
Der Vorsitzenden der SPD-Grundwertekommission zufolge muss sich ihre Partei allerdings in mehreren Punkten verändern. So fordert Schwan mehr Ehrlichkeit und Orientierung an Grundwerten:
Aus Opportunismus Managergehälter zu kritisieren, um gezielt Stimmen auf der Linken zu fischen – das sei bereits der Anfang der Unehrlichkeit. "Man muss da schon eine Überzeugung und auch Grundwerte haben", mahnt Schwan. "Ich glaube, es rentiert sich, ehrlich zu sein. Ich glaube, es rentiert sich, nach eigenen Maßstäben zu handeln, weil die Menschen doch genau merken, ob man einen eigenen Maßstab hat oder ob man irgendwie opportunistisch mit der Wurst nach dem Speck wirft."
Die SPD droht eine "Spiegelstrich-Partei" zu werden
Diese Grundrichtung der Partei dürfe nicht nur programmatisch, sondern müsse auch personell vorgestellt werden, betont die zweimalige SPD-Kandidatin für das Amt des Bundespräsidenten. Martin Schulz sehe das sehr wohl und auch, dass der SPD ansonsten drohe, zur "Spiegelstrich"-Partei zu werden. "Dann wird es alles im Einzelnen gesagt. Es ist nicht so, dass wir nicht einzelne Programmschritte hätten, aber die Grundfrage, die wird nicht deutlich und die müssten wir dann auch durchhalten, wenn es unangenehm wird", sagt Schwan.
Politiker aus der zweiten Reihe nach vorn bringen
In der SPD sieht die Politikwissenschaftlerin durchaus hoffnungsvolles Personal, zum Beispiel Andrea Nahles. Diese verkörpere eine ziemlich gute Übereinstimmung zwischen Auftreten, Werten und Engagement. Auch auf Bürgermeisterebene oder unter den Parlamentarien sieht sie Potenzial. "Ich würde zum Beispiel sagen: Eva Högl, Matthias Miersch. Die sind alle nicht so bekannt, aber davon gibt es viele", sagt Schwan. "Ich glaube, das ist eine Aufgabe der SPD, die auch mehr aufs Tablett zu bringen."
(uko)