Gesine Schwan ist Präsidentin und Mitgründerin der Humboldt-Viadrina Governance Platform. Die SPD-Politikerin und Politikwissenschaftlerin, 1943 in Berlin geboren, ist Vorsitzende der Grundwertekommission ihrer Partei. 2004 und 2009 kandidierte sie für das Amt der Bundespräsidentin, beide Male scheiterte sie im 1. Wahlgang gegen Horst Köhler. Von Oktober 1999 bis September 2008 war sie Präsidentin der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder).
Duo mit jungem Mann
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Eine eigene Kandidatur für den Parteivorsitz schließt die SPD-Politikerin Gesine Schwan nicht aus. Wichtig sei dafür eine breite Unterstützung aus der Partei. Sie plädiert für eine Doppelspitze.
Vor rund drei Wochen ist Andrea Nahles als Chefin der SPD zurückgetreten. Nun will sich die SPD-Spitze auf einen Weg einigen, wie der künftige Parteivorsitz bestimmt werden soll. Wichtige Fragen sind unter anderem, wie die rund 438.000 Mitglieder beteiligt werden sollen und ob es eine Doppelspitze geben soll. Derzeit führen die Ministerpräsidentinnen von Rheinland-Pfalz und Mecklenburg-Vorpommern, Malu Dreyer und Manuela Schwesig, sowie der hessische SPD-Landeschef Thorsten Schäfer-Gümbel kommissarisch die Partei. Alle drei wollen aber nicht dauerhaft an der Spitze bleiben.
"Ich war auch überrascht, dass keiner von den drei Interims-Vorsitzenden bereit war, das jetzt zu machen", sagte unser Studiogast, die SPD-Politikerin Gesine Schwan, im Deutschlandfunk Kultur. Sie sei auch bei zwei, drei anderen Personen davon ausgegangen, dass sie kandidieren würden. Sie selbst warte zunächst einmal ab, wo sie ihre Partei unterstützen könne. Dabei sei auch ihre eigene Kandidatur für den Parteivorsitz nicht ausgeschlossen. "Aber eine Bewerbung ist das nicht", sagte die 76jährige Politologin.
Entscheidend ist die Unterstützung der Partei
Wichtig sei es deshalb nach anderen Lösungen zu schauen. "Ich finde das übrigens gut, eine Doppelspitze sich vorzunehmen", sagte Schwan. Die beiden Personen müssten sich nicht nur einigermaßen verstehen, sondern sie müssten auch absprechen, wohin sie in konkreten Schritten in naher Zukunft und langfristig hin wollten.
Sie habe persönlich mit dem Juso-Vorsitzenden Kevin Kühnert bis jetzt kein Problem gehabt. Er argumentiere vernünftig und sei kein Scharfmacher. "Wenn ich es machte, ich habe ja gesagt, ich schließe es nicht aus, dann müsste es in einer Doppelspitze ein jüngerer Mann sein", sagte Schwan. Sie wisse allerdings nicht, ob Kühnert sich das in seinem Alter zumuten wolle. Voraussetzung für ihre Kandidatur sei eine breite Unterstützung in der Partei. "Wenn viele den Eindruck haben, die drängelt sich jetzt vor oder die ist zu alt oder irgend so etwas, dann hat es keinen Sinn."
Die Mitglieder sollen entscheiden
Für wichtige Persönlichkeiten, die in der SPD noch Karriere machen wollten, sei es derzeit schwierig, sich angesichts dieses "Sogs nach unten" in dieses Amt zu begeben. Sie selbst wolle keine Karriere mehr machen, sagte Schwan. Keiner wisse, ob man das bremsen könne. Von Verantwortungslosigkeit könne man nicht sprechen. "Die tragen Verantwortung, nur nicht an dieser einen Stelle."
Schwan sprach sich auch dafür aus, dass die Partei ihre Mitglieder befragen sollte. "Ich glaube, dass die sozialdemokratischen Mitglieder ganz gut informiert sind und einen ganz guten Instinkt haben", sagte die SPD-Politikerin. Es sei wichtig die Partei als ganzes durch sehr viel Kommunikation wieder stärker zu mobilisieren und einzubeziehen.
Plädoyer für rot-rot-grüne Koalition
Schwan erteilte einer Oppositionsrolle der SPD eine Absage: "Ich habe noch nie den Eindruck gehabt, dass in der Opposition die Substanz und die Programmatik plötzlich in den Himmel wächst." Man brauche eine Gestaltungsperspektive. Das Problem sei gewesen, dass die SPD mit einem Partner in der Bundesregierung gewesen sei, der eigentlich etwas ganz anderes wollte. Das habe zu dauernden Blockaden geführt.
Die SPD habe sich als Juniorpartner immer angepasst und sei dadurch nicht mehr erkennbar gewesen. Sie glaube, dass das in einer rot-rot-grünen Koalition ganz anders aussähe, weil es viel mehr inhaltliche Überschneidungen und Gemeinsamkeiten gebe.
(gem)