Gespräche auf Augenhöhe
Der Dialog des Christentums mit dem Islam war hierzulande in den vergangenen Jahrzehnten oft mühsam, nicht selten bloß ein Austausch von Höflichkeiten. Das "Theologische Forum Christentum – Islam" ist da seit ein paar Jahren neue Wege gegangen. Koordiniert wird es von der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart.
"Das war so das Alte. Da waren so ein paar Christen, denken sich was aus, und da wird halt ein Muslim eingeladen, der über irgendein Thema redet. Die Muslime sind dann die Befragten, die sich da rechtfertigen und antworten. Und das ist natürlich was ganz anderes, so was gemeinsam zu machen."
Hansjörg Schmid erinnert sich noch gut daran, wie alles begann. Vor über zehn Jahren, als fundierte theologische Diskussionen im interreligiösen Dialog noch die Ausnahme waren. Der katholische Theologe ist Referent an der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart und einer der Initiatoren des "Theologischen Forum Christentum-Islam."
Hansjörg Schmid: "Die Vision war, etwas aufzubauen, eine Tagungsreihe, ein Forum mit muslimischen Wissenschaftlern."
Hamideh Mohagheghi: "Also ich habe auch am Anfang gesagt, bitte nicht über fünf Säulen reden, das haben wir schon genug gehabt."
Hamideh Mohagheghi, islamische Theologin aus Hannover und Mitglied der Deutschen Islamkonferenz, ist fast von Anfang an mit dabei. Was das Besondere ist am "Theologischen Forum Christentum-Islam?" Die Gespräche auf Augenhöhe bei den Tagungen, sagt sie. Drei Tage Vorträge und Diskussionen zu einem Schwerpunktthema. Wie zum Beispiel über die unterschiedlichen "Gottesvorstellungen" oder die "Theologie und Praxis des Gebets in beiden Religionen."
Hamideh Mohagheghi: "Und das ist dann, was ich auch in diesem Forum erfahre. Tiefe der Diskussionen und auch, dass man interdisziplinär macht, wirklich aus unterschiedlicher Perspektive hinaufschaut."
Gespräche auf Augenhöhe - das klingt so leicht. Doch es war ein langer Weg hin zum gleichberechtigten, offenen Austausch zwischen den christlichen und muslimischen Theologen, Sozial- und Kulturwissenschaftlern. Die evangelische Theologin Jutta Sperber und Hamideh Mohagheghi.
Jutta Sperber: "Wir haben angefangen, da haben viele Muslime sich in den Diskussionen noch gerechtfertigt. Was wir jetzt sagen, hat keinen doppelten Boden, wie ja oft so pauschal unterstellt wird. Ist also nicht nur für euch Christen bestimmt, das sagen wir auch untereinander. Und ich denke, das ist etwas, das offensichtlich nicht mehr nötig ist. Dass dann auch interne Unstimmigkeiten hochkommen und nicht versteckt werden. Und dass manchmal auch die parallelen Linien über die Religionsgrenzen hinweg zwischen verschiedenen Gruppierungen sind."
Hamideh Mohagheghi: "Da hat ja auch das Forum insbesondere Muslimen das Angebot gemacht, hier ist ein geschützter Raum, hier könnt ihr sagen und machen, was ihr wollt, kommt dann nicht nach außen. Und findet euch erst einmal hier und dann gemeinsam. Und dieser Schutzraum, was wir hier hatten, fand ich es sehr spannend und auch eine große Chance."
Ganz bewusst bereitet eine Gruppe von christlichen und muslimischen Theologen die Tagungen gemeinsam vor. Zu Beginn war es sehr schwer, qualifizierte muslimische deutschsprachige Referenten zu finden. Inzwischen ist fast die Hälfte der Referenten und Teilnehmer Muslime, und die jährlichen Tagungen haben sich zu einem zentralen wissenschaftlichen Netzwerk und Dialogforum entwickelt.
Frau: "So wie es gerade sehr aktiv mit dem Islam geschieht, die Anfrage, wo sind die Grenzen, wie definiert ihr euch, und so weiter, das passiert sicherlich auch dem Christentum."
Mann: "Ich glaube, dass da ganz viel im Umbruch ist ..."
"Kirche und Umma - Glaube und Gemeinschaft in Christentum und Islam" war das Thema beim Theologischen Forum in diesem Frühjahr. Wie sind Islam und Christentum organisiert? Wie geht die jeweilige Gemeinschaft mit der Spannung zwischen der idealen Einheit und der realen Vielfalt um?
Um Antworten auf diese und andere Fragen rangen die rund 150 Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen aus acht Ländern. Denn es geht auch immer darum, die Religion des anderen aus dem jeweiligen Selbstverständnis heraus zu begreifen. Und da gibt es durchaus Kontroversen. Auf einer Tagung über die Gottesfrage zum Beispiel.
Hamideh Mohagheghi: "Da hatten wir schon sehr starke Diskussionen. Also die Christen sagen ja, dass sie doch an einen einzigen Gott glauben. Aber wenn ich dann diese Gebete lese, Vater, Sohn, Heiliger Geist - ist irgendwo schon drei Sachen drin, die dann alle Gott zugeordnet werden. Wie muss ich dann damit umgehen? Oder was auch ganz wichtig ist bei diesen Tagungen, dass man dieses Morgenlob auch zusammen macht - kann ich überhaupt daran teilnehmen? Kann ich in eine Kapelle sitzen, wenn die Christen so beten?"
Ein erfolgreicher Dialog kann nur gelingen, wenn man sich vom Wahrheitsanspruch der eigenen Religion löst und lernt, Unterschiede auszuhalten und in der Vielfalt eine Chance zu sehen. Diese Erfahrung haben auch Hamideh Mohagheghi und die anderen Teilnehmer des Theologischen Forums gemacht:
"Es ist ganz deutlich, dass die Themen sehr christlich besetzt sind. Wir hatten ja die Tagung über Theodize. Die Muslime waren, was soll denn das, das haben wir gar nicht. Dass wir im Laufe der Tagung entdeckt haben: Doch die Frage gibt es auch im Islam, aber in einer anderen Form."
Auffallend viele Studenten und Nachwuchswissenschaftler nahmen auch in diesem Jahr wieder an der Tagung teil. Einer von ihnen war der 30 Jahre alte Mohammad Gharaibeh, Islamwissenschaftler an der Universität Bonn:
"Es gibt kein vergleichbares Forum innermuslimisch, überregional. Und wenn das von Moscheegemeinden gestartet wird, dann steht es doch immer ganz klar unter dem Zeichen der Moscheegemeinschaft. Dann hat man da als Wissenschaftler vielleicht auch nicht so viel Freiheiten."
Um etwa die eigenen Traditionen auch einmal kritisch zu hinterfragen. Manchmal sind die innerreligiösen Debatten mindestens genauso spannend wie die interreligiösen.
Mohammad Gharaibeh: "Ich hatte auch gemerkt, zehn Christen, zehn verschiedene Vorstellungen von Kirche. Am Ende sind mehr Fragen entstanden, als beantwortet wurden und ich denke, das zeigt auch, dass es ein gutes Forum war."
Im nächsten Jahr findet die zehnte christlich-muslimische Tagung des Theologischen Forums statt. Bis dahin sollen die Erfahrungen des Dialogprozesses gründlich ausgewertet werden. Denn die Mitglieder des Theologischen Forums haben sich noch viel vorgenommen für die Zukunft: Sie möchten, dass noch mehr Impulse von ihren Diskussionen ausgehen in die interreligiöse Dialogarbeit der Gemeinden etwa oder in die gesellschaftspolitischen Debatten.
Hansjörg Schmid: "Ziel wäre auch, dass in den theologischen Studiengängen interreligiöse Fragen stärker verankert sind. Das heißt, dass Studierende heute nicht mehr zum Beispiel katholische, evangelische oder islamische Theologie studieren, ohne Lehrveranstaltungen auch über interreligiöse Fragen besucht zu haben."
Hansjörg Schmid erinnert sich noch gut daran, wie alles begann. Vor über zehn Jahren, als fundierte theologische Diskussionen im interreligiösen Dialog noch die Ausnahme waren. Der katholische Theologe ist Referent an der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart und einer der Initiatoren des "Theologischen Forum Christentum-Islam."
Hansjörg Schmid: "Die Vision war, etwas aufzubauen, eine Tagungsreihe, ein Forum mit muslimischen Wissenschaftlern."
Hamideh Mohagheghi: "Also ich habe auch am Anfang gesagt, bitte nicht über fünf Säulen reden, das haben wir schon genug gehabt."
Hamideh Mohagheghi, islamische Theologin aus Hannover und Mitglied der Deutschen Islamkonferenz, ist fast von Anfang an mit dabei. Was das Besondere ist am "Theologischen Forum Christentum-Islam?" Die Gespräche auf Augenhöhe bei den Tagungen, sagt sie. Drei Tage Vorträge und Diskussionen zu einem Schwerpunktthema. Wie zum Beispiel über die unterschiedlichen "Gottesvorstellungen" oder die "Theologie und Praxis des Gebets in beiden Religionen."
Hamideh Mohagheghi: "Und das ist dann, was ich auch in diesem Forum erfahre. Tiefe der Diskussionen und auch, dass man interdisziplinär macht, wirklich aus unterschiedlicher Perspektive hinaufschaut."
Gespräche auf Augenhöhe - das klingt so leicht. Doch es war ein langer Weg hin zum gleichberechtigten, offenen Austausch zwischen den christlichen und muslimischen Theologen, Sozial- und Kulturwissenschaftlern. Die evangelische Theologin Jutta Sperber und Hamideh Mohagheghi.
Jutta Sperber: "Wir haben angefangen, da haben viele Muslime sich in den Diskussionen noch gerechtfertigt. Was wir jetzt sagen, hat keinen doppelten Boden, wie ja oft so pauschal unterstellt wird. Ist also nicht nur für euch Christen bestimmt, das sagen wir auch untereinander. Und ich denke, das ist etwas, das offensichtlich nicht mehr nötig ist. Dass dann auch interne Unstimmigkeiten hochkommen und nicht versteckt werden. Und dass manchmal auch die parallelen Linien über die Religionsgrenzen hinweg zwischen verschiedenen Gruppierungen sind."
Hamideh Mohagheghi: "Da hat ja auch das Forum insbesondere Muslimen das Angebot gemacht, hier ist ein geschützter Raum, hier könnt ihr sagen und machen, was ihr wollt, kommt dann nicht nach außen. Und findet euch erst einmal hier und dann gemeinsam. Und dieser Schutzraum, was wir hier hatten, fand ich es sehr spannend und auch eine große Chance."
Ganz bewusst bereitet eine Gruppe von christlichen und muslimischen Theologen die Tagungen gemeinsam vor. Zu Beginn war es sehr schwer, qualifizierte muslimische deutschsprachige Referenten zu finden. Inzwischen ist fast die Hälfte der Referenten und Teilnehmer Muslime, und die jährlichen Tagungen haben sich zu einem zentralen wissenschaftlichen Netzwerk und Dialogforum entwickelt.
Frau: "So wie es gerade sehr aktiv mit dem Islam geschieht, die Anfrage, wo sind die Grenzen, wie definiert ihr euch, und so weiter, das passiert sicherlich auch dem Christentum."
Mann: "Ich glaube, dass da ganz viel im Umbruch ist ..."
"Kirche und Umma - Glaube und Gemeinschaft in Christentum und Islam" war das Thema beim Theologischen Forum in diesem Frühjahr. Wie sind Islam und Christentum organisiert? Wie geht die jeweilige Gemeinschaft mit der Spannung zwischen der idealen Einheit und der realen Vielfalt um?
Um Antworten auf diese und andere Fragen rangen die rund 150 Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen aus acht Ländern. Denn es geht auch immer darum, die Religion des anderen aus dem jeweiligen Selbstverständnis heraus zu begreifen. Und da gibt es durchaus Kontroversen. Auf einer Tagung über die Gottesfrage zum Beispiel.
Hamideh Mohagheghi: "Da hatten wir schon sehr starke Diskussionen. Also die Christen sagen ja, dass sie doch an einen einzigen Gott glauben. Aber wenn ich dann diese Gebete lese, Vater, Sohn, Heiliger Geist - ist irgendwo schon drei Sachen drin, die dann alle Gott zugeordnet werden. Wie muss ich dann damit umgehen? Oder was auch ganz wichtig ist bei diesen Tagungen, dass man dieses Morgenlob auch zusammen macht - kann ich überhaupt daran teilnehmen? Kann ich in eine Kapelle sitzen, wenn die Christen so beten?"
Ein erfolgreicher Dialog kann nur gelingen, wenn man sich vom Wahrheitsanspruch der eigenen Religion löst und lernt, Unterschiede auszuhalten und in der Vielfalt eine Chance zu sehen. Diese Erfahrung haben auch Hamideh Mohagheghi und die anderen Teilnehmer des Theologischen Forums gemacht:
"Es ist ganz deutlich, dass die Themen sehr christlich besetzt sind. Wir hatten ja die Tagung über Theodize. Die Muslime waren, was soll denn das, das haben wir gar nicht. Dass wir im Laufe der Tagung entdeckt haben: Doch die Frage gibt es auch im Islam, aber in einer anderen Form."
Auffallend viele Studenten und Nachwuchswissenschaftler nahmen auch in diesem Jahr wieder an der Tagung teil. Einer von ihnen war der 30 Jahre alte Mohammad Gharaibeh, Islamwissenschaftler an der Universität Bonn:
"Es gibt kein vergleichbares Forum innermuslimisch, überregional. Und wenn das von Moscheegemeinden gestartet wird, dann steht es doch immer ganz klar unter dem Zeichen der Moscheegemeinschaft. Dann hat man da als Wissenschaftler vielleicht auch nicht so viel Freiheiten."
Um etwa die eigenen Traditionen auch einmal kritisch zu hinterfragen. Manchmal sind die innerreligiösen Debatten mindestens genauso spannend wie die interreligiösen.
Mohammad Gharaibeh: "Ich hatte auch gemerkt, zehn Christen, zehn verschiedene Vorstellungen von Kirche. Am Ende sind mehr Fragen entstanden, als beantwortet wurden und ich denke, das zeigt auch, dass es ein gutes Forum war."
Im nächsten Jahr findet die zehnte christlich-muslimische Tagung des Theologischen Forums statt. Bis dahin sollen die Erfahrungen des Dialogprozesses gründlich ausgewertet werden. Denn die Mitglieder des Theologischen Forums haben sich noch viel vorgenommen für die Zukunft: Sie möchten, dass noch mehr Impulse von ihren Diskussionen ausgehen in die interreligiöse Dialogarbeit der Gemeinden etwa oder in die gesellschaftspolitischen Debatten.
Hansjörg Schmid: "Ziel wäre auch, dass in den theologischen Studiengängen interreligiöse Fragen stärker verankert sind. Das heißt, dass Studierende heute nicht mehr zum Beispiel katholische, evangelische oder islamische Theologie studieren, ohne Lehrveranstaltungen auch über interreligiöse Fragen besucht zu haben."