Eizellspenden aus Spanien

Geteilte Mutterschaft

12:04 Minuten
Eine Mikroskopaufnahme der Injektion von einem Spermium in eine Eizelle.
Ein möglicher Weg zum eigenen Kind: Eine Mikroskopaufnahme der Injektion von einem Spermium in eine Eizelle. © picture alliance / imageBROKER / Jochen Tack
Julia Macher im Gespräch mit Marietta Schwarz |
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Frauen, die keine Eizellen bilden und schwanger werden wollen, können sich eine fremde Eizelle einpflanzen lassen. Doch dieses reproduktionsmedizinische Verfahren ist in Deutschland verboten. In Spanien wird die Methode erfolgreich angewendet.
Zwei Mütter, zwei Väter, Alleinerziehende, adoptierte Kinder: Familienmodelle gibt es viele. Was aber passiert, wenn die genetische Mutter nicht die leibliche Mutter ist, also nicht diejenige, die das Kind auch austrägt? Bei Eizellenspenden kommt es so zu einer geteilten Mutterschaft. In Deutschland ist das Verfahren wie viele reproduktionsmedizinische Verfahren verboten. In vielen anderen Ländern ist es erlaubt, unter anderem in Spanien.

Der Wunsch nach einem eigenen Kind

Wir haben mit Valerie* darüber gesprochen. Sie lebt heute in Berlin und hat mit 25 Jahren erfahren, dass sie eine Ovarieninsuffizienz hat: Ihre Gebärmutter ist intakt, aber ihre Eierstöcke produzieren keine Eizellen. Sie und ihr Partner wollten aber unbedingt eine Familie gründen. Ärzte haben ihr schließlich eine Schwangerschaft via Eizellenspende in Spanien vorgeschlagen. Zunächst habe sie diese Idee einer fremden Eizelle in ihrem Bauch als „ganz schön schräg“ empfunden und ihr Freund wollte auch gar nicht unbedingt sein Erbgut weitergeben:
„Aber er sagte: 'Ich kann – du hast einen Uterus. Also warum sollen wir das nicht machen?` Und ich muss sagen, dass ich die Vorstellung, dass ich das Kind tragen kann, sehr schön fand.“

Das Verfahren gibt es seit 1983

Das Verfahren der Eizellenspende gibt es seit 1983, dabei werden einer Spenderin gereifte Eizellen entnommen, die dann in vitro mit dem Sperma des Vaters befruchtet, und nach mehrfacher Zellteilung als Blastozysten, als Mini-Embryonen in die Gebärmutter der Mutter eingepflanzt werden.
Das Verfahren kostet je nach Klinik und Zahl der eingepflanzten Embryonen zwischen 5.000 und 8.000 Euro. Spanien gilt als federführend dabei. Damit Spende und Spenderin anonym bleiben können, müssen Ärztinnen und Ärzte in Spanien darauf achten, dass sich die beiden Frauen so ähnlich wie möglich sehen.

Beratung findet online statt

Im spanischen Dexeus Mujer wurde 1984 das spanienweit erste Kind über In-vitro-Befruchtung gezeugt, vier Jahre später die ersten Zwillinge über Eizellenspende. 20 Prozent der Patientinnen kommen dort heute aus dem Ausland. Elisabet Clua arbeitet seit 27 Jahren in der Klinik und ist, so sagt sie selbst, verantwortlich für Tausende erfolgreicher Matchings. Bei ausländischen Patientinnen wird inzwischen so viel wie möglich online abgewickelt, sagt Clua:
„Bei der Videokonferenz notieren wir das Aussehen der Mutter, Ethnie, Haar- und Augenfarbe, Größe, Gewicht, Blutgruppe. Die Patientin schickt uns ein Foto, der Vater reist für den genetischen Test an, gibt eine Samenspende ab, die dann gleich eingefroren wird. Wenn wir eine Spenderin gefunden haben, befruchten wir die Eizellen, schaffen die Embryonen, frieren sie ein und vereinbaren mit der Patientin den Einpflanzungstermin, sodass sie nicht länger als drei Tage bleiben muss, ihr Alltag weniger gestört und weniger Kosten hat.“

Es ist auch ein Geschäft

Bei reproduktionsmedizinischen Verfahren führt Spanien weltweit die Statistik an und erfüllt auch lesbischen Paaren oder alleinstehenden Frauen den Kinderwunsch. Spanien hat sehr liberale gesellschaftspolitische Gesetze – die gleichgeschlechtliche Ehe ist seit 2005 legal.
Dennoch geht es bei dem Thema auch ums Geld. Die Journalistin Julia Bacardit hat dazu das Buch „Der Preis, Mutter zu sein“ veröffentlicht. So hat Bacardit selbst an ihrer Uni immer wieder Plakate gesehen, auf denen Frauen bis zu 1.000 Euro für eine Eizellenspende geboten wurde. Sie wollte erst selbst spenden, hat dazu aber recherchiert und ein gutes Dutzend Spenderinnen interviewt.
„Den Spenderinnen geht es fast immer in erster Linie ums Geld“, sagt sie. „Die Idee, jemandem dadurch zu helfen, kommt als ideelles Plus dazu. Viele haben anonyme Postkarten mit Danksagungen erhalten, das hat sie stolz gemacht.“

Was ist mit den Kindern?

Dieses „Geschäft mit dem Körper“ findet sie nicht verwerflich, aber Julia Bacardit fordert eine bessere psychologische und medizinische Betreuung. Zusätzlich sieht sie Lücken bei den Rechten der Kinder. Da Spenderinnen anonym bleiben, erfahren die Kinder nicht, wer ihre genetische Mutter ist. Das widerspricht dem Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung, wie es auch in der Kinderrechtscharta der Vereinten Nationen steht. Viele Experten und Expertinnen gehen deshalb davon aus, dass die Anonymitätspflicht in Spanien daher früher oder später fallen wird.
*Name von der Redaktion geändert.
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