Geteiltez Spîl
In der Großen Heidelberger Liederhandschrift (um 1300 - 1330/40) und der Jenaer Liederhandschrift (um 1330/40) ist jeweils eine Reihe unabhängig voneinander entstandener Spruchgedichte überliefert, deren älteste Teile wahrscheinlich um die Mitte des 13. Jahrhunderts in Thüringen entstanden. Sie bergen u.a. das 24 Strophen umfassende "Fürstenlob”, welches einen Sängerwettstreit am Thüringer Landgrafenhof beschreibt.
Die thüringische Geschichtsschreibung des Spätmittelalters hielt dieses Ereignis für historisch wahr und datierte es auf die Jahre 1206/07. Beweise dafür, dass das Ereignis tatsächlich stattgefunden hat, gibt es nicht. Wahrscheinlicher ist, dass sich hier schon Wirklichkeit und Sage vermischten und zur Verklärung des Landgrafenhofes beitrugen. Die spätmittelalterlichen Chronisten "verlegten” das Ereignis dann auf die Wartburg, und auf dieser Grundlage blieb das berühmte Mäzenatentum Landgraf Hermanns I. in zahlreichen Variationen der Erzählung bis heute lebendig.
800 Jahre nach dem legendären Sängerwettstreit auf der Wartburg – berühmt durch Richard Wagners "Tannhäuser", aber kaum bekannt als literarisches Zeugnis – setzt das eigens für diese Produktion zusammengestellte Ensemble das Ereignis am historischen Ort in Szene. Originale Lieder der beteiligten Dichter – insofern sie nicht selbst eine Erfindung sind –, instrumental begleitete Auszüge so bekannter Epen wie "Parzival" und klangvoll-filigrane Estampien geben einen unterhaltsamen Einblick in die Rekonstruktion mittelalterlicher Musik und Sprache.
Programmhinweis zum Konzert:
Alte Musik am 12.12.06/22:00 Uhr
Wes' Brot ich ess, des' Lied ich sing - Die Wartburg und ihr Sängerkrieg
Von Judith Kochendörfer
[nach: Richter-Heimbach, Arthur. Thüringens Sagenschatz. Quedlinburg 1912]
Der Sängerkrieg auf der Wartburg
Am Hofe des Landgrafen Hermann von Thüringen hatten sich sechs edle und tugendsame Männer zusammengefunden, die hübsche Lieder dichten konnten. Sie erfanden auch neue Gesänge, mit denen sie im Wettstreit gegeneinander antraten. Und weil dieser Sängerwettstreit auf der Wartburg über Eisenach geschah, so heißt man ihn noch heute den Sängerkrieg auf der Wartburg.
Der erste Sänger hieß Heinrich Schreiber und war ein guter Ritter; der zweite Walther von der Vogelweide; der dritte Reinhart von Zwetzen, auch Reinmar Zweter genannt; der vierte Wolfram von Eschenbach; diese waren alle ritterbürtige Mannen und gute Wappner. Biterolf, der fünfte, gehörte zu der Landgräfin Dienerschaft und der sechste, Heinrich von Ofterdingen, war ein Bürger der Stadt Eisenach aus einem frommen Geschlecht.
In ihrem Wettkampf priesen sie laut das Lob guter Fürsten und vornehmlich das des gastlichen und kunstsinnigen Landgrafen Hermann. Nur Heinrich von Ofterdingen lobte in seinem Gesange den Herzog von Österreich und hob ihn hoch über alle anderen Fürsten. Da entbrannte der Streit unter ihnen so hart, dass sie beschlossen, der Verlierer solle sofort dem Scharfrichter übergeben werden. Nun sangen alle gegen Heinrich von Ofterdingen, denn sie hassten ihn, waren neidisch auf seine Kunst und hätten ihn gern vom Hof vertrieben. Ofterdingen verglich den Herzog von Österreich mit der Sonne und gestand allen anderen Fürsten nur den Glanz der Sterne zu. Die übrigen Sänger aber erhoben den Landgrafen von Thüringen über alles und nannten ihn den Tag, dem die Sonne erst nachfolge. Endlich schien die Überzahl zu siegen, fünf gegen einen, und Ofterdingen rief sehnsuchtsvoll nach dem Meister aller Sänger, nach Klingsor von Ungarnland. Denn dieser, so meinte er, würde seine Meisterschaft und die Tugendhaftigkeit des Österreichers bezeugen. Doch die anderen Sänger wollten auf der Stelle Ofterdingens Tod und riefen den Scharfrichter. Daraufhin floh Heinrich von Ofterdingen zu der Landgräfin und bat um ihren Schutz. Die Fürstin aber forderte alle auf, Gerechtigkeit walten zu lassen. Und so beschloss man, dass Ofterdingen Meister Klingsor rufen solle. In Jahresfrist wollte man sich dann wieder treffen und sich dem Urteilsspruch des großen Magiers beugen. [...] So geschah es dann auch nach einem Jahr zur Wartburg auf dem Ritterhaus. Klingsor sprach, dass der Tag von der Sonne komme, und wenn die Sonne die Erde nicht beleuchte, so wäre kein Tag. Mit diesen weisen Worten zeigte er, dass Heinrich von Ofterdingen keinesfalls verloren hatte, und sühnte gütlich ihren Streit. (Übertragungen: Jörg Peukert )
Palas der Wartburg
Aufzeichnung vom 6.12.2006
Geteiltez Spîl
Der Sängerkrieg auf der Wartburg
Aus "Fürstenlob" (Jenaer Liederhandschrift, 14. Jahrhundert)
Nu hebe ichz hie mit schirmeslegen
Der tugendhafte Schreiber (13. Jahrhundert)
Es ist in den walt gesvngen
Der Kürenberger (Mitte des 12. Jahrhunderts)
Ich zôch mir einen valken
Reinmar der Alte († vor 1210)
Si koment underwîlent her
Der tugendhafte Schreiber (13. Jahrhundert)
Ein ander minne
Reinmar der Alte († vor 1210)
Ich welte ûf guoter liute sage
Aus "Rätselspiel" (Jenaer Liederhandschrift, 14. Jahrhundert)
Stylla das ist myn houbet stat
Neidhart (ca. 1190 - ca. 1245)
Dô der liebe summer ureloup genam
Walther von der Vogelweide (ca. 1170 – ca. 1230)
Mir hat her Gerhart Atze ein pfert erschozzen z’Îsenache
u.a.
Moderator/Klingsor – Thos Renneberg
Hermann I. Landgraf von Thüringen – Jan Seidel
Landgräfin Sophia – Jana Wolf
Heinrich von Ofterdingen – Knud Seckel, Harfe, Drehleier
Walther von der Vogelweide – Robert Weinkauf
Der tugendhafte Schreiber – Hagen Seidel, Laute
Wolfram von Eschenbach – Jörg Peukert
Reinmar – Hans Hegner, Drehleier
Biterolf – Peter Rabanser, Laute, Dudelsack
Susanne Ansorg, Fidel
Kay Krause, Laute
800 Jahre nach dem legendären Sängerwettstreit auf der Wartburg – berühmt durch Richard Wagners "Tannhäuser", aber kaum bekannt als literarisches Zeugnis – setzt das eigens für diese Produktion zusammengestellte Ensemble das Ereignis am historischen Ort in Szene. Originale Lieder der beteiligten Dichter – insofern sie nicht selbst eine Erfindung sind –, instrumental begleitete Auszüge so bekannter Epen wie "Parzival" und klangvoll-filigrane Estampien geben einen unterhaltsamen Einblick in die Rekonstruktion mittelalterlicher Musik und Sprache.
Programmhinweis zum Konzert:
Alte Musik am 12.12.06/22:00 Uhr
Wes' Brot ich ess, des' Lied ich sing - Die Wartburg und ihr Sängerkrieg
Von Judith Kochendörfer
[nach: Richter-Heimbach, Arthur. Thüringens Sagenschatz. Quedlinburg 1912]
Der Sängerkrieg auf der Wartburg
Am Hofe des Landgrafen Hermann von Thüringen hatten sich sechs edle und tugendsame Männer zusammengefunden, die hübsche Lieder dichten konnten. Sie erfanden auch neue Gesänge, mit denen sie im Wettstreit gegeneinander antraten. Und weil dieser Sängerwettstreit auf der Wartburg über Eisenach geschah, so heißt man ihn noch heute den Sängerkrieg auf der Wartburg.
Der erste Sänger hieß Heinrich Schreiber und war ein guter Ritter; der zweite Walther von der Vogelweide; der dritte Reinhart von Zwetzen, auch Reinmar Zweter genannt; der vierte Wolfram von Eschenbach; diese waren alle ritterbürtige Mannen und gute Wappner. Biterolf, der fünfte, gehörte zu der Landgräfin Dienerschaft und der sechste, Heinrich von Ofterdingen, war ein Bürger der Stadt Eisenach aus einem frommen Geschlecht.
In ihrem Wettkampf priesen sie laut das Lob guter Fürsten und vornehmlich das des gastlichen und kunstsinnigen Landgrafen Hermann. Nur Heinrich von Ofterdingen lobte in seinem Gesange den Herzog von Österreich und hob ihn hoch über alle anderen Fürsten. Da entbrannte der Streit unter ihnen so hart, dass sie beschlossen, der Verlierer solle sofort dem Scharfrichter übergeben werden. Nun sangen alle gegen Heinrich von Ofterdingen, denn sie hassten ihn, waren neidisch auf seine Kunst und hätten ihn gern vom Hof vertrieben. Ofterdingen verglich den Herzog von Österreich mit der Sonne und gestand allen anderen Fürsten nur den Glanz der Sterne zu. Die übrigen Sänger aber erhoben den Landgrafen von Thüringen über alles und nannten ihn den Tag, dem die Sonne erst nachfolge. Endlich schien die Überzahl zu siegen, fünf gegen einen, und Ofterdingen rief sehnsuchtsvoll nach dem Meister aller Sänger, nach Klingsor von Ungarnland. Denn dieser, so meinte er, würde seine Meisterschaft und die Tugendhaftigkeit des Österreichers bezeugen. Doch die anderen Sänger wollten auf der Stelle Ofterdingens Tod und riefen den Scharfrichter. Daraufhin floh Heinrich von Ofterdingen zu der Landgräfin und bat um ihren Schutz. Die Fürstin aber forderte alle auf, Gerechtigkeit walten zu lassen. Und so beschloss man, dass Ofterdingen Meister Klingsor rufen solle. In Jahresfrist wollte man sich dann wieder treffen und sich dem Urteilsspruch des großen Magiers beugen. [...] So geschah es dann auch nach einem Jahr zur Wartburg auf dem Ritterhaus. Klingsor sprach, dass der Tag von der Sonne komme, und wenn die Sonne die Erde nicht beleuchte, so wäre kein Tag. Mit diesen weisen Worten zeigte er, dass Heinrich von Ofterdingen keinesfalls verloren hatte, und sühnte gütlich ihren Streit. (Übertragungen: Jörg Peukert )
Palas der Wartburg
Aufzeichnung vom 6.12.2006
Geteiltez Spîl
Der Sängerkrieg auf der Wartburg
Aus "Fürstenlob" (Jenaer Liederhandschrift, 14. Jahrhundert)
Nu hebe ichz hie mit schirmeslegen
Der tugendhafte Schreiber (13. Jahrhundert)
Es ist in den walt gesvngen
Der Kürenberger (Mitte des 12. Jahrhunderts)
Ich zôch mir einen valken
Reinmar der Alte († vor 1210)
Si koment underwîlent her
Der tugendhafte Schreiber (13. Jahrhundert)
Ein ander minne
Reinmar der Alte († vor 1210)
Ich welte ûf guoter liute sage
Aus "Rätselspiel" (Jenaer Liederhandschrift, 14. Jahrhundert)
Stylla das ist myn houbet stat
Neidhart (ca. 1190 - ca. 1245)
Dô der liebe summer ureloup genam
Walther von der Vogelweide (ca. 1170 – ca. 1230)
Mir hat her Gerhart Atze ein pfert erschozzen z’Îsenache
u.a.
Moderator/Klingsor – Thos Renneberg
Hermann I. Landgraf von Thüringen – Jan Seidel
Landgräfin Sophia – Jana Wolf
Heinrich von Ofterdingen – Knud Seckel, Harfe, Drehleier
Walther von der Vogelweide – Robert Weinkauf
Der tugendhafte Schreiber – Hagen Seidel, Laute
Wolfram von Eschenbach – Jörg Peukert
Reinmar – Hans Hegner, Drehleier
Biterolf – Peter Rabanser, Laute, Dudelsack
Susanne Ansorg, Fidel
Kay Krause, Laute