Gewalt im Nahen Osten

"Es ist kein Zufall, dass es zu einer Eskalation gekommen ist"

10:17 Minuten
Zerstörtes Gebäude in Gaza-Stadt nach einem israelischen Luftangriff.
Zerstörtes Gebäude in Gaza-Stadt nach einem israelischen Luftangriff. © Imago / NurPhoto / Majdi Fathi
Michael Wolffsohn im Gespräch mit Korbinian Frenzel |
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Der Historiker und Nahost-Experte Michael Wolffsohn sieht den eigentlichen Drahtzieher für den Gewaltausbruch im Nahen Osten in Teheran. Die Hamas als "verlängerter Arm" des Iran habe die Eskalation initiiert und geplant.
Die Gewaltspirale ist in Gang gesetzt worden, ein Ende nicht in Sicht: Nach Angaben der israelischen Armee sind seit Montag mehr als tausend Raketen auf Israel abgefeuert worden. Die israelische Armee griff deswegen zuletzt die Häuser mehrerer Anführer der radikalislamischen Hamas im Gazastreifen aus der Luft an. Auf beiden Seiten gibt es Todesopfer zu beklagen.
Für den Historiker Michael Wolffsohn ist es kein Zufall, dass es gerade jetzt zu einer Eskalation gekommen ist. "Der eigentliche Drahtzieher sitzt in Teheran", sagt er.
Derzeit werde über über eine Wiederbelebung des Atomabkommens verhandelt, und der Iran wolle jetzt zeigen, dass die Welt keine Ruhe im Nahen Osten bekomme, wenn das Land nicht einbezogen werde. Die Hamas wiederum sei der "verlängerte Arm des Iran" und habe die gegenwärtige Eskalation initiiert und geplant.

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© picture alliance / dpa / Xinhua / Gideon Markowicz
Der zweite Grund für das Aufflammen der Kämpfe betreffe die Hamas unmittelbar, so Wolffsohn. Dabei gehe es um die Teilnahme der Vereinigten Arabischen Liste an den Koalitionsverhandlungen in Israel. Wenn diese Liste in eine Regierung eintrete, bedeute das die Integration von israelischen Arabern in das politische System Israels: "Das kann nicht im Interesse der Hamas liegen."
Prof. Michael Wolffsohn in 2019 in Berlin.
Die Gewalt hat den Palästinensern nichts gebracht, sagt der Historiker Michael Wolffsohn.© imago / Uwe Steinert
"Die Eskalation von Hamas hat Methode und sie ist ganz klar politisch-strategisch nachvollziehbar", betont der Historiker. Die Reaktion der Israelis wiederum sei "alternativlos". Die Tragödie der Palästinenser sei, dass sie aus nachvollziehbarer Wut immer wieder zu den falschen Mitteln griffen, sagt Wolffsohn. Die Gewalt habe ihnen in den letzten Jahrzehnten "weniger als nichts" gebracht.

Der UN-Sicherheitsrat schaltet sich ein

International mehren sich nun die Aufrufe, die Gewalt zu stoppen. Zuletzt rief der britische Premier Boris Johnson beide Seiten zur Deeskalation auf. Der UN-Sicherheitsrat will über die Lage im Nahen Osten beraten.
(ahe)
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