Linke gegen Rechte und umgekehrt
Ende letzten Jahres starb in Madrid Francisco Javier Romero. Der Anhänger der linken Ultra-Gruppe "Riazor Blues" von Deportivo La Coruña war von rechten "Frente"-Ultras von Atlético Madrid in den Tod getrieben worden. Langsam wird etwas gegen die gewaltätigen Fans getan.
In einer kleinen Bar unweit des "Vicente Calderón", des Stadions von Atlético Madrid. Vor dem großen Derby gegen Real Madrid treffen sich hier die Anhänger von "Atleti". Juan erklärt den Unterschied zu den "Galácticos".
"Real Madrid ist wie dein reicher Nachbar, der ein besseres Auto hat. Und wenn wir mal eine schönere Frau haben, dann nehmen sie uns die weg."
Dann wurde der Argentinier Diego Simeone 2011 Trainer Atléticos – und vollbrachte ein Wunder. Im Vorjahr wurde der Klub mit seinem betont kämpferischen Stil spanischer Meister. Und das Champions League-Finale ging, ausgerechnet gegen Real Madrid, erst in der Verlängerung verloren. In dieser Saison aber konnte Real bisher nicht eines von fünf Spielen gegen Atlético gewinnen. Vor allem zu Hause im alten Calderón sind die Rot-Weißen eine Macht.
Die Stimmung getrübt hat nur der Tod von Francisco Javier Romero: Der 43-jährige Anhänger der linken Ultra-Gruppe "Riazor Blues" von Deportivo La Coruña war von rechten "Frente"-Ultras Atléticos in den Tod getrieben worden. Juan verurteilt das, will aber nicht die "Frente" insgesamt verantwortlich machen:
"Das war ein bedauernswertes Unglück. Früher habe ich auch der Frente angehört. Da gibt es viele gute Menschen, aber eben auch einige weniger gute. Die Gewalttätigen sind aber eine Minderheit."
Gewaltbereite Ultras in Spanien
Auch laut Santiago Segurola, stellvertretender Chefredakteur der Sportzeitung "Marca", spielen gewaltbereite Ultras in Spanien eigentlich keine große Rolle.
"In den letzten zehn, 15 Jahren waren die Stadien in Spanien sehr familiär, man sieht viele Väter mit ihren Söhnen. Aber es gibt kleine Gruppen von Gewalttätigen und Radikalen, wenn sie auch klein sein mögen, und die können zum Problem werden. Doch im Vergleich gibt es im spanischen Fußball generell nur wenig Gewalt."
Wenn es in Spanien zu Auseinandersetzungen zwischen Ultras kommt, dann oft zwischen linken und rechten. Das sind auch Nachwirkungen der spanischen Geschichte. Bis zu seinem Tode 1975 herrschte hier der Diktator Franco. Santiago Segurola meint, seither seien vor allem die rechtsradikalen Ultras gefährlich.
"Das wirkliche Problem sind die rechten Ultras gewesen. Rechtsextreme und Nazis bilden die größten Gruppierungen. Ich schätze, dass die rechten Ultras 90 Prozent der Straftaten im Fußball verübt haben."
Gruppen wie Atléticos "Frente". Mit geschätzten 2.000 Anhängern gilt sie als größte Ultra-Vereinigung Spaniens – ein buntes Sammelbecken von Fans, die in der Südkurve des Calderón zu Hause sind. Zum harten Kern gehören mindestens 100 Rechtsradikale.
Auch gegen verbale Gewalt wird vorgegangen
Spanien reagierte sofort auf das brutale Vorgehen der Ultra-Schläger. Der "Frente" wurde der Status als Fanclub aberkannt, es gab rund 60 Festnahmen; auch die vermeintlichen Täter wurden identifiziert. Künftig soll sogar verbale Gewalt in den Stadien stärker geahndet werden. Der in Spanien lebende Fußballautor Florian Haupt:
"Was aber auch passiert ist, ist, dass man diesen Schritt gegangen ist und gesagt hat: Es geht nicht nur um physische Gewalt, sondern das ganze Klima ist vergiftet, innen und um die Stadien, und man eben auch gegen verbale Gewalt jetzt vorgeht. In den Wochen nach diesem Vorfall wurden mehrere Vereine dann immer bestraft, unter anderem Real Madrid in Barcelona für sozusagen beleidigende Fangesänge."
Man wird sehen, wie lange ein solches Verbot eingehalten werden kann. Beim Derby gegen Real ist die "Frente"-Südkurve schon wieder gut gefüllt. Der Underdog gegen die "Königlichen". Doch Atlético führt bereits nach 18 Minuten mit 2:0.
Am Ende geht das Spiel 4:0 aus – ein Debakel für Real. Atléticos Fans feiern das ausgelassen, aber friedlich. Allzu bösartige Schmähgesänge sind auch nicht zu hören. Doch das ein oder andere Schimpfwort gegenüber dem Erzrivalen fällt schon. Bayer Leverkusen kann sich jedenfalls beim Rückspiel auf einen heißen Empfang einstellen.