Hansa Rostock und Problemfans

Ärger mit der Kurve

05:55 Minuten
Fans von Hansa Rostock beim DFB-Pokalspiel gegen Hertha BSC
Laut Landespolizei Mecklenburg-Vorpommern hat Hansa Rostock 450 gewaltbereite Anhänger. © dpa / picture alliance / Voelker
Von Jörn Pissowotzki |
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Der FC Hansa Rostock spielte von 1995 bis 2005 zehn Jahre lang in der Fußball-Bundesliga. Inzwischen ist der Verein drittklassig. Der Klub hat eine große Vergangenheit, aber auch ein riesiges Problem mit Teilen seiner Fanbasis.
Wenn alles gut läuft, ist die Stimmung einmalig bei den Spielen. Viele, die jetzt beim Start in diese Saison dabei waren, gegen die zweite Mannschaft des VfB Stuttgart, sagen, dass sie so eine Darstellung von Fankultur noch nie erlebt haben: anfeuernde Fans, die Symbole des Vereins und der Hansestadt Rostock auf den Tribünen dargestellt.
Auch Hansas Sportchef Amir Shapourzadeh war begeistert: 

„Ich bin jetzt seit über 21 Jahren im Profifußball dabei. Ich habe in meinem ganzen Leben noch nicht so eine Choreografie gesehen. Das war gigantisch.“    

Gewaltbereite Fans verursachen fast Spielabbruch

Hansafans sind leidenschaftlich. Wenn etwas bei ihnen aus dem Ruder läuft, dann so wie in Paderborn im vergangenen Dezember: Das Zweitligaspiel so kurz vor Weihnachten musste zweimal unterbrochen werden.
Ein paar Dutzend Rostocker, geschätzte 100 gewaltbereite Fans, zogen das volle Programm durch. Pyrotechnik und Raketen wurden gezündet.
Was als vermeintlicher Protest gegen den damals geplanten Investoreneinstieg in die Deutsche Fußball Liga losging, führte fast zum Spielabbruch. Polizisten, Mitarbeiter des Ordnungsdienstes und ein neutraler Zuschauer wurden verletzt.

150.000 Euro Strafe für den Verein

Die Rostocker Chaoten beschädigten unter anderem Cateringstände, Sanitäranlagen und Einlasskontrollen. Der Sachschaden lag anschließend bei über 100.000 Euro. Der Klub musste 150.000 Euro Strafe zahlen.
Die Rostocker Oberbürgermeisterin Eva-Maria Kröger war nach dem Paderborn-Spiel im NDR fassungslos:

Wir haben alle gemeinsam in den letzten Jahrzehnten daran gearbeitet, dass Rostock eine einladende Stadt ist - dass es immer eine Reise wert ist, Rostock zu besuchen. Und  Hansa Rostock gehört mit zu unserer Identität. Wenn dann Auswärtsspiele stattfinden und es zu Zerstörung und Körperverletzung durch die Fans kommt, macht das natürlich was mit dem Ruf der Stadt.

Eva-Maria Kröger, Oberbürgermeisterin von Rostock

Ein paar Wochen vor Paderborn hatte eine Fan-Choreo beim Heimspiel gegen St. Pauli bundesweit für Schlagzeilen gesorgt. Auf einem Transparent war das Sonnenblumenhaus in Rostock-Lichtenhagen zu sehen.

Ausländerfeindliche Krawalle vor 31 Jahren

1992 war es Ziel ausländerfeindlicher Krawalle in der Stadt. Nun, 31 Jahre später im Ostseestadion, wirkte es so, schrieb der „Spiegel“, „als steckten es die Ultras ein zweites Mal in Brand.“
„Sportschau.de“ sah wörtlich einen „Rassismus-Eklat.“ Zu allen Fan-Aktionen hätten wir von Deutschlandfunk Kultur gerne mit direkt Verantwortlichen des FC Hansa gesprochen. Niemand war dazu bereit.  
Aber: Die Problemfans sind nicht deckungsgleich mit dem Verein. Achim, ein langjähriger Hansa-Fan aus Schwerin, distanziert sich deutlich von den Rostocker Chaoten: 

„Dass wir im Fanbereich bei Hansa Idioten haben, das weiß man schon ewig. Ich finde es schlimm, dass so Leute als Fans bezeichnet werden. Das hieße, die wären genauso wie ich. Doch die meisten im Stadion sind nicht wie die. Das sind 200 oder 300 Vollidioten, die Hansa als Bühne nehmen. Andere Vereine haben auch die Probleme, aber über Hansa und über andere Vereine im Osten wie Dresden wird am meisten geredet. Probleme mit solchen Idioten haben alle Vereine. Ich weiß nicht, was man da machen soll.“

"Ein schmaler Grat, den richtigen Weg zu finden"

Wir sprechen hier nur über den FC Hansa. Der NDR-Reporter Jan Didjurgeit berichtet über ihn seit über 30 Jahren. Er erklärt so das Verhältnis des Klubs zu den Problemfans:

Die Hansa-Mitgliederversammlung, die einmal im Jahr stattfindet, wird inhaltlich von den Ultras diktiert. Das heißt, wenn sich ein Vorstandsvorsitzender dann tatsächlich mal knüppelhart gegen die Ultraszene und die Ausschreitungen der Ultraszene stellen würde, dann wäre es nur eine Frage der Zeit, bis der abgesägt würde. Das heißt, es ist immer ein schmaler Grat, dort den richtigen Weg zu finden. Eigentlich eine ‚mission impossible‘.

NDR-Reporter Jan Didjurgeit

Die Landespolizei Mecklenburg-Vorpommern hat in der vergangenen Saison die Zahl gewaltbereiter und gewaltgeneigter Hansa-Anhänger mit 450 beziffert. Dazu kamen noch 100 gewaltsuchende Fans. 
Hansa spielt jetzt in der dritten Liga. Mecklenburg-Vorpommerns höchster Polizist, Inspekteur Nils Hoffmann-Ritterbusch hat sich zusammen mit Experten den Spielplan angesehen und sagt:

„Wir glauben, dass wir deutlich weniger Risikospiele haben und weniger Problemspiele als in der zweiten Liga.“

Er sagt auch, dass die Polizei die Größe ihrer Einsätze außerhalb des Stadions immer von Spiel zu Spiel entscheiden wird. Das hängt unter anderem auch vom Tabellenplatz der Hanseaten ab.

Wiederaufstieg ist für Hansa zunächst kein Thema

Und diese sportliche Situation ist für Rostock so, dass der Wiederaufstieg erst mal kein Thema ist.
Der neue Sportchef Amir Shapourzadeh ist  realistisch.

„Wir sollten erst mal gucken, dass wir ein bisschen bodenständig und demütig bleiben, sich der Liga annimmt. Das ist jetzt wieder dritte Liga. Für uns ist es wichtig, viele Punkte zu holen und uns dann auch als gesamte Mannschaft weiterzuentwickeln. Dann wird man am Ende sehen, wofür es reicht.“  

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