Gewalteskalation in Rigaer Straße

    "Keine Zeit für Runde Tische"

    Demonstration gegen die Räumung eines besetzten Hauses in der Rigaer Straße in Berlin Friedrichshain am 9. Juli 2016.
    Demonstration gegen die Räumung eines besetzten Hauses in der Rigaer Straße in Berlin Friedrichshain am 9. Juli 2016. © dpa / Maurizio Gambarini
    Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) sieht keine Chance für Verhandlungen mit den Hausbesetzern der Rigaer Straße in Berlin. Angesichts der Gewalteskalation sei "im Moment nicht die Zeit für Runde Tische", sagte er nach einem Gespräch mit Innensenator Frank Henkel (CDU).
    Es war die wohl gewalttätigste Demonstration seit Jahren in Berlin: Bei Protesten gegen die Teilräumung eines besetzten Hauses in der Rigaer Straße im Stadtteil Friedrichshain wurden am Samstag (9. Juli 2016) laut Polizei mehr als 120 Beamte verletzt. Keine Angaben gibt es darüber, wie viele der Demonstrationsteilnehmer körperliche Schäden davontrugen. Die Polizei nahm 86 Demonstranten meist vorübergehend fest, wegen Körperverletzung, Gefangenenbefreiung und Verstößen gegen das Sprengstoffgesetz.

    Wie reagieren Berlins Politiker?

    Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) hat betont, es herrsche "keine unsichere Lage" in Berlin. Auch gäbe es keine Solidarität mit Gewalttätern. Diesen müsse entschlossen entgegengetreten werden, sagte der SPD-Politiker nach einem Gespräch mit Innensenator Frank Henkel (CDU) am Montag (11. Juli 2016). Verhandlungen mit Demonstranten und Bewohnern der Rigaer Straße lehnte Müller ab.
    Berlins Regierender Bürgermeister, Michael Müller (SPD)
    Berlins Regierender Bürgermeister, Michael Müller (SPD), nach einem Treffen mit Innensenator Frank Henkel (CDU) anlässlich der Demonstrationen gegen die Räumung eines besetzen Hauses in der Rigaer Straße, in Berlin Friedrichshain. © dpa / Sophia Kembowski
    Auch Henkel erteilte Verhandlungen eine Absage und bezeichnete die Vorfälle als "linke Gewaltorgie". Er sehe keinen Grund "mit Straftätern, Linksautonomen zu reden. Ich wüsste auch nicht worüber." Senat und Polizei wollen Anwohner des umkämpften Hauses nun besser über die Situation informieren.

    Welche Rolle spielt der Wahlkampf?

    Dass in Berlin im September die Wahlen des Abgeordnetenhauses stattfinden, lässt eine Entschärfung des Konflikts eher unwahrscheinlich erscheinen.
    Der Berliner Politikwissenschaftler Klaus Schroeder hat vor einer drastischen Eskalation des Konflikts gewarnt. Beide Seiten rüsteten in der derzeit hitzigen Situation eher auf als ab. Jetzt, wo die Wahlen in Berlin bevorstünden, greife die Politik zur "harten Linie": "Das hat natürlich einen Beigeschmack", betonte er.
    Vor allem Innensenator Henkel wird von politischen Gegnern vorgeworfen, mit hartem Vorgehen Wahlkampf zu machen. "Autonome und Innensenator Henkel bilden in ihrem Dauerstreit so etwas wie eine politische Zugewinngemeinschaft", kommentiert der "Tagesspiegel".
    Kritik am strikten Vorgehen übte die Opposition: Die Bezirksbürgermeisterin in Friedrichshain, Monika Herrmann (Grüne), kritisiert das Nein von Innensenator Henkel scharf. Mit seiner Ablehnung und seiner Strategie der Härte habe er einen "ganzen Kiez in Haftung genommen", sagte sie dem RBB-Sender "Radio Eins". "Gespräche auf die Polizei übertragen, Senat hält sich raus, beobachtet + erhöht den Druck. Interessanter Plan", schreibt sie bei Twitter.
    Auch Christopher Lauer, parteiloses Mitglied der Berliner Piratenfraktion, kritisierte die fehlende Gesprächsbereitschaft der Berliner Regierung - und wirft Innensenator politisches Taktieren vor: "Frank Henkel checkt einfach nicht: Diejenigen, die ihm für seine Linksextremismus-Hassrhetorik Beifall klatschen, die wählen AfD", schreibt Lauer.

    Was sind die Hintergründe des Konflikts?

    Der Streit um das Haus Rigaer Straße 94 schwelt bereits seit mehr als 25 Jahren. Immer wieder wurde es besetzt und geräumt. Der Konflikt um das besetzte Haus steht dabei auch für die Diskussion über eine zunehmende Gentrifizierung und steigende Mietpreise in Berlin.
    Der jetzige Eigentümer des Hauses in der Rigaer Straße, die "Lafone Investment Ltd." mit Sitz im Londoner Zentrum, möchte laut Aussage des Innensenators in den Räumen Flüchtlinge einquartieren.
    (lk)
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