46. Tage der deutschsprachigen Literatur

Ana Marwan gewinnt Bachmann-Preis

Ana Marwan bei der Lesung ihres Textes "Wechselkröte" in Klagenfurt. Im Hintergrund sind unscharf Bäume zu erkennen, sie liest im Garten an einem Pult.
So sehen Siegerinnen aus: Ana Marwan bei der Lesung ihres Textes "Wechselkröte" in Klagenfurt. © ORF/Johannes Puch
"Der Text spricht viel besser als ich", sagte Ana Marwan bei der Übergabe des mit 25.000 Euro dotierten Bachmannpreises. Laudator Klaus Kastberger lobte den zarten und eigenwilligen Text, der mit der Sprache einen Tanz aufführe.
Der diesjährige Ingeborg-Bachmann-Preis geht an die in Slowenien geborene Autorin Ana Marwan. Ihr Text "Wechselkröte" erzählt von einer einsamen Frau, die abgeschieden wohnt. Ihre einzigen Sozialkontakte sind der Postbote, der Gärtner und der Poolmann.

"Der Text spricht viel besser als ich"

"Der Text spricht viel besser als ich", sagte die sichtlich gerührte Ana Marwan bei der Übergabe des Preises in Klagenfurt. In seiner Laudatio lobte Jurymitglied Klaus Kastberger, Marwan führe die deutsche Sprache vor sich her, als habe sie nie in einer anderen Sprache gelebt. Er habe nicht gewusst, welche Wirkung der Text auf ein reales Publikum entfalte.
Im Text sei von Einsamkeit die Rede. Auch von der Einsamkeit, die wir alle in den vergangenen zweieinhalb Jahren erlebt hätten. Der Text handele aber auch von Möglichkeiten.
Kastberger lobte den zarten und eigenwilligen Text, der mit der Sprache einen Tanz aufführe. Der Text finde seine Spur zwischen Heimat und Horror, Idylle und Verfall, Melancholie und Witz, zwischen Bleiben und Gehen. Und er führe zur Selbstermächtigung.

Deutschlandfunkpreis für Alexandru Bulucz

Ausgezeichnet mit dem Deutschlandfunk-Preis wurde der in Rumänien geborene Autor, Herausgeber und Kritiker Alexandru Bulucz. Er hatte in Klagenfurt seinen Text „Einige Landesgrenzen weiter östlich, von hier aus gesehen“ vorgestellt.
Die Laudatio auf Bulucz hielt Insa Wilke. Sie verwies auf den Titel des Textes, der viele Fragen stellte. Überreicht wurde der mit 12.500 Euro dotierte Preis von unserem Kulturredakteur René Aguigah.

Was lässt einen Text betulich wirken?

Bei den diesjährigen Tagen der deutschsprachigen Literatur nahmen 14 Autorinnen und Autoren am Wettbewerb um den Bachmannpreis teil. Der erste Autor war Hannes Stein, der von Vea Kaiser eingeladen wurde. Er las den Text „Die königliche Republik“. Man sei auch als Verleger nervös, ob der Autor der nervlichen Anspannung gewachsen sei, berichtet Steins Verleger Wolfgang Hörner .
Ein Mann mittleren Alters, mit Brille und einer Basecap mit der ukrainischne Flagge darauf, steht hinter einem Podium und gibt eine Lesung.
Lesung von Hannes Stein auf den 46. Tagen der deutschsprachigen Literatur.© ORF / Johannes Puch
Die anschließende Jurydiskussion sei sehr kontrovers gewesen. Er selbst und Stein hätten aber gefunden, dass es "eine schöne Diskussion" gewesen sei – von ein paar "Unsinnigkeiten" abgesehen. Der Autor jedenfalls habe in Klagenfurt eine gute Zeit.
Juror Philipp Tingler war der Meinung, man müsse einen Text mit Profit lesen können, der Text wirke auf ihn eher betulich. Darüber müsse man aber nicht diskutieren, meint Verleger Hörner, "weil Betulichkeit in dem Text eigentlich wirklich nicht vorkommt".

Auch bizarr wirkende Diskussionen gehören dazu

Es habe ein paar "bizarre Sachen" gegeben, wenn sich die Jury etwa an einer Szene festgehakt habe, in der der schwarze Erzähler eine schwarze Nachbarin beobachtet habe. Ob das nicht völlig unrealistisch sei?
"Da kann es passieren, dass sich die Autoren sehr drüber ärgern", sagt Hörner. Es könne aber auch sein, dass man sagt: Das ist Klagenfurt.

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Autoren sollten sich vorher sehr gut überlegen, ob sie nach Klagenfurt fahren. Es könne durchaus passieren, "dass solche Juryschleifen tatsächlich über Wohl und Weh eines Textes entscheiden."

Die Jury ist um ausgewogene Urteile bemüht

In den Texten sei nicht nur Herzblut, sondern immer sehr viel Persönliches drin. Das sei sehr sensibel. "Es kann sehr weh tun", meint Hörner. Die Jury versuche aber – anders als sonst – sehr ausgewogene Urteile zu fällen. Doch rate er "vor allem ganz jungen Autoren" manchmal von der Teilnahme am Wettbewerb ab.
Das Setting in diesem Jahr nehme aber etwas von der Trennung zwischen Jury und Autoren heraus. "Es führt übrigens auch dazu, dass die Autoren untereinander sehr viel enger sind." Die Autoren würden sehr gut zusammenhalten, sich stützen und ermuntern.
(ros)

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