Gezerre um den Gesundheitsfonds

Von Martin Steinhage |
Das Gezerre um den Gesundheitsfonds geht munter weiter. Allein der heutige Tag lieferte gleich drei neue Beispiele: So forderte Bundesgesundheitsministerin Schmidt mehr Steuerzuschüsse für den großen Fonds-Topf. Ihr Argument: Der Bund zahlt zu niedrige Beiträge für die Hartz-IV-Empfänger. Ihre Intention: Es muss mehr Geld her, damit 2009 beim Fonds-Start der dann einheitliche Beitragssatz der Krankenkassen möglichst nicht über die 15-Prozent-Marke springt. Genau das aber wird allgemein erwartet.
Beispiel zwei: Fonds-Gegner zerrten ebenfalls heute die an sich nicht neue Tatsache ans Licht, dass viele Krankenkassen keine Pensionsrückstellungen für ihre Mitarbeiter gebildet haben. Bis zu zehn Milliarden Euro sollen fehlen, heißt es. Da aber mit Beginn des Gesundheitsfonds laut Gesetz alle Kassen schuldenfrei sein müssen, sehen viele hier ein massives Problem. Die Schlussfolgerung der Fonds-Widersacher: Die unselige Geldsammelstelle ist schon pleite, bevor sie überhaupt in Funktion tritt. Die Haltung der Koalition: Es gibt gar kein Finanzloch bei den Kassen, wir haben alles im Griff.

Beispiel drei: die Aktuelle Stunde des Bundestags zum Gesundheitsfonds. Die Opposition arbeitet sich am Thema ab mit den bekannten Argumenten: Überflüssig und unsinnig sei der Fonds, wettbewerbsfeindlich und kostentreibend. Ulla Schmidt hält engagiert dagegen, die Redner der Koalitionsfraktionen schließen sich der Ministerin pflichtschuldig an. Die Kanzlerin ist nicht zugegen.

Apropos Angela Merkel: Wer da in der ganzen Debatte nun recht hat, ist zumindest für die Geburt des Fonds unerheblich. Denn inzwischen steht unwiderruflich fest: Der Gesundheitsfonds wird kommen. Genau dies nämlich hat die Bundeskanzlerin kürzlich apodiktisch über ihren Sprecher erklären lassen. Ein äußerst seltener Fall von einem Merkel-Machtwort, freilich aus gutem Grund: Denn dass die stets analytisch-nüchterne Kanzlerin an dieser Stelle wohlbegründeten sachlichen Argumenten wider den Gesundheitsfonds nicht mehr zugänglich ist, hat eine rein rationale Ursache, die sich mit dem Stichwort "übergeordnetes Interesse" beschreiben lässt:
Denn Angela Merkel hat von Anbeginn an die Gesundheitsreform zu ihrer Sache gemacht. Eine Korrektur in dieser Angelegenheit - und nichts anderes wäre allein schon ein Infragestellen des Fonds - würde als Niederlage, mithin als Schwäche der Regierungschefin, interpretiert. "Augen zu und durch", lautet daher jetzt die Parole.

Nun könnte man meinen, dass auch solch ein Crashkurs nicht ohne Risiko ist: Sollten nämlich die Skeptiker Recht behalten - und der Fonds erweist sich tatsächlich als Flop - dann wäre dieses Scheitern zwangsläufig mit dem Namen Merkel verbunden. So aber funktioniert Politik nicht: Zunächst einmal geht es für die Nummer Eins darum, möglichst unbeschadet über die nächste Bundestagswahl zu kommen. Und das schafft sie vor allem mit demonstrativer Entschlossenheit und Durchsetzungsstärke; nicht aber mit Zweifeln und Rückziehern.

Damit das auch bei diesem Thema gelingt, hat die Bundeskanzlerin schon einmal klug vorgebaut: Sollte die Einführung des Gesundheitsfonds mit den erwarteten, deutlich höheren Kosten verbunden sein, dann habe das nichts mit dem Fonds zu tun.

Das ist zwar bestenfalls die halbe Wahrheit, tut aber unter machtpolitischen Gesichtspunkten nichts zur Sache. Zumal die SPD im Bundestagswahlkampf der Kanzlerin einen Fehlstart des Fonds nicht ankreiden könnte, ist doch das ganze Projekt vor allem auch mit Ulla Schmidt verbunden. Und die ist bekanntlich Sozialdemokratin.