Lars Vogt, Klavier
Christian Tetzlaff, Violine
Tanja Tetzlaff, Cello
Romantik spannungsgeladen
Die Kammermusiken von Dvořák, Bartók und Mendelssohn spiegeln markante Zäsuren in ihren Lebensverläufen. Mendelssohn traf es schlagartig, als er seine Schwester verlor. Davon erzählt sein letztes Streichquartett. Pianist Lars Vogt und Freunde spielen.
Das Festival SPANNUNGEN, das jeden Juni in einem Wasserkraftwerk in der Eifel stattfindet, ist in diesem Jahr die Berliner Jesus-Christus-Kirche umgezogen, um als "Ghost-Festival" mit Rundfunk-Publikum statt zu finden. Festivalleiter Lars Vogt hat nach der Absage der Veranstaltungen entschieden: er will trotzdem mit seinen Freunden im Sommer Kammermusik spielen - dieses Mal kann das Publikum die Konzerte vor allem im Rundfunk erleben.
Das Festival hat der Pianist Lars Vogt ins Leben gerufen. Er wollte mit Freunden ungezwungen Kammermusik proben und spielen. Dabei sind Zuhörer auch immer bei den Proben zugelassen. Der persönliche Kontakt zum Publikum darf aber in diesem Sommer nicht stattfinden. Doch unsere Mikrofone sind, wie so oft beim Festival, für die Kammermusikabende einsatzbereit.
Drei Werke von Antonín Dvořák, Bela Bartók und Felix Mendelssohn Bartholdy stehen heute auf dem Programm. Alle sind spannungsgeladen und in Zeiten entstanden, in der die Komponisten schicksalhafte Umbrüche erlebten. Diese fanden musikalischen Ausdruck in ihren Werken.
Weg vom Volkstümlichen
Antonín Dvořák suchte 1883 eine Art Befreiungsschlag: er wollte weg von der Stigmatisierung, ein böhmischer Volksmusiker zu sein. Zudem hatte er sich viele Wochen nach dem Tod seiner Mutter mit depressiven Stimmungen geplagt. Beides musste abgeschüttelt werden. Sein Klaviertrio op. 65 ist daher voller Unruhe, voller trotziger Gesten und von musikalischer Dichte, die man von Dvořák bis zu diesem Zeitpunkt nicht kannte. Wie ein Abschied klingen im Scherzo böhmische Idiome durch.
Auf dem Weg in eine Neue Welt
1939 hatte Béla Bartók den Entschluss gefasst, seine ungarische Heimat, überhaupt das Europa voller nationalsozialistischer Bestrebungen Richtung Amerika zu verlassen – ein "Sprung ins Ungewisse aus dem gewußt Unerträglichen", wie er selbst es genannt hatte. Der in New York lebende Klarinettist Benny Goodman gab das Werk in Auftrag. Es sollte den Namen Bartók in Amerika bekannt machen. 1939 entwarf Bartók das Stück noch in Budapest, in New York 1940 endgültig fertig gestellt.
Das Werk ist in einer Stimmung zwischen Hoffnungslosigkeit und Neubeginn in einer anderen Welt komponiert. Es bringt den ungarischen Ton mit, den Bartók geschickt mit Jazzrhythmik mischt. Der Komponist wusste dabei immer: Benny Godmann war Jazz-Klarinettist durch und durch - mit großen Ambitionen, auch im klassischen Repertoire Fuß zu fassen.
Musikalische Verzweiflung
Als Mendelssohn erfuhr, dass seine Schwester in Berlin nach einer Probe zusammengebrochen war und sich nicht mehr erholen konnte, traf ihn das, wie einen Schlag. Seine wichtigste Musik-Partnerin und -Begleiterin war weggebrochen. Mendelssohn beschrieb in Briefen, wie dunkel seine Welt plötzlich wurde. Musikalisch hat er dafür nur eine Antwort: einen Aufschrei in der als dunkel empfundenen Tonart f-Moll.
(cdr)
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Live aus der Jesus-Christus-Kirche Berlin, vom GHOST FESTIVAL DER SPANNUNGEN:KÜNSTLER
Antonín Dvořák
Klaviertrio f-Moll op. 65
Antonín Dvořák
Klaviertrio f-Moll op. 65
Béla Bartók
Kontraste
Kontraste
Elisabeth Kufferath, Violine
Sharon Kam, Klarinette
Mario Häring, Klavier
Felix Mendelssohn Bartholdy
Streichquartett Nr. 6 f-Moll op. 80
Streichquartett Nr. 6 f-Moll op. 80
Antje Weithaas, Violine
Anna Reszniak, Violine
Barbara Buntrock, Viola
Gustav Rivinius, Violoncello