Forever britisch, never spanisch, gerne europäisch
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Gibraltar, das britische Territorium an der Südspitze der Iberischen Halbinsel, ist schon lange Zankapfel zwischen Großbritannien und Spanien. Mit dem Brexit hat sich der Streit verschärft und auch der Ärger der proeuropäischen Bevölkerung.
Älter ist er geworden: Stuart Mendez, der Besitzer von "Gibraltar Crystal", dem Kristallgeschäft im Herzen der britischen Kronkolonie Gibraltar. Sein Vollbart, eine Spur grauer. Das Gewicht, Stuart lacht: schwankend. Wie der Brexit.
Die letzten zwei Jahre waren nicht einfach. Der Mann, der wie die überwältigende Mehrheit der rund 34.000 Einwohner Gibraltars für den EU-Verbleib Großbritanniens gestimmt hat, nimmt eine der leuchtend blauen Kristall-Schüsseln aus dem Regal. Früher haben sie fünf davon am Tag verkauft. Hauptsächlich an britische Touristen. Die Zeiten sind vorbei.
"Die Briten reisen weniger. Das Hin und Her um den Brexit hat sie verängstigt. Wir sind nicht die einzigen in Gibraltar, die das zu spüren bekommen. Alle Fluglinien melden sinkende Passagierzahlen. Die Leute haben eine Heidenangst. Angst ist vielleicht das falsche Wort. Die Leute sind vorsichtig geworden. Ich kann es verstehen: Sagen wir, Du arbeitest in einer Firma, deren Kunden in der EU sitzen. Da fragst du dich: Was kommt nach dem Brexit? Verliere ich meinen Job? Es ist menschlich. Diese Ungewissheit macht alle verrückt. Wir sind genauso schlau wie vor zwei Jahren."
Die Nase voll von der britischen Politik
Nächstes Jahr hat Stuarts Laden 25. Jubiläum. Sie werden feiern, trotz allem.
"Die Leute haben wirklich die Nase voll von der britischen Politik. Von der Unfähigkeit unserer Politiker. Dass wir die Sache auslöffeln müssen, die sie uns eingebrockt haben. Es ist ein Trauerspiel. Die Brexit-Befürworter haben das Land gespalten. Ihre Kampagne fußte auf Lügen. Ich sage das jedem ins Gesicht."
Mit seinen vier Mitarbeitern nebenan in der Kristallmanufaktur redet Stuart Englisch oder Spanisch, je nach dem. Der Spanier Juan ist einer von ihnen. Eine kalorienreduzierte Cola vom Kiosk für den Chef: Spätestens um halb fünf braucht Stuart seine Extraportion Koffein. Das gehört zwar nicht unbedingt zum klassischen Aufgaben-Profil eines Glasmachers, doch Juan trägt es mit Fassung.
Täglich 15.000 Grenzgänger zwischen Gibraltar und Spanien
Er kennt das schon. Seit fünf Jahren pendelt der 39-Jährige jetzt schon zwischen der britischen Landzunge und El Campo der Gibraltar, dem spanischen Umland an der Südküste, wie täglich rund 15.000 Grenzgänger. Juan mag seinen Job, die Arbeit mit den 1100 Grad heißen Kristallblöcken, dass Stuart noch niemanden entlassen hat – trotz sinkender Umsätze.
"Eine Kristallfabrik wie diese gibt es in Spanien nur in Madrid. Gibraltar ist meine einzige Chance. Soll ich nach Madrid ziehen? Meinen Sohn und meine Freundin im Stich lassen? Wenn ich entlassen würde, wäre das fatal. In La Linea, meiner spanischen Heimatstadt jenseits der Grenze, gibt es kaum Arbeit. Allenfalls in der Bauindustrie. Ich will meinen Job auf jeden Fall behalten."
Fünf Uhr. Feierabend! Hastig eilt Juan über das Kopfsteinpflaster Richtung Parkplatz. Spätestens um sechs muss er zu Hause in La Linea sein. Ausnahmsweise übernachtet heute Jordi bei ihm, sein Sohn.
"Meist verbringt er nur das Wochenende bei mir. Meine Ex-Freundin ist in letzter Zeit knapp bei Kasse. Ständig fragt sie mich, ob ich Jordi nicht 20 oder 30 Euro geben kann. Fürs Kino oder so. Er ist 14. Natürlich gibt er jetzt mehr Geld aus als vor zwei Jahren. Ich muss kürzer treten – auch wenn es mir nicht leicht fällt. Durch den schlechteren Wechselkurs des Pfunds verdiene ich so und so schon 150 Euro weniger im Monat. Eine Kinokarte mehr für den Jungen bedeutet ein Bier weniger für mich."
Juan bleibt vor seinem schwarzen Motorroller stehen. Vor zwei Jahren hatte er noch ein Auto, doch das war alt und ständig defekt. Außerdem ist er mit dem Roller schneller unterwegs. Falls die spanischen Grenzbeamten ihm nicht einen Strich durch die Rechnung machen. Und es am Schlagbaum nur im Schneckentempo vorangeht.
"Was die an der Grenze veranstalten, ist Kinderkram", sagt Juan. "Normalerweise winken uns die Grenzbeamten immer durch. Doch manchmal sitzen da irgendwelche Neulinge. Dann weißt du: Aha, Madrid lässt wieder seine Muskeln spielen. Für die ist Gibraltar ja immer noch Teil Spaniens. Die Neuen sind besonders pingelig. Und wir müssen Schlange stehen. Selten dämlich. Leidtragende sind doch nicht die Briten, sondern wir: Die spanischen Pendler. Wir müssen anderthalb Stunden warten, für nichts und wieder nichts."
Stress an der Grenze: Für Gibraltar nichts Neues. Noch immer ist der gerade einmal 6,5 Quadratkilometer große Flecken an der Meerenge zwischen Europa und Afrika Zankapfel zwischen Großbritannien und Spanien. Egal ob Konservative oder Sozialisten, Madrid pocht darauf: Auf dem Affenfelsen muss wieder die spanische Flagge wehen. Nach wie vor empfinden viele Spanier den Verlust Gibraltars an die Briten durch den Vertrag von Utrecht 1713 als offene Wunde.
Ein neuer Tag, ein anderer Stadtteil der Kronkolonie. Und die Laune von Gino Sanguinetti: Sie könnte besser kaum sein. Seine Fahne in den Wind gehängt hat Gibraltars bekanntester Galerist noch nie. Haltung bewahren, das ist ihm wichtig.
Was bedeutet der Brexit für Gibraltar?
13 Jahre hat der wuselige Typ, dem man seine 62 nicht ansieht, in Paris gelebt, er hat immer noch eine Wohnung an der Seine. Deshalb auch die Karte mit der "Je suis Charlie"-Aufschrift auf seinem Schreibtisch, der so wirkt, als könne er jeden Augenblick zusammenbrechen – angesichts der Last dicker Wälzer wie der Biographie über "Isabel La Católica" – der spanischen Königin aus dem 15. Jahrhundert.
Der Amoklauf in der französischen Satire-Zeitschrift: Für Gino war das einer der schwärzesten Tage seines Lebens. Dann kommt: lange nichts. Und irgendwann: der Brexit. Seine Augen funkeln. Eine Katastrophe sei das, regt er sich auf, für Gibraltars Kunstszene und seine Galerie gleichermaßen:
"Unsere Preise senken? Das wäre lächerlich. Wir verkaufen schließlich keine Waschmaschinen. Die Frage ist doch: Wie viel ist uns Kunst wert? Den Teufel werde ich tun und mit den Preisen runter gehen. Nur weil die Nachfrage geringer ist, wegen des Brexits. Das verbietet mir der Respekt vor den Künstlern. Wir überstehen das schon."
"Wir machen immer das Beste aus allem"
Englisch, Spanisch: Wie viele in Gibraltar wechselt Gino problemlos von einer Sprache in die andere. Seine Großmutter mütterlicherseits war Spanierin und überzeugte Demokratin. Im Spanischen Bürgerkrieg gewährte sie 36 Republikanern auf der Flucht vor den Schergen des Diktators Franco in ihrem Haus in Gibraltar Unterschlupf.
"Die Sache ist: Gibraltar ist schon so oft belagert worden, uns kann nichts mehr erschüttern. Auch der Brexit nicht. Schau dich nur in unserer Galerie um: Früher waren hier Soldaten untergebracht. Das Gemäuer ist Teil der alten britischen Befestigungsanlage. Es hat selbst der großen Belagerung Ende des 18. Jahrhunderts Stand gehalten. Wir sind hart im Nehmen. Wir machen immer das Beste aus allem."
Gino schaut auf seine Armbanduhr. Es wird Zeit, nächste Woche ist Vernissage, sprich, noch viel zu tun. Einladungen verschicken, Bilder aussuchen. Möglicherweise stellt er auch wieder selbst aus. Da drüben, meint er und geht nach links. An der Wand mit den Riesen-Granit-Brocken hängt eines seiner abstrakten Gemälde. Es heißt "Das Meer brennt." Brennen tut es auch in der britischen Politik, lichterloh.
"Es wird noch schlimmer, bevor es wieder aufwärts geht. Wir haben den Tiefpunkt beim Brexit noch nicht erreicht. Erst einmal müssen wir durchs Tal der Tränen. Es ist ein bisschen wie bei einer griechischen Tragödie. Großbritannien hat sich in die Scheiße geritten. Und Europa schaut sich die Tragödie von den Zuschauerrängen an. Kommen die Briten aus der Nummer raus? Scheitern sie? Die Krise spielt sich in Westminster ab, nicht in Brüssel. Soviel ist klar."
Gleiche Beziehungen zu EU und Großbritannien als Ziel
London, die britische Hauptstadt, mag zwar Luftlinie mehr als 1700 Kilometer von Gibraltar entfernt liegen, doch die Traditionen des Empires, sie werden auch am Affenfelsen hoch gehalten. Selbst bei 35 Grad im Schatten. Freitagmittag Punkt zwölf, Wachwechsel am Convent Place No.6, dem Regierungssitz im Zentrum.
Das Hickhack um den Brexit: Es hat Spuren hinterlassen im Büro von Joseph Garcia.
"Die Akten da, das hat alles mit dem Brexit zu tun. Als ich als Brexitminister anfing, hatte ich zwei Aktenordner. Jetzt sind es mehr als 60. Es ist irrsinnig komplex. Anfangs musste ich mich nur mit dem Austrittsabkommen beschäftigen und zusehen, dass Gibraltar nicht außen vorbleibt. Doch mit der Zeit sind drei neue Stränge hinzugekommen. Erstens, wir müssen uns für das Worst-Case-Scenario wappnen – einen ungeregelten Brexit. Zweitens müssen wir vorbereitet sein, falls das britische Parlament doch noch den ausgehandelten Vertrag akzeptiert. Und drittens: Wir müssen sicherstellen, dass wir nach dem Brexit dieselben Beziehungen zur EU haben wie Großbritannien. Das betrifft rund 40 verschiedene Themenfelder."
Der 52-Jährige im grauen Designeranzug macht einen gestressten Eindruck. Kein Wunder: Der Liberale kommt gerade aus dem Parlament, von der Haushaltsaussprache. Zwar ist sein Europa- und Brexitministerium eines der kleineren, doch auch er musste der Opposition Rede und Antwort stehen. Garcia verzieht unmerklich das Gesicht. Natürlich haben die Konservativen ihn wieder auf "Bet365" angesprochen. Und wissen wollen, was er denn gedenke zu tun, um die 500 Arbeitsplätze zu retten, die der Online-Wettanbieter von Gibraltar ins EU-Land Malta verlagern will, wegen des Brexits.
"Niemand hat gesagt, den Brexit gibt es zum Nulltarif. Das ist die bittere Wahrheit. Schauen Sie sich nur an, wie viele Fabriken in Großbritannien schon dicht machen mussten. Doch wir haben das mit Bet365 unter Kontrolle. Warten wir mal ab, wie viele Arbeitsplätze sie tatsächlich nach Malta verlagern. Es gibt aber auch gute Nachrichten: Gerade hat Virgin-Bet – ein anderer großer britischer Wettanbieter – angekündigt, nach Gibraltar zu kommen. Dadurch entstehen neue Jobs. Ihr Hauptmarkt ist ja Großbritannien."
Sieben Prozent Wachstum im ersten Halbjahr 2019
Zahlen, Fakten, Statistiken, da kennt sich Garcia aus. Wachstum im ersten Halbjahr 2019, sieben Prozent. Der Haushalt fürs kommende Jahr weist ein Plus von 83 Millionen Pfund auf – umgerechnet rund 93 Millionen Euro. Zahl der neu geschaffenen Jobs seit Beginn der Brexitverhandlungen: 4000.
"Ich denke, wir haben es geschafft, uns so gut es geht zu schützen. 90 Prozent unseres Handels läuft mit Großbritannien, nicht mit der EU. Am entscheidendsten war sicherzustellen, dass wir auch nach dem Brexit Zugang zum britischen Markt haben. Das war unseren Dienstleistern wichtig, besonders den Autoversicherern: 20 Prozent der britischen Autopolicen werden von Anbietern in Gibraltar verkauft. Klar sorgt der Brexit für Unsicherheit. Doch wir haben unsere Wirtschaft ausgesprochen gut geschützt. Sie müssen verstehen, wenn sie klein sind, haben sie zwei Vorteile: Sie können schneller die Richtung ändern und leichter diversifizieren."
Ergänzt, einmal quer über die Main Street, Joe Bossano, Minister für wirtschaftliche Entwicklung und so etwas wie der Methusalem unter den Politikern Gibraltars. 80 ist Joe im Juni geworden, Sir Joe.
"Ich war auf den Titel gar nicht so erpicht. Ich bin doch Sozialist. Anfangs dachte ich: Wenn jetzt alle 'Sir' zu mir sagen, entfernt mich das von meinen Leuten. Aber dann haben mir alle gut zugeredet: Stell dich nicht so an, du hast es verdient. Inzwischen bin ich Königin Elizabeth dankbar, dass sie mich für meine Verdienste ausgezeichnet hat. Aber ehrlich gesagt, habe ich die Ehre nur angenommen, damit die anderen Ruhe geben."
Sir Joe mag zwar im besten Rentenalter sein, doch kürzer treten, das kommt für ihn nicht infrage. Morgen fliegt der 80-Jährige für eine Woche nach Kuba – mit einer britischen Handelsdelegation. Auch das eine Folge des Brexit. Gibraltar hat mit dem Mutterland vereinbart, dass es bei jeder neuen Wirtschaftsinitiative mit im Boot sitzt, wenn es will.
Der Mann, der in den 90ern Premier Gibraltars war, lächelt, natürlich will er. Bossano hat Freunde in Kuba, Fidel kennengelernt. Fidel wie Fidel Castro, den verstorbenen kubanischen Revolutionsführer. Auf den hält er immer noch Stücke. Auf Boris Johnson weniger, den konservativen Favoriten für den Job des britischen Premiers.
"Ich halte einen harten Brexit für sehr wahrscheinlich. Oh ja. Wenn es die britische Regierung bislang nicht auf die Reihe bekommen hat, warum soll es dann ausgerechnet bis Ende Oktober klappen, dem Austrittstermin? Die britische Seite ist mit völlig falschen Vorstellungen in die Austrittsgespräche gegangen. Ich kenne mich da aus: Ich verhandele seit 25 Jahren. Das A und O ist, bevor du dich an den Verhandlungstisch setzt, muss dir klar sein, wie viel du erreichen kannst. Wenn du zu viel willst, gehst du am Ende leer aus. Die britische Seite dachte, die EU werde ihr schon entgegen kommen, um sie in der Union zu halten. Es gehörte wirklich nicht viel Fantasie dazu zu wissen, das wird sie nie tun. Aus einem einfachen Grund. Wenn die EU Großbritannien Vorteile verschafft, steigt das Risiko, dass andere EU-Länder es den Briten gleich tun. Das war der falsche Ansatz."
Auch Gibraltar wird die Europäische Union verlassen
Schlecht auf die britische Regierung zu sprechen ist auch Salvador Molina, Vorsitzender von ASCTEG, der "Gesellschaft der spanischen Arbeiter in Gibraltar", mit Sitz in der andalusischen Grenzstadt La Linea.
"Eieiei: Der Brexit? Der kommt, definitiv. Und wenn Großbritannien die EU verlässt, verlässt auch Gibraltar die Union. Das ist negativ für uns. 40 Prozent des Bruttosozialprodukts La Líneas wird in Gibraltar erwirtschaftet. Zu allem Überfluss hat jetzt auch noch die extreme Rechte Spaniens in Andalusien an Einfluss gewonnen. Ihre Partei Vox toleriert die neue Landesregierung. Sorgen die jetzt dafür, dass die Grenze zu Gibraltar dicht gemacht wird, wie unter Franco vor 50 Jahren? Damit hat Vox ja schon gedroht. In Gibraltar arbeiten 15.000 spanische Pendler. Wie sollen die dann bitteschön zurechtkommen? Das muss man alles wissen."
Es ist Mittwochabend, kurz nach halb acht. Und stressig, wie immer. Ständig klingelt in Salvadors Büro das Telefon, draußen warten schon die ersten zwei Ratsuchenden. Dabei hat die Sprechstunde noch gar nicht begonnen. Der Mann, der bei ASCTEG seit mehr als 30 Jahren das Sagen hat, holt tief Luft, nur nicht aufregen. Tut er so und so schon zu viel.
"In deinem Sessel saß letztens der Vox-Vorsitzende. Er wollte bei uns gut Wetter machen. Er hatte keinen blassen Schimmer davon, was es bedeuten würde, wenn Spanien die Grenze zu Gibraltar schließt. Es ist die alte Laier, wie unter Franco. Neue Jobs, als Ausgleich, dass ich nicht lache. Ich kann dir sagen, was wir als Ersatz bekämen: nichts, gar nichts. Diese Abermillionen an Investitionen, vergiss es! Die von Vox sind verrückt, komplett verrückt und unglaubwürdig. Das einzige, was sie können, ist Stimmung gegen Flüchtlinge und Einwanderer zu machen."
Die Sprechstunde: Sie ist eröffnet. Stapelweise liegen die Rentenbescheide auf Salvadors Schreibtisch. Nach wie vor rechnet der spanische Staat die Zeit, die jemand in Gibraltar gearbeitet hat, nicht vollständig auf die Rente an. Abstriche von 500, 600 Euro monatlich sind die Folge. Salvador hebt die Hände. Viel tun kann er da auch nicht, außer sich aufregen.
Zoten über die Idioten in Madrid und London
Aber zumindest gibt es einen Lichtblick. Am 27. Juli steigt wieder ihre legendäre Karnevalsfeier - inklusive Wahl der "Karnevals-Göttin" und derben Zoten über die Idioten in Madrid und London. Salvador quält sich aus seinem Schreibtischstuhl – und schleppt sich in den Festsaal des Vereinsheims. Da, das Foto an der Wand, das ist er beim Karneval, verkleidet als Baby. Zu Feiern wissen sie auch jenseits Grenze – in Gibraltar.
Der Geburtstag seiner Majestät, der Königin, auf dem Casemates Square, dem Hauptplatz, das ist immer großes Kino.
Zum Shoppen mal eben nach Spanien
Louise Ballentine hat es sich nicht nehmen lassen, das Spektakel anzuschauen. Alles ganz easy: Ihr Souvenirgeschäft liegt direkt am Casemates Square, handgemachte Souvenirs, Puppen, Anhänger. Das meiste "Made in Gibraltar", das ist ihre Geschäftsidee.
"Wir haben weniger Kreuzfahrtouristen. Wegen des Brexits. Keine Frage. Das ist schlecht für unser Geschäft. Wenn es einen harten Brexit gäbe, würden wir wohlmöglich noch mehr Kunden verlieren. Wir haben ja am Kreuzfahrtterminal ein weiteres Geschäft. Und auf privater Ebene: Wenn ich nicht mehr einfach so über die Grenze könnte und ein Visum bräuchte, wäre das ziemlich katastrophal. Gibraltar ist winzig. Du fühlst dich manchmal wie eingesperrt. Ich fahre gerne nach Spanien rüber, zum Einkaufen und Entspannen. Ich mag das."
Am 31. Oktober endet die Austrittsfrist für Großbritannien. Natürlich kennt auch Louise das Datum. Ganz hat sie die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass London einlenken könnte - und den Brexit abbläst. Gibraltar weiter in der EU, es dürfte ein schöner Traum bleiben.