Giftiger Mais

Von Udo Pollmer |
Die meisten Menschen wünschen sich und ihren Lieben ein starkes Immunsystem. Da darf natürlich die richtige Ernährung nicht fehlen. Aber nicht das Gemüse oder der Joghurt beeinflussen das Immunsystem, sondern ganz andere Substanzen.
Was sollen wir essen, damit unser Immunsystem so fit wird, wie es die Joghurtwerbung verspricht? Ehrlich gesagt, diese Frage ist bis heute nicht beantwortet. Man kennt keinen einzigen Stoff in unserer Nahrung, der dem Immunsystem nachweislich auf die Sprünge hilft, also der tatsächlich dazu führt, dass wir seltener an Infektionen erkranken. Kein Vitamin, kein Mineralstoff und kein sekundärer Pflanzenstoff, bei dem man guten Gewissens der Allgemeinheit eine Extraportion empfehlen könnte. Aber wir kennen Lebensmittel, die unser Immunsystem beeinträchtigen können.

Dazu gehört inzwischen auch der Mais. Eine Forschergruppe aus den USA und aus Ghana hat in einigen afrikanischen Ländern die Sterblichkeit durch AIDS geprüft – und dabei nicht nur, wie sonst üblich, mit sozialen und ökonomischen Faktoren abgeglichen, sondern auch mal mit der Küche. Und siehe da, es ergab sich eine höchst auffällige Korrelation mit dem Verzehr von Mais. Die Autoren wagen sogar zu behaupten, dass der Mais für jede zweite AIDS-Erkrankung im südlichen Afrika verantwortlich sei.

Bei solchen Studien aus Afrika, auch wenn sie von US-Forschern durchgeführt werden, da ist es notwendig, die Datenbasis etwas näher zu betrachten. In diesem Falle wurden die offiziellen Zahlen der Weltgesundheitsorganisation WHO und der Welternährungsorganisation FAO zugrunde gelegt. Da sind natürlich auch Schätzungen mit eingeflossen, aber eben nicht zugunsten irgendeiner Theorie. Insofern sind die Ergebnisse noch kein harter Beweis, aber dennoch ernst zu nehmen.

Wie bitte soll der Mais eine Krankheit wie AIDS begünstigen? Die Infektion wird ja wohl kaum mittels Maiskolben übertragen. Der Grund ist recht einfach: Mais ist häufig mit Schimmelgiften belastet, und die werden von Pilzen, namentlich von Fusarien gebildet. Und von diesen Schimmelgiften ist bekannt, dass sie das Immunsystem massiv schädigen. Nicht nur im Tierversuch, sondern auch beim Menschen.
Auch bei uns findet man in Maisprodukten immer wieder erkleckliche Mengen an Schimmelgiften, wenn auch längst nicht Gehalte wie in Afrika. Trotzdem: Unsere Höchstmengen sind hoch angesetzt, schädliche Wirkungen auf das Immunsystem findet man im Labor noch unterhalb der Grenzwerte. Die geplanten Grenzwerte für das besonders kritische T-2- und HT-2-Toxin werden bei Kindern regelmäßig überschritten.

Fachleute, beispielsweise vom Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, fordern deshalb eine Einschränkung des Maisanbaus. Doch genau das Gegenteil passiert: Der Maisanbau wird bei uns ausgeweitet, er wird subventioniert, weil er Energie vom Acker liefern soll für unsere Biogasanlagen. Durch den vermehrten Anbau infizieren die Pilzsporen in den untergepflügten Wurzelstöcken natürlich auch die Folgekulturen wie Weizen oder Braugerste. Das bedeutet wiederum mehr Rückstände im Brot und im Bier. Eine ganz einfache Möglichkeit das Risiko zu senken, wäre der Anbau des umstrittenen Gen-Maises. Der enthält nur ein Zehntel an Gift wie herkömmlicher Mais. Das hängt damit zusammen, dass der Gen-Mais den Blattläusen nicht bekommt und die übertragen nämlich die Fusarien.

So muss der Verbraucher eben selbst sehen, wo er bleibt. Die einfachste Möglichkeit, das Risiko zu senken, besteht in einer korrekten Verarbeitung des Getreides. Schimmelgifte befinden sich vor allem in den Randschichten. Helles Mehl ist unbedenklich. Es ist also gar nicht so schwer, sich ein wenig gesünder zu ernähren. Mahlzeit!

Literatur:
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