Giftiges Grünzeug
Genau ein Jahr ist es her, als die Gemüsebauern ihre Rucola-Felder nicht mehr ernten konnten sondern unterpflügen mussten. Grund war der Fund einer giftigen Pflanze namens Greiskraut in einer Packung Salat. Nun ist es still geworden – zu Unrecht.
Erinnern Sie sich noch an den Rucolaskandal? Letztes Jahr zog er in der Saure-Gurken-Zeit die Aufmerksamkeit der Medien auf sich. Vom "Gift im Salat" war die Rede. Ein Kunde hatte im Supermarkt in einer Packung Rucola eine Giftpflanze entdeckt: das Gemeine Greiskraut. Aufgrund des Medienrummels warfen die Handelsketten das umstrittene Produkt aus den Regalen.
Durch das Greiskraut fällt niemand tot um, und das verleitet dazu, seine Schädlichkeit zu unterschätzen. Hier zählt die langfristige Aufnahme, es ist ein kumulatives Gift. Die Folgen sind schleichend und irreparabel. Die sogenannten ungesättigten Pyrrolizidine des Greiskrautes zerstören gezielt die Leber – aber erst nach Monaten. Todesfälle durch Pyrrolizidine gibt es immer wieder, sogar bei Neu-geborenen – zum Beispiel weil die werdende Mutter dubiose Kräutertees getrunken hatte. Es gibt halt noch mehr Pyrrolizidinlieferanten als nur das Greiskraut – und so steigt die Belastung.
Spezialisten der Uni Bonn fanden in einer einzigen Packung mit lumpigen 150 Gramm Rucola gepflegte 2,6 Milligramm Pyrrolizidine – das klingt nach sehr wenig, aber zulässig ist bei medizinischen Kräutertees eine tägliche Aufnahme von höchstens 0,1 Mikrogramm. In der Salatpackung war also das 26.000-fache. Eine sicher unbedenkliche Dosis gibt es bei den Pyrrolizidinen nicht, sie läppern sich über die Lebenszeit. Soviel zum Risiko durch verunreinigte Salate und Kräuter.
Das Bundesinstitut für Risikobewertung hatte diesmal rechtzeitig gewarnt. Schon 2006 war das Giftkraut in einer Salatmischung aufgefallen. Die Lebensmittelüberwachung ließ sich davon allerdings nicht beeindrucken. Die Gemüseerzeuger sahen das ebenfalls sehr gelassen. Was der Verbraucher nicht weiß, macht den Gärtner nicht heiß.
Das sollte sich im Sommer 2009 schlagartig ändern. Nachdem der Fund mit dem Greiskraut durch die Medien gegangen war, wurde auch die Überwachung aktiv. Die Kollegen in NRW fanden in jeder 50. Packung etwas Greiskraut. Aus anderen Regionen gab es ähnliche Befunde. Es geht also nicht um Einzelfälle.
Haben wir das Greiskraut etwa schon immer mitgegessen? Vermutlich nicht. Denn die Giftpflanze hat sich in den letzten Jahren im deutschen Gemüsebau ausgebreitet, und zwar einfach deshalb, weil der Pflanzenschutz zurückgefahren wurde. Ehrlich gesagt, mir ist kein Pflanzenschutzmittel bekannt, das von einer so heimtückischen Giftigkeit wäre wie die Pyrrolizidine der Greiskräuter.
Dabei gilt Rucola als die Neuentdeckung der italienischen Küche. Doch auch das ist ein Irrtum. Es handelt sich um eine alte Bekannte, um die Ölrauke. Der Name deutet auf die Verwendung: Aus ihren Saaten wurde früher Öl gepresst. Allerdings wurde das Öl nicht gegessen, sondern für technische Zwecke genutzt. Das lag an den hohen Gehalten an Erucasäure. Die Erucasäure schädigt das Herz.
Unter dem Namen Ölrauke hätte es bei uns niemand gewagt, das Unkraut seinen Gästen anzubieten, aber als italienischer Rucola, da weht der Kundschaft eine sanfte Mittelmeerbrise ums Näschen. Doch statt der klassischen Ölrauke wird bei uns unter der Bezeichnung Rucola oft eine andere Pflanze verkauft: Es ist der "Schmalblättrige Doppelsame", so der neue Name. In botanischen Lehrbüchern heißt es schlicht Stinkkraut. Das Stinkkraut wird aufgrund seiner gelben Blüten leichter mit dem Greiskraut verwechselt als die weiß blühende Ölrauke, dafür kann es aber mehrmals abgeerntet werden.
Auf noblen Speisekarten macht sich selbst der politisch korrekte "Schmalblättriger Doppelsame" nicht wirklich gut, deshalb firmiert er jetzt unter Rucola. Allerdings können Sie sich auch darauf nicht verlassen. Denn hin und wieder wird auch der Mauer-Doppelsame verkauft. Zur Ehrenrettung der Branche sei gesagt, dass manchmal sogar Ölrauke im Salatbeutel liegt. Was soll man nun als Kunde vor dem hübsch verpackten Angebot an Grünzeug im Supermarkt tun? Ganz einfach: Das gleiche, was der Pilzsammler im Wald tut: Nur die Schwammerl sammeln, die man wirklich kennt. Mahlzeit!
Durch das Greiskraut fällt niemand tot um, und das verleitet dazu, seine Schädlichkeit zu unterschätzen. Hier zählt die langfristige Aufnahme, es ist ein kumulatives Gift. Die Folgen sind schleichend und irreparabel. Die sogenannten ungesättigten Pyrrolizidine des Greiskrautes zerstören gezielt die Leber – aber erst nach Monaten. Todesfälle durch Pyrrolizidine gibt es immer wieder, sogar bei Neu-geborenen – zum Beispiel weil die werdende Mutter dubiose Kräutertees getrunken hatte. Es gibt halt noch mehr Pyrrolizidinlieferanten als nur das Greiskraut – und so steigt die Belastung.
Spezialisten der Uni Bonn fanden in einer einzigen Packung mit lumpigen 150 Gramm Rucola gepflegte 2,6 Milligramm Pyrrolizidine – das klingt nach sehr wenig, aber zulässig ist bei medizinischen Kräutertees eine tägliche Aufnahme von höchstens 0,1 Mikrogramm. In der Salatpackung war also das 26.000-fache. Eine sicher unbedenkliche Dosis gibt es bei den Pyrrolizidinen nicht, sie läppern sich über die Lebenszeit. Soviel zum Risiko durch verunreinigte Salate und Kräuter.
Das Bundesinstitut für Risikobewertung hatte diesmal rechtzeitig gewarnt. Schon 2006 war das Giftkraut in einer Salatmischung aufgefallen. Die Lebensmittelüberwachung ließ sich davon allerdings nicht beeindrucken. Die Gemüseerzeuger sahen das ebenfalls sehr gelassen. Was der Verbraucher nicht weiß, macht den Gärtner nicht heiß.
Das sollte sich im Sommer 2009 schlagartig ändern. Nachdem der Fund mit dem Greiskraut durch die Medien gegangen war, wurde auch die Überwachung aktiv. Die Kollegen in NRW fanden in jeder 50. Packung etwas Greiskraut. Aus anderen Regionen gab es ähnliche Befunde. Es geht also nicht um Einzelfälle.
Haben wir das Greiskraut etwa schon immer mitgegessen? Vermutlich nicht. Denn die Giftpflanze hat sich in den letzten Jahren im deutschen Gemüsebau ausgebreitet, und zwar einfach deshalb, weil der Pflanzenschutz zurückgefahren wurde. Ehrlich gesagt, mir ist kein Pflanzenschutzmittel bekannt, das von einer so heimtückischen Giftigkeit wäre wie die Pyrrolizidine der Greiskräuter.
Dabei gilt Rucola als die Neuentdeckung der italienischen Küche. Doch auch das ist ein Irrtum. Es handelt sich um eine alte Bekannte, um die Ölrauke. Der Name deutet auf die Verwendung: Aus ihren Saaten wurde früher Öl gepresst. Allerdings wurde das Öl nicht gegessen, sondern für technische Zwecke genutzt. Das lag an den hohen Gehalten an Erucasäure. Die Erucasäure schädigt das Herz.
Unter dem Namen Ölrauke hätte es bei uns niemand gewagt, das Unkraut seinen Gästen anzubieten, aber als italienischer Rucola, da weht der Kundschaft eine sanfte Mittelmeerbrise ums Näschen. Doch statt der klassischen Ölrauke wird bei uns unter der Bezeichnung Rucola oft eine andere Pflanze verkauft: Es ist der "Schmalblättrige Doppelsame", so der neue Name. In botanischen Lehrbüchern heißt es schlicht Stinkkraut. Das Stinkkraut wird aufgrund seiner gelben Blüten leichter mit dem Greiskraut verwechselt als die weiß blühende Ölrauke, dafür kann es aber mehrmals abgeerntet werden.
Auf noblen Speisekarten macht sich selbst der politisch korrekte "Schmalblättriger Doppelsame" nicht wirklich gut, deshalb firmiert er jetzt unter Rucola. Allerdings können Sie sich auch darauf nicht verlassen. Denn hin und wieder wird auch der Mauer-Doppelsame verkauft. Zur Ehrenrettung der Branche sei gesagt, dass manchmal sogar Ölrauke im Salatbeutel liegt. Was soll man nun als Kunde vor dem hübsch verpackten Angebot an Grünzeug im Supermarkt tun? Ganz einfach: Das gleiche, was der Pilzsammler im Wald tut: Nur die Schwammerl sammeln, die man wirklich kennt. Mahlzeit!