Gilda Sahebi über den "Ligue du LOL"-Skandal

"Man kann für ein linkes Blatt schreiben und trotzdem rechts sein"

Twitteraccount des französischen Journalisten und "Ligue du LOL"-Gründer Vincent Glad. Am 10. Februar 2019 twitterte er: "Ich schulde Ihnen Erklärungen. Und vor allem Entschuldigungen."
Am 10.2.2019 twitterte "Ligue du LOL"-Gründer Vincent Glad: "Ich schulde Ihnen Erklärungen. Und vor allem Entschuldigungen." © Deutschlandradio / Screenshot Twitter-Account @vincentglad
Dass hinter den sexistischen und rassistischen Attacken einer französischen Facebook-Gruppe ein Netzwerk erfolgreicher Medienmacher steckt, überrascht die Journalistin Gilda Sahebi nicht. Trolle und Hater seien in allen Gesellschaftsschichten zu finden.
Renommierte Journalisten, die ihre Kolleginnen und andere Frauen terrorisieren, indem sie ihre Köpfe auf Pornos montieren? Frankreichs Medienbranche ist schockiert. Ein Troll-Netzwerk hinter dem männliche Bildungsbürger stecken, das passt für viele nicht zusammen.
"Mich überrascht das überhaupt nicht", sagt hingegen die Journalistin Gilda Sahebi. "Es hätte mich eher überrascht, wenn keine, ich sag mal, gut gebildeten Journalisten oder Blogger aus der Medienszene so etwas machen würden." Sahebi ist nicht nur Journalistin, sie leitet auch das Projekt "No Hate Speech Movement". Dass eher bildungsferne Menschen oder Menschen aus dem rechten Spektrum Hass im Internet verbreiten, hält sie für ein Vorurteil. "Man weiß auf jeden Fall, dass sie aus allen Schichten kommen."

Der Gründer ist ein linksliberaler Journalist

Gründer der sexistischen und rassistischen Trolltruppe ist Vincent Glad. Der 33-Jährige hat bis zuletzt auch für die französische Zeitung Libération gearbeitet. Dass ein renommierter Journalist eine Plattform für rassistischen und sexistischen Hate Speech gründet, ist für Gilda Sahebi kein Widerspruch: "Man kann für ein linkes Blatt schreiben und trotzdem rechts sein. Es kann, zum Beispiel, sein, dass sie ökonomisch total links sind, aber das heißt nicht, dass sie nicht rechte Angriffe starten können."
Perfide Cyber-Angriffe, die sich vor allem gegen Frauen richteten - Sahebi bezeichnet die Facebook-Gruppe deshalb als ein toxisches Männernetzwerk. "Da stecken natürlich sehr individuelle Motive dahinter. Das eine ist natürlich ein Machtgefühl: Dass man aus der Anonymität heraus Karrieren zerstören kann. Da hat man natürlich einen Einfluss, den man sonst als Journalist, der Artikel schreibt, nicht hätte. Das andere ist natürlich auch Konkurrenzdenken oder Hass auf Frauen."

Opfer sollen sich wehren

Machtgefühle, Hass auf Frauen? Gründer Vincent Glad behauptet auf Twitter, es sei der Gruppe nur darum gegangen, "Spaß" zu haben. "Hass mit Humor zu verkleiden ist schon sehr dreist", sagt Gilda Sahebi. Es sei bekannt, dass die Opfer von Hate Speech genauso stark unter psychischen Folgen leiden könnten, wie Menschen, die körperlich angegriffen worden seien. Sie empfiehlt Opfern von Hate Speech sich zu wehren, denn auch wenn "Hate Speech" selbst kein strafrechtlicher relevanter Tatbestand sei, würden in Deutschland und anderen Ländern viele Paragraphen, wie z.B. Volksverhetzung, Beleidigung und üble Nachrede, darunter fallen. Hate Speech strafrechtlich zu verfolgen, könne die Situation verbessern:
"Man weiß, wenn Haterinnen, Hater und Trolle mit rechtlichen Konsequenzen konfrontiert werden, dann lassen sie es oft. Weil sie dann merken, das hat auch im 'Real Life' Konsequenzen."
(mw)
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