Komponist mit enormem Arbeitstempo
Gioachino Rossini gilt als einer der erfolgreichsten Komponisten der Musikgeschichte. Sein bekanntestes Werk, der "Barbiere di Sevilla", hatte bereits fünf Jahre nach seiner Uraufführung mehr als 1.000 Vorstellungen erlebt. Bis heute hat Rossinis oft temperamentvolle Musik nichts von ihrer Wirkung eingebüßt.
"Ich habe mich oft gefragt, wie ich es anstellen müsste, um das italienische Theater zu unterminieren und es mit seiner ganzen Rossinianer-Bevölkerung in die Luft zu sprengen."
Es klingt schon sehr nach Verzweiflung, was der französische Komponist Hector Berlioz in Anbetracht der theatralischen und musikalischen Dominanz seines italienischen Kollegen Gioachino Rossini hier zum Ausdruck bringt. Während bei Berlioz ein echter Terroranschlag Gott sei Dank reine Phantasie bleibt, ereignen sich akustische Explosionen in der Musik des Italieners oft tatsächlich.
Gioachino Rossini wird am 29. Februar 1792 in Pesaro, einem kleinen Städtchen an der italienischen Adria, geboren. Seine Mutter ist Sängerin, der Vater spielt Horn und Trompete. Doch wegen seines politischen Engagements für ein vereintes Italien wird der Vater zeitweise in Haft genommen, die Familie muss auch aus beruflichen Gründen häufiger umziehen und führt bald ein unstetes Wanderleben.
Dennoch erhält der einzige Sohn Gioachino früh Unterricht im Cembalospiel. Eine seiner ersten Kompositionen ist für ein Streicherensemble. Rossini erinnert sich:
"Das entstand, als ich noch ganz jung war und noch keinen Kompositionsunterricht hatte. Es wurde alles innerhalb von drei Tagen komponiert und in Stimmen ausgeschrieben und hundsmäßig aufgeführt ..."
Melodischer Einfallsreichtum
Schon hier zeigen sich zwei herausragende Eigenschaften Rossinis: melodischer Einfallsreichtum und ein enormes Arbeitstempo. Am Konservatorium von Bologna erhält er professionellen Unterricht in Klavier, Gesang und Cello, vor allem aber in Kontrapunkt und Komposition.
Als 14-Jähriger wird er in die dortige Akademie aufgenommen, er jobbt am Theater als Cembalist und trägt so früh zum Familieneinkommen bei.
"Meine Eltern liebte ich zärtlich, und die Sorge um sie beunruhigte mich, bis ich es einmal soweit gebracht, ihre Existenz zu sichern."
Nebenher komponiert er auf Anfrage kleine Arien und Duette und lernt damit automatisch das Handwerk der Oper. In wenigen Jahren entstehen zahlreiche Werke, die Rossinis Ruf bald verbreiten: "Die seidene Leiter", "Die Italienerin in Algier", "Moses in Ägypten".
Die erste Repertoire-Oper der Musikgeschichte
Seinen beruflichen Höhepunkt erreicht er im Alter von nur 24 Jahren mit einem Werk, das als die erste Repertoire-Oper der Musikgeschichte gilt. Der "Barbier von Sevilla" ist seit seiner Uraufführung weltweit konstant auf den Spielplänen der Opernhäuser zu finden.
Rossinis Arbeitspensum wird legendär, manche abendfüllende Oper scheint er in weniger als drei Wochen komponiert zu haben.
"Ich war immer im höchsten Grade abhängig von äußeren Einflüssen. Die verschiedenen Städte, in denen ich schrieb, regten mich verschiedenartig an; auch fügte ich mich dem verschiedenen Geschmacke, der in dem einen oder anderen Publikum vorwaltete."
Lebensabend und Rezepte "à la Rossini"
Eine Flexibilität, die mancher Kritiker als Opportunismus auslegt. So bezeichnet Richard Wagner, der sich selbst später vom bayerischen König finanzieren lassen wird, Rossini abschätzig als einen "Metternich der Musik".
Solche Kritik scheint an dem als sinnenfroh, gesellig und mitteilsam geltenden Maestro abzuprallen. Eine Unzahl von Anekdoten illustriert das heitere Gemüt des Italieners – doch unterschlägt man gerne die Schattenseiten seiner Existenz. Gesundheitliche, körperliche wie psychische Probleme machen ihm zu schaffen, es kommt zur Trennung von seiner ersten Frau, der Sängerin Isabella Colbran. Er leidet an Depressionen.
Noch nicht vierzig Jahre alt, gibt Rossini das Komponieren von Opern auf. Mittlerweile vermögend, beschränkt er sich auf gelegentliche Arbeiten, verfasst auch einige geistliche Werke.
Gioachino Rossini verbringt, nochmals verheiratet, die zweite Hälfte seines Lebens überwiegend in seiner Wahlheimat Paris. Man sagt ihm eine große Koch- und Essleidenschaft nach, was zu zahlreichen Rezepten "à la Rossini" führt. Bis zu seinem Tod am 13. November 1868 hält sich der nun weltbekannte Komponist in musikalischen Fragen zurück. Er betrachtet den Musikbetrieb aus der Ferne – meist mit wohlwollender Sympathie.