Glaubensfest mit Hindernissen

Von Kirsten Serup-Bilfeldt |
Der Eucharistische Kongress ist ein Herzensanliegen von Kardinal Meisner, der Ende des Jahres aus dem Amt scheiden wird. Die Großveranstaltung soll etwas von der Begeisterung vermitteln, die aus dem gemeinsam gefeierten Abendmahl entsteht. Doch der Kongress muss sich auch Kritik gefallen lassen.
Gemeinsam singen und beten, Menschen treffen, ein großes Fest des Glaubens feiern - das sollen die Gläubigen, wenn sie sich Anfang Juni in Köln unter dem gelb-roten Logo des Eucharistischen Kongresses zusammenfinden. Es ist gerade dieses Logo, das den Gastgeber, den Kölner Kardinal Joachim Meisner besonders anspricht, wie er jetzt im "domradio" verriet:

"Mir gefällt ganz besonders, dass der Dom in die große Hostie hineinragt und der Dom, die Domtürme, machen immer die Figur des "Victory". Und Paulus sagt: das ist der Sieg, der die Welt überwindet, unser Glaube [...] Wo wir die Eucharistie in der Mitte haben, das ist immer eine große Sache."

Ob der Kongress eine "große Sache" wird, bleibt abzuwarten. Mag sich doch der eine oder andere Kölner durchaus schon gefragt haben, ob bei den Vorbereitungen zu dieser Veranstaltung vielleicht der amerikanische Ingenieur Edward Murphy seine Hand im Spiel hatte. Denn das nach ihm benannte Gesetz, dass schiefgehen wird was schiefgehen kann, scheint sich in Köln vollauf zu bestätigen.

Mächtig schief ging bereits im letzten Dezember das Bemühen des Erzbistums, den Seelsorgern des Kongresses mit einer Arbeitshilfe unter die Arme zu greifen. Zentrales Thema dieses Papiers, verfasst von dem Frankfurter Jesuitenpater Dieter Böhler, war natürlich die Eucharistie. Allerdings enthielt der Text nun eine solche Fülle antijüdischer Klischees, dass er gestandene jüdische und katholische Dialogiker gleichermaßen erbleichen ließ.

Mit einiger Verwunderung konstatierte dann auch Professor Hans Hermann Henrix, Mitglied der "Unterkommission der Deutschen Bischofskonferenz für die Beziehungen zum Judentum", dass Böhler versäumt habe, die grundlegende Kontinuität der Eucharistie zu ihren jüdischen Wurzeln herauszuarbeiten:

"Die Eucharistie wurde von Anfang an aus der Tradition der Bibel Israels her verstanden, als ein Dankgebet - das ist die Übersetzung des Wortes Eucharistie und ein Lobopfer. So deutet etwa das Markusevangelium das Abendmahl: Jesus hat über das Brot das Lobgebet und über den Becher das Dankgebet gesprochen. Das geschah in der Tradition der jüdischen Berachah, der Benediktion, der Segens- und Dankformel. [...] Ein vertieftes Verständnis der Eucharistie nicht aus der Frontstellung gegenüber dem Judentum, sondern aus der Nähe der jungen Kirche zum Judentum und aus der Kontinuität der gottesdienstlichen Praxis der Kirche zum jüdischen Gebet zu verstehen, das ist eine lohnenswerte Herausforderung für die Einstimmung für den Eucharistischen Kongress in Köln. Und diese Chance hat leider diese Katechese nicht genutzt."

Die Wogen der Empörung über den Böhler-Text schlugen so hoch, dass das Erzbistum das umstrittene Papier schleunigst zurückzog. Die negativen Schlagzeilen indes blieben: Im Februar gab die Pressestelle des Erzbistums die Zahl der angemeldeten Kongressteilnehmer bereits mit 10.000 an. Dabei hatte man offenbar frohgemut schon die etwa 4.000 zur Teilnahme verpflichteten Kinder und Jugendlichen der erzbischöflichen Schulen eingerechnet. Die Zahl der Dauerteilnehmer lag zu diesem Zeitpunkt nämlich noch deutlich unter 1.000. Angesichts dieser deutlich unterschrittenen Planzahlen, so war zu vernehmen, herrsche bei den Organisatoren eine gewisse Ratlosigkeit.

Um es kurz zu machen: In Köln hält sich die Begeisterung für den Kongress in Grenzen. Hinter vorgehaltener Hand hört man denn auch die Vermutung, es gebe nur einen in der Domstadt, der diesen Kongress wolle: den Kardinal. Der gibt sich heiter, erhofft er sich doch:

"Eine wirkliche Erneuerung im Glauben und zwar dergestalt, dass wir wieder unserer Berufung froh werden, dass wir wissen, was wir glauben und an wen wir glauben. Paulus sagte mal: Ich bin Diener Eurer Freude - und das erbitte ich mir vom eucharistischen Kongress. Man muss also von Köln wieder wegfahren und sagen: Mensch, ist das ein Glück, dass wir katholisch sind."

Ob angesichts der zahlreichen kirchlichen "Baustellen" in der Domstadt dieses "Glück" von vielen Gläubigen geteilt wird, sei dahingestellt. Im März nämlich, mitten hinein in den österlichen Frieden, platzte eine Nachricht, die vielen Katholiken im Erzbistum die Zornesröte ins Gesicht trieb: Kardinal Meisner hatte den lange geplanten, "geistlichen Gesprächsprozess" abgesagt, mit dem sich das Erzbistum am bundesweiten Dialog der Bischöfe zum Thema "Missbrauchsskandal" beteiligen wollte. Als Grund wurde angegeben, der Eucharistische Kongress binde zu viele Kräfte.

Es hagelte Kritik von allen Seiten. Um den Kongress aber nun doch noch zum Glänzen zu bringen, lud der Kölner Erzbischof Papst Franziskus nach Köln ein. Aber der Papst sagte ab! Für ein generell untaugliches Objekt, um Anziehungskraft und Akzeptanz der Kirche zu stärken, hält der Kölner Historiker Rudolf Lill die Idee des Eucharistischen Kongresses:

"Eucharistische Kongresse waren Triumphinstrumente des Kirchentums des 19. Jahrhunderts, eben jenes sich abschließenden Kirchentums, welches in eucharistischen Kongressen Gott triumphal präsentierte und adorierte. Seitdem die ganzen liturgischen Bewegungen und das Zweite Vatikanische Konzil die Eucharistie in die Mitte der Gemeinden gestellt hat, dass der normale Mensch sie anfassen darf, was vielleicht auch wieder verboten wird - seitdem sind eucharistische Kongresse vollkommen überflüssig. Sie haben ja auch kaum noch stattgefunden. Es ist eine künstliche Wiederbelebung eines abgestandenen pastoralen Instruments."

Mit einer solchen Beurteilung ist Rudolf Lill nicht allein. Auch für andere Kritiker ist dieser Eucharistische Kongress lediglich ein unverbindliches Spektakel, das die schwelenden Konflikte und die drängenden Probleme, die sich seit vielen Jahren im Erzbistum Köln aufgestaut haben, zukleistert. So mag es nicht verwundern, dass, nach Auskunft des "Kölner Stadt-Anzeigers" die Priester in der Domstadt kürzlich eindringlich ermahnt wurden, den Kongress weder durch eigene Veranstaltungen wie etwa Gemeindefeste noch durch abschätzige Bemerkungen über "Meisners Abschiedsparty" zu torpedieren.
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